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Neue Bündnisse

Neue Bündnisse

Titel: Neue Bündnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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auf Armeslänge fernzuhalten«, sagte Siuan plötzlich. »Es stimmt, der Mann ist die wandelnde Trübsal. Wenn er nicht als Buße für meine Lügen zählt, würde es auch nicht genügen, mir die Haut abzuziehen. Eines Tages werde ich ihn jeden Morgen ohrfeigen und abends zweimal, nur aus Prinzip, aber Ihr könnt ihm alles sagen. Es wäre hilfreich, wenn er verstünde. Er vertraut Euch, und es bedrückt ihn, wenn er sich fragen muß, ob Ihr wißt, was Ihr tut. Er zeigt es nicht, aber ich merke es.«
    Plötzlich fügten sich für Egwene Bruchstücke zusammen wie bei einem Puzzle. Erschreckende Bruchstücke. Siuan liebte diesen Mann! Nichts anderes ergab einen Sinn. Alles, was sie über die beiden wußte, änderte sich, und das nicht unbedingt zum Besseren. Eine verliebte Frau schaltete ihren Verstand häufig aus, wenn sie in der Nähe des betreffenden Mannes war, und dessen war sie sich selbst auch nur zu bewußt. Wo war Gawyn? Ging es ihm gut? Genug davon. Zu viel, im Lichte dessen, was sie sagen mußte. Sie nahm ihren strengsten Amyrlin-Tonfall an. »Ihr könnt Lord Bryne ohrfeigen oder mit ihm schlafen, Siuan, aber Ihr werdet Euch in seiner Gegenwart in acht nehmen. Ihr werdet keine Dinge verlauten lassen, die er noch nicht wissen muß. Habt Ihr mich verstanden?«
    Siuan richtete sich starr auf. »Ich pflege nicht sinnlos zu plaudern, Mutter«, entgegnete sie zornig.
    »Ich bin sehr froh, das zu hören, Siuan.« Obwohl sie beide fast gleichaltrig aussahen, hätte Siuan ihre Mutter sein können, und doch fühlte sich Egwene in diesem Moment, als sei sie die ältere. Dies war vielleicht das erste Mal, daß Siuan mit einem Mann nicht wie eine Aes Sedai, sondern wie eine Frau umgehen mußte. Nur wenige Jahre des Glaubens, ich liebte Rand, dachte Egwene bedauernd, wenige Monate der Schwärmerei für Gavyn, und ich weiß alles, was es zu wissen gibt.
    »Ich glaube, wir sind hier fertig«, fuhr sie fort und nahm Siuans Arm. »Fast. Kommt mit.«
    Die Zeltwände hatten sie kaum geschützt, aber hinauszutreten ließ sie die Härte des Winters neuerlich spüren. Das vom Schnee widergespiegelte Mondlicht reichte fast zum Lesen aus, aber der Schimmer erschien kalt. Bryne war so vollständig verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Leane, deren Schlankheit unter mehreren Schichten Kleidung verborgen war, tauchte kurz auf, um zu berichten, daß sie niemanden gesehen hatte, und verschwand dann eilig wieder in der Nacht. Niemand wußte von einer Verbindung zwischen Leane und Egwene, und jedermann glaubte, Leane und Siuan befänden sich praktisch im Krieg.
    Egwene nahm ihren Umhang so fest zusammen, wie es ihr mit einer Hand möglich war, und konzentrierte sich darauf, die Kälte zu ignorieren, während sie und Siuan in die entgegengesetzte Richtung davongingen. Sie konnte die Kälte tatsächlich ignorieren und achtete aufmerksam auf jedermann, der sich draußen aufhalten mochte, was kein Zufall wäre.
    »Lord Bryne hatte recht damit«, sagte sie zu Siuan, »daß es besser wäre, wenn Pelivar und Arathelle diese Geschichten glaubten. Oder wenn sie diesbezüglich zumindest im Zweifel wären. Zu unsicher, um zu kämpfen oder etwas anderes zu tun als zu reden. Denkt Ihr, daß sie einen Besuch von Aes Sedai gutheißen würden? Siuan, hört Ihr mir zu?«
    Siuan zuckte zusammen und hörte auf, in die Ferne zu starren. Sie war bisher nicht ausgerutscht, aber jetzt geschah es, und sie gewann nur mühsam ihr Gleichgewicht wieder, bevor sie Egwene mit hinabgezogen hätte. »Ja, Mutter. Natürlich höre ich Euch zu. Sie würden es vielleicht nicht wirklich gutheißen, aber ich bezweifle, daß sie Schwestern abweisen würden.«
    »Dann möchte ich, daß Ihr Beonin, Anaiya und Myrelle weckt. Sie sollen noch in dieser Stunde nach Norden reiten. Wenn Lord Bryne bis morgen abend eine Antwort erwartet, bleibt nicht viel Zeit.« Schade, daß sie nicht herausgefunden hatte, wo genau dieses andere Heer lag, aber Bryne zu fragen hätte Mißtrauen erwecken können. Es sollte für Behüter nicht zu schwer sein, das Lager zu finden, und jene drei Schwestern besaßen fünf Behüter.
    Siuan hörte ihren Anweisungen schweigend zu. Nicht nur jene drei sollten aus dem Schlaf gerissen werden. Bis zur Dämmerung würden Sheriam und Carlinya, Morvrin und Nisao ebenfalls wissen, worüber sie beim Frühstück sprechen sollten. Eine Saat mußte gesät werden, eine Saat, die nicht früher hatte ausgestreut werden können, damit sie nicht zu bald sproß, obwohl sie

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