Neue Bündnisse
Bryne maßregeln, aber sie mußte im Zaum gehalten werden, und dies schien die freundlichste Art, dies zu tun. Sie hätten den Silberkrug wirklich nicht auf dem Tisch stehenlassen sollen.
Siuan zuckte zwar nicht zusammen, aber ihrem verletzten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, den sie schnell wieder verbannte, hätte man niemals glauben mögen, daß sie die Kniehosen des Mannes wusch. Sie lenkte ohne ein Wort leicht die Macht, um den Wein erneut zu erhitzen, füllte dann rasch zwei saubere Becher und reichte Egwene den ersten. Den zweiten behielt sie selbst; sie sah Lord Bryne nur an, während sie daraus trank, und überließ es ihm, sich selbst einen Becher einzugießen.
Egwene wärmte sich ihre in Fäustlingen steckenden Hände an ihrem Becher. Sie war verärgert. Vielleicht war dies Teil von Siuans lange aufgeschobener Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Behüters. Sie wurde immer noch hin und wieder aus unersichtlichem Grund rührselig, obwohl sie es zu verbergen versuchte. Egwene verdrängte diese Angelegenheit aus ihren Gedanken. Heute nacht erschien sie wie ein Ameisenhaufen neben Bergen.
»Ich möchte eine Schlacht nach Möglichkeit vermeiden, Lord Bryne. Das Heer ist für Tar Valon gedacht, nicht dafür, hier einen Krieg zu bestreiten. Verabredet so bald wie möglich ein Treffen zwischen dem Amyrlin-Sitz, Lord Pelivar, Lady Arathelle und jedem anderen, von dem Ihr denkt, daß er dabeisein sollte. Aber nicht hier. Unser rasch errichtetes Lager wird sie nicht sonderlich beeindrucken. Denkt daran -so bald wie möglich. Ich hätte nichts gegen morgen, wenn das machbar ist.«
»So schnell kann ich es nicht schaffen, Mutter«, sagte er sanft. »Wenn ich Reiter ausschicke, sobald ich ins Lager zurückkehre, werden sie wohl nicht vor morgen abend mit einer Antwort zurück sein.«
»Dann solltet Ihr unverzüglich aufbrechen.« Licht, ihre Hände und Füße fühlten sich kalt an. Und ihre Magengrube ebenfalls. Aber ihre Stimme blieb ruhig. »Und ich möchte, daß Ihr dieses Treffen und die Existenz des Heeres so lange wie möglich vor dem Saal geheimhaltet.«
Damit bat sie ihn, ein ebenso großes Risiko auf sich zu nehmen, wie sie es tat. Gareth Bryne war einer der besten lebenden Befehlshaber, aber der Saal war erzürnt darüber, daß er das Heer nicht in ihrem Sinne führte. Die Sitzenden waren zu Beginn dankbar für seinen Namen gewesen, weil er half, Soldaten für ihren Zweck heranzuziehen. Inzwischen bestand das Heer aus über dreißigtausend bewaffneten Männern, und trotz der Schneefälle kamen noch weitere hinzu, folglich dachten sie, sie brauchten Lord Gareth Bryne vielleicht nicht mehr. Und dann gab es natürlich noch jene, die glaubten, sie hätten ihn niemals gebraucht. Sie würden ihn nicht einfach fortschicken. Wenn der Saal sich zu handeln entschlösse, könnte er sehr wohl wegen Verrat gehängt werden.
Er zuckte mit keiner Wimper, und er stellte keine Fragen. Vielleicht wußte er, daß sie keine Antworten geben würde. Oder vielleicht dachte er, er kenne sie. »Es herrscht nicht viel Verkehr zwischen Eurem und meinem Lager, aber zu viele Menschen wissen bereits von dem Geheimnis. Ich werde jedoch tun, was ich kann.«
So einfach war das. Der erste Schritt auf dem Weg, der sie zum Amyrlin-Sitz in Tar Valon führen oder sie fest in den Griff des Saals bringen würde, wobei für sie nichts anderes übrigbliebe als zu entscheiden, ob Romanda oder Lelaine ihr sagen würden, was sie zu tun habe. Solch ein lebenswichtiger Moment sollte von Fanfaren und Trompeten oder zumindest von Donner am Himmel begleitet sein. So war es in Geschichten stets.
Egwene ließ die Lichtkugel verlöschen, aber als Bryne sich zum Gehen wandte, ergriff sie seinen Arm. Es war, als ergreife man durch seine Jacke hindurch einen dicken Ast. »Eine Frage noch, Lord Bryne. Ihr wollt doch nicht vom Marsch erschöpfte Männer zu einer Belagerung Tar Valons führen? Wieviel Ruhe wolltet Ihr ihnen gönnen, bevor Ihr aufbrecht?«
Er hielt zum ersten Mal inne, und sie wünschte, das Licht würde noch brennen, damit sie sein Gesicht sehen könnte. Sie glaubte, daß er die Stirn in Falten legte. »Selbst wenn man die Leute außer acht läßt, die im Sold der Burg stehen«, begann er schließlich zögernd, »verbreitet sich die Nachricht von einem Heer rasend schnell. Elaida wird es bis zum Tag unserer Ankunft erfahren haben, und sie wird uns keine Stunde Zeit geben. Ihr wißt doch, daß sie die Burgwachen verstärkt hat? Angeblich auf
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