Neue Schuhe zum Dessert
einfach »Wishy«.
»Ich brauche einen Spitznamen«, sagte er zu seinen Eltern. »Einen, den die andern sagen können.«
Mr Cooper (Aonghas) warf Mrs Cooper (Mary) einen Blick zu. Er war von Anfang an dagegen gewesen, den Jungen »Aloysius« zu nennen. Er wusste, wie das war, mit einem unaussprechbaren Namen geschlagen zu sein, aber seine religiöse Frau hatte darauf bestanden. Aloysius war ein spitzenmäßiger Heiliger – mit neun Jahren hatte er ein Keuschheitsgelübde abgelegt und mit dreiundzwanzig war er gestorben, als er sich bei der Pflege Pestkranker selbst infizierte –, und es war eine Ehre, nach ihm benannt zu sein.
»Gut, such dir einen aus. Was immer du möchtest, Sohn«, sagte Mr Cooper großherzig.
»Der Name, den ich mir aussuche, isssst … Cody!«
Schweigen. »Cody?«
»Cody.«
»Cody ist aber ein sonderbarer Name, Sohn. Fällt dir kein anderer ein? Paddy ist doch hübsch. Oder Butch, vielleicht.«
Cody alias Aloysius schüttelte hochmütig sein fünfjähriges Haupt. »Du kannst mich auspeitschen, wenn du willst, aber ich heiße jetzt Cody.«
»Auspeitschen?«, sagte Mr Cooper entgeistert. Er wandte sich Mrs Cooper zu. »Welche Geschichten hast du dem Jungen vorgelesen?«
Mrs Cooper wurde rot. Das Leben der Heiligen war gute und pädagogisch wertvolle Lektüre. Was konnte sie dafür, dass die Heiligen alle in brodelndem Öl, von Pfeilen durchbohrt oder gesteinigt endeten?
Cody ist der einzige Mensch in meiner Bekanntschaft, der gedacht hat, er habe eine Berufung. Er verbrachte zwei Jahre in einem Priesterseminar und befasste sich mit den Grundlagen des Priesteramts (insbesondere wie man Menschen auspeitscht), bevor er, wie er sagt, »Vernunft annahm und erkannte, dass ich nicht heilig, sondern schwul bin«.
»Also gut, Gemma«, sagte Cody zu mir, »du musst jetzt tapfer sein.«
»O nein«, sagte ich, denn wenn Cody damit anfängt, dass man tapfer sein muss, heißt das, dass er schreckliche Neuigkeiten für einen hat.
Cody ist ein komischer Typ. Er ist sehr ehrlich, fast übertrieben ehrlich. Man fragt ihn zum Beispiel: »Jetzt sag mir ehrlich, und bitte sei wirklich ehrlich, ich ertrage es schon, sag mir, ob man meine Zellulitis durch dieses Kleid sieht?« Es liegt auf der Hand, dass niemand diese Frage stellt, wenn er denkt, die Antwort lautet ja. Man stellt die Frage nur, weil man sich sicher ist, dass die Antwort nach einem Monat der täglichen Körpermassage, nach der dreimal täglichen Anwendung von einem französischen »anti-minceur«-Zeug, sowie aufgrund der Wirkung einer Antizellulitisstrumpfhose und eines extrafestigenden Lycrarocks, ein eindeutiges NEIN ist.
Aber Cody wäre der einzige Mensch, der einem sagt, dass man noch einen Anflug von Orangenhaut sehen kann. Ich glaube nicht, dass er es aus Grausamkeit macht; ich glaube, er will seine engsten und besten Freunde davor bewahren, sich lächerlich zu machen. Fast ist es so, als missbilligte er die Hoffnung und glaubte, wenn wir in unserer Einschätzung zu optimistisch wären, würden wir uns ausliefern und den anderen den Vorteil überlassen.
»Es hat mit Lily zu tun«, sagte er.
»Lily Wright«, ergänzte er, als ich nichts sagte. »Ihr Buch. Es ist veröffentlicht. Es heißt Mimis Medizin . Die Irish Times bringt am Samstag eine Besprechung.«
»Woher weißt du das?«
»Hab gestern jemanden getroffen.« Cody kennt alle möglichen Leute. Journalisten, Politiker, Nachtclubbesitzer. Er arbeitet im Außenministerium und führt so eine Art Clark-Kent-Leben: Am Tage ist er ernst, ehrgeizig und hetero, bis Dienstschluss; dann holt er seine Jacke mit den Druckknöpfen raus und tänzelt durch die Stadt, was das Zeug hält. Er ist in vielen Bereichen zu Hause und hat zu Informationen jeder Art Zugang.
»Ist es eine gute Besprechung?« Meine Lippen formten die Wörter nur sehr schwerfällig.
»Ich glaube schon.«
Ich hatte vor langer Zeit gehört, dass sie von einem Verlag unter Vertrag genommen worden war, und war fassungslos gewesen angesichts dieser Ungerechtigkeit. Ich war diejenige, die ein Buch schreiben wollte; ich hatte oft genug davon gesprochen. Was machte es schon, dass meine Schriftstellerkarriere bisher darin bestand, dass ich anderer Leute Bücher las, sie empört an die Wand warf und erklärte: »So ein Dreck! Ich könnte im Schlaf Besseres produzieren.«
Eine Weile lang ging ich jedes Mal, wenn ich an einer Buchhandlung vorbeikam, hinein und hielt Ausschau nach Lilys Buch, aber da ich es nicht
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