Neue Bündnisse
unbestreitbar war, daß der junge Mann selbst einen Kesselflicker hätte übertrumpfen können.
In dem Pavillon waren Teppiche ausgelegt und Kohlepfannen entzündet worden, obwohl der Wind Hitze und Rauch gleichermaßen davontrug. Jeweils acht Stühle waren in zwei einander gegenüberliegenden Reihen angeordnet worden. Sie hatten nicht so viele Schwestern erwartet. Einige der wartenden Adligen wechselten bestürzte Blicke, und manche ihrer Diener kneteten die Hände und fragten sich, was zu tun sei.
Die Stühle paßten alle nicht zusammen, waren aber in der Größe gleich; keiner war merklich zerschlissener oder beschädigter als ein anderer, und keiner wies mehr oder weniger vergoldete Schnitzereien als die anderen auf. Der schlanke junge Mann und eine Anzahl anderer trotteten hinein, trugen die für die Aes Sedai bestimmten Stühle unter den finsteren Blicken der Adligen, die nicht einmal gefragt wurden, in den Schnee hinaus und eilten dann davon, um beim Abladen der Packpferde zu helfen. Noch immer sprach niemand ein Wort.
Es wurden rasch für den ganzen Saal und Egwene ausreichende Sitzgelegenheiten geschaffen. Nur einfache Bänke, wenn auch glänzend poliert, aber eine jede stand auf einem kleinen, mit Tüchern in den Farben der Ajah der Sitzenden bedeckten Podest. Das vordere Podest für Egwenes Bank war wie ihre Stola gestreift. Es hatte in der Nacht hastige Geschäftigkeit gegeben, angefangen vom Suchen des Bienenwachses zur Politur bis zu edlem Stoff in den richtigen Farben.
Als Egwene und die Sitzenden ihre Plätze eingenommen hatten, saßen sie einen Fuß höher als alle anderen. Sie hatte ihre Zweifel gehabt, aber das Fehlen jeglicher Begrüßung hatte alle Ungewißheit ausgeräumt. Auch noch der am niedrigsten gestellte Bauer hatte einem Vagabunden am Abramsfest einen Becher und einen Kuß dargeboten. Doch sie waren weder Bittsteller noch Gleichgestellte. Sie waren Aes Sedai.
Die Behüter standen hinter ihren Aes Sedai, und Siuan und Sheriam flankierten Egwene. Die Schwestern schlugen betont ihre Umhänge zurück und zogen ihre Handschuhe aus, um zu unterstreichen, daß die Kälte sie nicht berührte, ganz im Gegensatz zu den Adligen, die ihre Umhänge fest geschlossen hielten. Draußen wehte die Flamme von Tar Valon im eisigen Wind. Nur Halima, die neben Delanas Platz am Rand des mit grauem Tuch bedeckten Podests herumlungerte, hätte das großartige Bild beeinträchtigen können, aber ihre großen grünen Augen betrachteten die Andoraner und Murandianer so herausfordernd, daß sie es nicht zu sehr verdarb.
Es gab einige verwunderte Blicke, als Egwene den vorderen Platz einnahm, aber nur wenige. Niemand schien wirklich überrascht. Sie haben vermutlich von dem Mädchen als Amyrlin gehört, dachte sie ohne Bitterkeit. Nun, es hatte schon Königinnen gegeben, die jünger waren als sie, auch in Andor und Murandy. Sie nickte bedächtig, und Sheriam deutete auf die Stuhlreihe. Gleichgültig, wer zuerst eingetroffen war oder den Pavillon errichtet hatte, bestand doch kein Zweifel daran, wer dieses Treffen einberufen hatte und den Vorsitz führte.
Dies wurde jedoch nicht gut aufgenommen. Ein Moment schweigsamen Zögerns entstand, während die Adligen einen Weg zu ersinnen suchten, eine gleichermaßen sichere Position zu erlangen, und nicht wenige verzogen das Gesicht, als sie erkannten, daß es ihnen unmöglich war. Acht von ihnen setzten sich mit grimmigen Gesichtern hin, vier Männer und vier Frauen, wobei sie ein großes Aufhebens davon machten, verärgert ihre Umhänge zu richten oder ihre Röcke zu glätten. Jene von niedrigerem Rang blieben hinter den Stühlen stehen, und es bestand eindeutig nur noch wenig Zuneigung zwischen Andoranern und Murandianern. Auch stritten die Murandianer, Männer wie Frauen gleichermaßen, untereinander ebenso heftig um den Vorrang wie mit ihren ›Verbündeten‹ aus dem Norden. Den Aes Sedai wurden ebenfalls viele düstere Blicke zugedacht, und einige wenige sahen auch Bryne stirnrunzelnd an, der mit dem Helm unter dem Arm im Hintergrund stand. Er war auf beiden Seiten der Grenze wohlbekannt und selbst von den meisten jener geachtet, die ihn gern tot gesehen hätten. Zumindest war das der Fall gewesen, bevor er als Anführer des Heers der Aes Sedai auftauchte. Aber er ignorierte ihre stechenden Blicke ebenso, wie er die scharfen Zungen der Sitzenden ignoriert hatte.
Und noch ein Mann blieb für sich. Er wirkte farblos, in dunkler Jacke und Brustharnisch. Weniger
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