Neue Bündnisse
verlasse.« Die Natur war widerspenstig, ließ Ordnung vermissen. Aber in diesem Raum gab es nicht einmal Fenster, ebensowenig wie in den meisten Räumen, die sie benutzte. »Was wollt Ihr?« Die dunkelhaarige Frau glitt seitwärts an der Wand entlang. Das Schimmern der Einen Macht umgab sie noch immer. Graendal trat beiläufig beiseite, so daß sie beide aber noch im Blick hatte.
»Ihr macht einen Fehler, Graendal.« Cyndanes volle Lippen bewegten sich bei ihrem frostigen Lächeln kaum. Sie genoß es. »Ich habe gegenwärtig unter uns die Führung inne. Moghedien steht wegen ihrer kürzlichen Fehler bei Moridin in schlechtem Ruf.«
Moghedien schlang die Arme um sich und warf der silberhaarigen Frau einen finsteren Blick zu, was so gut wie jede mündliche Bestätigung war. Plötzlich öffneten sich Cyndanes große Augen noch weiter, und sie keuchte unter Schaudern.
Moghediens Blick wurde hämisch. »Ihr habt gegenwärtig die Führung inne«, höhnte sie. »Ihr steht in seinen Augen nicht viel höher als ich.« Und dann erschauderte sie und zitterte und biß sich auf die Lippen.
Graendal fragte sich, ob man mit ihr spielte. Der unverhüllte gegenseitige Haß auf den Gesichtern der beiden Frauen schien nicht vorgetäuscht. Wie dem auch sei - sie würde erleben, wie es ihnen gefiele, wenn man mit ihnen spielte. Sie rieb sich unbewußt die Hände, strich über das Angreal an ihrem Finger und trat zu einem Stuhl, ohne das Paar aus den Augen zu lassen. Es tröstete sie, die Süße Saidars in sich strömen zu spüren. Nicht daß sie Trost gebraucht hätte, aber hier stimmte etwas nicht. Die hohe, gerade Rückenlehne, reich geschnitzt und vergoldet, ließ den Stuhl an einen Thron erinnern, obwohl er sich nicht von den anderen Stühlen im Raum unterschied. Solche Dinge beeinflußten auch die Erfahrensten auf Ebenen, deren sie sich niemals bewußt wurden.
Sie lehnte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen zurück, ein Fuß wippte müßig - das Bild einer sich wohl fühlenden Frau -, und sie gab ihrer Stimme einen gelangweilten Unterton. »Da Ihr die Führung innehabt, Kind, sagt mir doch, wer ist dieser Mann, der sich der Tod nennt, wenn er in menschlicher Gestalt erscheint. Was ist er?«
»Moridin ist Nae'blis.« Die Stimme des Mädchens klang ruhig und kalt und überheblich. »Der Große Herr hat beschlossen, daß es an der Zeit ist, daß auch Ihr dem Nae'blis dient.«
Graendal richtete sich ruckartig auf. »Das ist lächerlich.« Sie konnte ihre Verärgerung nicht verbergen. »Ein Mann, von dem ich noch niemals auch nur gehört habe, wurde zum Regenten des Großen Herrn auf Erden ernannt?« Es kümmerte sie nicht, wenn andere sie zu manipulieren versuchten - sie fand stets eine Möglichkeit, solche Pläne gegen sie selbst zu kehren -, aber Moghedien mußte sie für eine Närrin halten! Sie hegte keinen Zweifel, daß dieses abscheuliche Mädchen an Moghediens Fäden hing, was auch immer sie behaupteten, welche Blicke auch immer sie sich zuwarfen. »Ich diene dem Großen Herrn und mir selbst, niemandem sonst! Ich denke, Ihr beide solltet jetzt gehen und Euer kleines Spiel woanders spielen. Demandred läßt sich möglicherweise davon zerstreuen. Oder vielleicht Semirhage? Seid beim Lenken der Macht vorsichtig, wenn Ihr geht. Ich habe einige schwebende Gewebe errichtet, und Ihr wollt doch keines auslösen.«
Das war eine Lüge, aber eine sehr glaubwürdige, so daß sie erschrak, als Moghedien plötzlich die Macht lenkte. Alle Lampen im Raum erloschen, und sie wurden in Dunkelheit getaucht. Graendal ließ sich sofort aus dem Stuhl fallen, damit sie nicht mehr dort wäre, wo die Frauen sie zuletzt gesehen hatten, und sie lenkte dabei ebenfalls die Macht, wob ein Gewebe aus Licht, das auf einer Seite des Raumes schwebte, eine Kugel aus reinem Weiß, die gespenstische Schatten in den Raum warf. Das Paar war jetzt deutlich zu sehen. Sie lenkte die Macht ohne Zögern, zog alle Kraft aus dem kleinen Ring. Sie brauchte nicht alle Kraft, oder nicht vollständig, aber sie wollte jeden Vorteil nutzen, der ihr zur Verfügung stand. Sie würden sie angreifen! Ein Netz aus Zwang schloß sich um die beiden Frauen, bevor sie sich regen konnten.
Sie hatte die Netze vor Zorn stark gewoben, fast ausreichend stark, daß sie schaden konnten, und die Frauen standen da und sahen sie bewundernd an, die Augen geweitet und den Mund zu einer Schmeichelei geöffnet, von Verehrung berauscht. Jetzt konnte sie ihnen Befehle erteilen. Wenn sie
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