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TTB 107: Gefängnis im All

TTB 107: Gefängnis im All

Titel: TTB 107: Gefängnis im All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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    Als Warren zusammen mit den übrigen Überlebenden des irrtümlicherweise »Victorious« benannten Raumschiffes gefangengenommen wurde, hatte er gemeint zu wissen, was ihn erwartete – da ihm bekannt war, wie feindliche Gefangene auf der eigenen Seite behandelt wurden.
    Zusammen mit den anderen Offizieren war er zunächst auf einen schweren Kreuzer überführt und in einen der Vorratsräume gesperrt worden, in den der Feind eine erdähnliche Atmosphäre gepumpt hatte. In regelmäßigen Abständen erhielten sie merkwürdige Substanzen – das, was sich die Insektenwesen unter menschlicher Nahrung vorstellten.
    Die Luft mußten sie wohl oder übel einatmen, aber das Essen konnten sie erst zu sich nehmen, als sie schon halbverhungert waren. Dann wurden sie von einem der Versorgungsschiffe übernommen, die aus dem Kampfgebiet zurückkehrten, und schließlich trieb man sie an Bord eines riesigen Raumschiffes, das in ständiger Bahn einen Planeten umkreiste. Nach wenigen Stunden mußten sie von neuem umsteigen, diesmal auf ein Schiff, das offensichtlich eine Fähre war, und nun setzten sie zur Landung an.
    Als sie sich dem Planeten näherten, konnte Warren sehen, daß die Oberfläche grün und bewaldet war und daß die Nachtseite keinerlei künstliche Beleuchtung aufwies – zwei Tatsachen, die ihn in Anbetracht der Vorliebe des Feindes für Wüstenwelten und harte, blau-weiße Sonneneinstrahlung sehr überraschten.
    Er wunderte sich noch immer darüber, als das Fährschiff auf einer Lichtung landete und sie sich zum Ausstieg begeben mußten. Sie stiegen eine Leiter hinunter, die nicht für menschliche Füße gemacht worden war, und standen dann auf Grasboden, der noch vom Düsenfeuer schwelte. Niemand folgte ihnen aus dem Schiff, und sie schienen auch sonst nicht unter Bewachung zu stehen, was Warren noch mehr überraschte.
    Er dachte jedoch nicht weiter darüber nach, denn im Augenblick überwog die Freude, frische, reine Luft einzuatmen, die sich lediglich mit dem nicht unangenehmen Geruch versengten Grases mischte, alles andere. Vom Raumschiff über ihm ertönte plötzlich ein tiefer Summton. Die Leiter wurde eingezogen, und die Ausstiegsluke schloß sich.
    »Lauft!« rief jemand mit rauher Stimme.
    Sekunden später hob sich das Schiff mit donnerndem Getöse und glühendheißem Feuerschweif in die Luft. Nur ihre rasche Reaktion rettete die Gefangenen vor dem Feuertod. Aber obgleich der schwindende Donner über ihnen bedeutete, daß sie in Sicherheit waren, rannten sie weiter, bis sie die Bäume erreichten.
    Noch bevor sie wieder zu Atem gekommen waren, begannen alle zugleich zu reden, und manches, was gesagt wurde, war alles andere als damenhaft, obgleich es eine der anwesenden Damen ausgesprochen hatte.
    Warren blickte auf die tragisch kleine Gruppe, welche die Zerstörung eines der mächtigsten Raumschiffe, die je gebaut wurden, überlebt hatte – sechsundzwanzig Offiziere in grünen Kampfuniformen bar jeglicher Orden. Diese Anonymität war ursprünglich eine List gewesen, ersonnen zu dem Zweck, den Feind bezüglich der relativen Wichtigkeit von Kriegsgefangenen zu täuschen, inzwischen aber einfach Tradition geworden. Geradeso, wie es Tradition war, daß die weibliche Hälfte einer Schiffsehe ihren eigenen Namen beibehielt, um Verwechslungen zu vermeiden, die sich ergeben würden, wenn zwei Offiziere gleichen Namens an Bord waren. Schweigend hörte Warren zu, wie seine Gefährten einige der Gedanken aussprachen, die auch durch seinen Kopf gingen.
    »... diese lausigen Bugs ...!«
    »Dies ist doch kein Gefangenenlager! Sie haben uns einfach hier ausgesetzt, ohne Nahrung ... ohne alles ...!«
    »Sie haben versucht, uns mit den Düsenflammen umzubringen!«
    »Das glaube ich kaum«, sagte eine ruhigere Stimme. »Die Bugs sind niemals absichtlich grausam gewesen. Sie müssen ihre Gründe dafür gehabt haben ...«
    »Vielleicht ist der Grund hierfür, daß sie uns nach sechzig Jahren Krieg nicht mehr mögen?« warf eine andere Stimme ein.
    »Sehr witzig. Aber ich würde sagen ...«
    »Warum sie uns hier ausgesetzt haben, ist im Augenblick nicht so wichtig«, sagte die ruhige, überlegen klingende Stimme von Major Fielding. »Zunächst gilt es, unser Überleben zu sichern ...«
    Ruth Fielding war ein zierliches dunkelhaariges Mädchen, das an Bord der Victorious Arzt und Psychologe gewesen war. Ruth war ein Mensch, der wegen einer Geringfügigkeit aufbrausen konnte, andererseits jedoch völlig gelassen und

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