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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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hervorragend.

    Leider dauerte das Vergnügen nur kurze Zeit, dann kreischten die Bremsen. Kasperl und Seppel rumpelten gegen die Rückwand des Fahrersitzes.
    »Aussteigen, wir sind da!«
    Aufatmend stellten sie fest, daß im Wohnzimmer Licht brannte. Um so größer der Schreck, als Großmutter nirgends im ganzen Häuschen zu finden war.
    Herr Dimpfelmoser legte die Stirn in Falten.
    »Weg ist sie«, brummte er. »Weg wie das Fahrrad und meine Uniform.«
    Kasperl bekam einen Heidenschreck.
    »Glauben Sie etwa, daß Hotzenplotz sie geraubt hat?«
    »Geraubt?« meinte Oberwachtmeister Dimpfelmoser. »Großmütter raubt man nicht, Großmütter werden entführt.«
    Er streckte das Kinn vor und rasselte mit dem Säbel.
    »Wir müssen sofort mit der Fahndung beginnen!«
    »Mit was?«
    »Mit der Fahndung! Das heißt, daß wir alles tun müssen, um den Schurken zu fangen und Großmutter zu befreien. Immerhin sind wir ja motorisiert. Alles aufsitzen, es geht los!«
    Mit dem Feuerwehrauto fuhren sie kreuz und quer durch den ganzen Landkreis. Sie fuhren nach Norden und Süden, nach Westen und Osten, auf Hauptstraßen, Nebenstraßen und Feldwegen. Aber vom Räuber Hotzenplotz und von Großmutter fehlte jede Spur.
    Gegen halb zwei in der Nacht – sie befanden sich unglückseligerweise gerade mitten im Wald – war der Sprit zu Ende. Der Motor begann zu stottern, dann setzte er aus, und der Wagen stand.
    »Auch das noch!« schimpfte Herr Dimpfelmoser. »Heute bleibt uns auch wirklich nichts erspart!«
    Sie mußten das Feuerwehrauto im Walde stehenlassen und kehrten zu Fuß in die Stadt zurück.
    Kurz nach drei fielen Kasperl und Seppel erschöpft ins Bett. Sie waren so hundemüde, daß sie es nicht mehr fertigbrachten, sich auszuziehen. Sie schliefen in allen Kleidern, in Jacke und Hose, in Strümpfen und Schuhen, mit Kasperlmütze und Seppelhut.

Fünfhundert fünfundfünfzig Mark fünfundfünfzig

    Am anderen Morgen um elf, während Kasperl und Seppel noch wie erschlagen schliefen, suchte Herr Oberwachtmeister Dimpfelmoser Herrn Rübesamen in dessen Büro auf und berichtete ihm, was sich letzte Nacht mit dem Spritzenhaus und dem Feuerwehrauto ereignet hatte.
    »Ich hoffe, Sie werden mir das nicht übelnehmen, mein Lieber – nach Lage der Dinge hatte ich keine andere Wahl. Für den bei der Fahndung verbrauchten Treibstoff kommt selbstverständlich die Polizei auf; und was die Rückwand des Spritzenhauses betrifft, so könnte man ja für ihren Wiederaufbau eine öffentliche Sammlung veranstalten: etwa beim nächsten Feuerwehrball.«
    Herr Rübesamen war mit allem einverstanden und versprach, dafür zu sorgen, daß das Feuerwehrauto von einigen seiner Leute in die Stadt zurückgebracht wurde.
    »Nur schade«, sagte er, »daß Sie den Räuber Hotzenplotz nicht erwischt haben!«
    »Tut nichts«, meinte Herr Dimpfelmoser. »Der geht uns auf gar keinen Fall durch die Lappen, den kriegen wir schon. Die Fahndung muß nur erst richtig ins Rollen kommen, verstehen Sie . . .«
    Er verabschiedete sich von Herrn Rübesamen, machte anschließend einen kleinen Rundgang durchs Städtchen, um nachzusehen, ob überall Ruhe und Ordnung herrschte, und nachdem er sich davon überzeugt hatte, kehrte er gegen mittag zu Kasperl und Seppel zurück. Die beiden hatten noch nicht gefrühstückt und waren in höchster Aufregung.
    »Was ist los mit euch?« fragte er.
    Kasperl und Seppel redeten beide gleichzeitig auf ihn ein, sehr schnell und sehr lautstark. Herr Dimpfelmoser wurde nicht schlau daraus. Wenn sie chinesisch mit ihm geredet hätten, wäre es ungefähr auf dasselbe hinausgelaufen.
    »Aufhören!« rief er. »Aufhören, man versteht ja kein Wort!«
    Als alles Rufen nichts half, steckte er seine Polizeitrillerpfeife in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus, der Kasperl und Seppel sofort verstummen ließ.
    »Rrrruhe, zum Donnerwetter! Wenn ihr mir was zu berichten habt, dann tut das gefälligst einzeln und hübsch der Reihe nach! – Also bitte!«
    Kasperl und Seppel hatten wahrhaftig alle Veranlassung, aus dem Häuschen zu sein. Vor ungefähr einer Viertelstunde hatte sie ein Postbote aus dem Bett geklingelt und ihnen einen Eilbrief überbracht.
    »Einen Eilbrief?« fragte Herr Dimpfelmoser. »Von wem?«
    »Sie werden es nicht für möglich halten – von Hotzenplotz!«
    Kasperl gab ihm den Brief zu lesen. Er war auf die Rückseite eines alten Kalenderblattes geschrieben, mit roter Tinte, in großen, klotzigen Buchstaben:

    AN KaSCHPeRL

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