Auf Montage: Harte Kerle - heißer Feierabend (German Edition)
"Hey, Seppel, schmeiß mal den Hammer!"
"Da, fang", rief ich zurück und warf meinem Kollegen schwungvoll das Ding entgegen. Er verfehlte ihn natürlich. Krachend landete das schwere Ding auf dem Holz.
"Chris, du brauchst echt ne Brille!", machte ich mich lustig.
"Ja sicher - eher was anderes ...", setzte er an, zeigte eine obszöne Geste, hob den Hammer auf und arbeitete weiter. Keine leichte Aufgabe bei über dreißig Grad unter sengender Sonne. Drei Wochen waren wir jetzt hier.
Es war ein Donnerstag, als unser Chef mit der Nachricht kam. Wir wurden auf Montage geschickt. Aber nicht irgendwo hin - nein. Es musste gleich nach Haiti sein! Unser Chef, sehr bedacht auf sein Ansehen, pflegte schon immer Kontakte zu Politik und sozialen Einrichtungen. Beim letzten Spendenball hat er dann den Vorschlag unterbreitet, seine Leute könnten doch den Aufbau der Krisenregion unterstützen. Er erntete allgemeine Zustimmung und so bekam die Firma den Auftrag.
Mit den Spendengeldern sollte ein Kinderdorf errichtet werden, die Teilnahme an der Montage sollte selbstverständlich freiwillig sein. Von den siebzig Mann, die im Bauunternehmen angestellt waren, gaben sich nur zwanzig interessiert. Die anderen fühlten sich entweder zu alt oder wollten sich nicht von ihren Familien trennen. Auch nicht für kurze Zeit.
So kam es schließlich, dass mit mir noch elf andere Männer die Einzelheiten klärten, sich auf den Bonus einigten und dann im Flieger saßen. Das Material war längst verschifft worden. Nun ging es darum, die Einzelteile auch zusammenzufügen. Die Ankunft in dem armen Land gestaltete sich hektisch und chaotisch. Der Bauleiter vor Ort, seines Zeichens Mitglied einer Hilfsorganisation, drängte uns zu Eile und Vorsicht. Er stellte sich uns vor, erwähnte jedoch nur seinen Vornamen. Martin. Mitte vierzig schien er zu sein.
Die Fahrt zum eigentlichen Ziel verlief schleppend, die Straßenverhältnisse erbärmlich bis miserabel. Ich traute mich kaum, die Landschaft näher in Augenschein zu nehmen. So viel Zerstörung war präsent, obwohl die Katastrophe inzwischen Monate her war. Ein Land, welches zuvor schon zu den Ärmsten der Welt gezählt hatte, schien seiner letzten Basis beraubt. Der Aufbau, der anfangs so angetrieben worden war, schien nur zögerlich vonstatten zu gehen. Die Medien hatten wohl längst das Interesse verloren, denn ich hatte kaum mehr Berichte gesehen. Umso schockierter war ich, wie es hier in Wirklichkeit aussah.
Die Unterkunft, die man uns zuteilte, schien sauber und vor allem bewacht. Der Standard konnte kaum mit einfachen Pensionen innerhalb Europas mithalten, genügte aber. Martin hatte mit einer absoluten Selbstverständlichkeit erklärt, dass es nur Zweibettzimmer gab, das Leitungswasser nicht zum Trinken geeignet war und der nächste Supermarkt eine halbe Stunde entfernt lag. Der jedoch wäre nicht sonderlich gut bestückt und man könne von Glück reden, wenn man täglich Trinkwasser vorfand.
Ich teilte ein Zimmer mit Chris. Wir waren ein eingespieltes Team - auf der Baustelle. Privat kannten wir uns kaum. Wir beide, so wie jeder andere, der mit hierher gekommen war, waren ledig. Ungebunden, ohne Ehefrau und Kinder, die eine solche zeitliche Trennung schmerzen würde.
In dieser Umgebung zu arbeiten war eine Umstellung, doch mittlerweile hatten wir uns an die Bedingungen gewöhnt. Die Häuser, die wir aufstellten, befanden sich außerhalb eines kleinen Dorfes, von dem nicht mehr viel übrig war. Die verbliebenen Gebäude wurden vornehmlich von alten Leuten bewohnt, die Jungen waren alle gegangen. Suchten Chancen und Zukunft in größeren Orten des Landes. Entsprechend ruhig war es hier.
Die Stille der Natur wurde vom Lärm unserer Arbeiten durchbrochen. Von dem Aggregat, das unseren Strom lieferte. Von Sägen, Hammerschlägen und Bohrmaschinen. Unsere Tage begannen zeitig, um der Hitze zu entgehen. Die wenig besiedelte Umgebung ließ es zu, dass wir mit dem ersten aufkommenden Tageslicht die Baustelle bevölkerten. Unser Fortschreiten wurde von Martin kontrolliert, der alle paar Tage bei uns vorbeikam. Wir kannten unsere Aufgaben, waren sicher und geschult. Schließlich stellten wir alle Nase lang komplette Häuser auf - Holzbauweise, meist mit einem Flachdach versehen. Was hier fehlte, war die dicke Isolierung, die in Deutschland zum unverzichtbaren Bestandteil gehörte und hier unsinnig war. Nur eine dünne Schicht steckte in den Wänden, um die Räume später kühl zu halten. Die Klimageräte,
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