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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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konnte, und das war Sam.
    Die zwei anderen «Behnkinder», Lafcadio und Zoe, hatten mir Kopien ihres Teils von Pandoras Erbe zukommen lassen. Sie hatten sie Bambi anvertraut, die sie mir mitbrachte, als sie kam, um mich vor Wolfgang zu warnen. Nachdem nun auch diese Teile in meinem Besitz waren, fühlte ich mich gewappnet, meinen Angriff zu starten.

    Dark Bear hatte sich einen genialen Plan ausgedacht, damit Sam und ich uns nicht in irgendwelchen Schuppen oder Berghütten verkriechen mußten, um unser Vorhaben auszuführen. Mit den Vorbereitungen dafür hatte er schon vor Wochen begonnen, sobald Sam mit den Ergebnissen seiner Nachforschungen über d ie Familie aus Salt Lake City zurückgekommen war. Es war alles da, was wir brauchten, um mindestens ein halbes Jahr «upcountry» zu leben, wo wir die Chance hatten, unser Projekt unter größtmöglicher Geheimhaltung zu beginnen und zu beenden.
    Dark Bear hatte vier kräftige Packpferde bereitgestellt, einen ordentlichen Vorrat an getrockneten Nahrungsmitteln und Heilkräutern, ein Tipi und reichlich wasserdichte und wärmende Kleidung, zwei Laptops mit Reservebatterien sowie die beste Software, die auf dem Markt zu haben war, in mehreren alten und neuen Sprachen als Hilfsmittel für unsere Übersetzungsarbeit. Und er hatte uns ein reizendes Grundstück mit einem munter fließenden Bach besorgt, das nur einen Tagesritt vom Pend’Oreille Lake und der Kootenai-Wildnis entfernt in der Idaho-Panhandle dicht an der Grenze zu British Columbia lag und deshalb auch in einem Bereich, wo wir notfalls mit einer Trommel zahlreiche Indianerstämme erreichen würden. Die einzige Stadt im Umkreis von vierzig Kilometern war ein kleiner Ort mit 800 Einwohnern und dem in dieser Gegend verblüffenden Namen Troy (Troja).
    Mein dunkler, grünäugiger Retter Jason begleitete uns in die Wildnis, wenn auch zunächst etwas mißmutig, bis er unser fließendes Privatgewässer zu sehen bekam. Jedes Wochenende schickte Dark Bear einen namenlosen Kurier auf einem gefleckten Appaloosa zu uns, der Lebensmittel brachte und das, was wir in der einen Woche an Dokumenten entziffert und übersetzt hatten, abholte und an einen unbekannten Ort brachte – oder zumindest an einen, den nur Dark Bear kannte.
    Ich hatte vergessen, wie es sich in der freien Natur lebte, wo Wasser, Essen und Luft direkt von der Erde kommen – unbehandelt und durch nichts verschmutzt. Es war ein wunderbares Erlebnis von dem Augenblick an, als wir unser Tipi aufgestellt und eingeräumt hatten. Sam und ich säten Gemüse, das in der kurzen Wachstumssaison hier oben gedeihen konnte, und wir mußten auch jeden Tag angeln oder sonst etwas Eßbares auftreiben; trotzdem konnten wir den größten Teil unserer Zeit mit Übersetzen verbringen. Und je mehr wir übersetzten, um so faszinierender wurde unsere Arbeit.
    Hier kamen Geschichten und Geheimnisse zum Vorschein, die sich wie mit flüsternder Stimme aus der tiefen Stille einer unbekannten und bis jetzt beispiellosen V ergangenheit artikulierten. Langsam begann diese Vergangenheit aus dem verschleiernden Nebel einer Rauchmaschine herauszutreten, die, wie ich bald herausfand, seit Jahrtausenden von Historikern und Biographen in Gang gehalten worden war.
    «Etwas ist mir aufgefallen», sagte ich eines Abends am Feuer zu Sam, nachdem wir ungefähr einen Monat an den Dokumenten gearbeitet hatten. «In diesen Geschichten kommt es selten vor, daß eine echt höher entwickelte Gesellschaft eine, die auf einer unteren Stufe steht, überfällt und unterwirft. Viel häufiger ist es umgekehrt, ob du nun die wissenschaftlichen oder die künstlerischen Fähigkeiten der einzelnen Kulturen vergleichst. Im Grunde ist Geschichte ein Bericht von den erstaunlichen Heldentaten der Eroberer. Aber ihre ‹Überlegenheit› beruht häufig auf der Tatsache, daß es ihnen gelang, andere zu unterwerfen und zu versklaven.»
    «Du hast es erfaßt», sagte Sam. «Zu schade, daß du keine Indianerin bist, dann hättest du es schon von Geburt an gewußt.»
    Es war das einzige Mal, daß Sam auf eine Vergangenheit anspielte, deren Bitterkeit ich als Weiße wahrscheinlich nie so empfinden konnte wie er.
    «Aber du hast Wolfgang das Leben gerettet», sagte ich. «Inzwischen weißt du von Bambi, daß er dich gehaßt hat und daß er die Bombe gelegt hat, die für dich bestimmt war. Wenn du das schon früher gewußt hättest – hättest du dann trotzdem versucht, ihn zu retten?»
    «Hältst du mich für so altruistisch,

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