1610 03 - Soehne der Zeit
Auszug aus einem Bericht des Samurai Tanaka Saburo an den Shogun Tokugawa Hidetada
[Anmerkung des Übersetzers: Dieser Bericht des Samurai Tanaka Saburo ist an Tokugawa Hidetada adressiert, den japanischen Shogun im Jahre 1610. Hidetada war der Sohn des kurz zuvor abgetretenen Shoguns Tokugawa Ieyasu, der zu dieser Zeit in Sanpo lebte.
Wieder steht uns kein japanisches Original zur Verfügung; allerdings handelt es sich bei dem vorliegenden Text um eine vermutlich akkurate Kopie ins frühe Neufranzösisch. Das Dokument lag bei Rocheforts Memoiren, doch die Handschrift ist nicht seine.
Ein paar Zeilen sind vom Feuer zu stark beschädigt worden, als dass man sie noch lesen könnte. Dort wo der Zusammenhang eine Rekonstruktion ermöglichte, habe ich die betreffenden Passagen fett markiert.]
Seid gegrüßt, großer Herr. Dieser Kode ist einer, von dem ein einfacher Hauptmann der Ashigaru weiß, dass mein Herr Hidetada ihn vertraut finden wird. Er stammt aus jenen vergangenen Tagen, da ich als Bote vertraulicher Nachrichten zwischen Eurem Vater Ieyasu und meinem verstorbenen Herrn Kobayakawa Hideaki hin- und hergereist bin. Kein lebender Mensch kennt ihn außer uns dreien.
Deshalb wage ich es auch, offen zu schreiben, und schicke Euch diesen Brief, mein Herr, welchen ich hier in diesem Hafen, Lo-na-da, kopiere und von so vielen Kapitänen wie möglich nach Nihon bringen lasse.
[…] mein Herr, von Anfang an war für mich offensichtlich, dass die kami dieser westlichen Höhlen groß sind – sowohl in Wookey als auch in der größeren Kluft im Norden. Wären diese gaijin zivilisiert, sie würden ein Seil um diese beiden Orte spannen und sie zu Schreinen machen.
Für einen armen Samurai sieht es bisweilen so aus, als ob hier und da ein Mann oder eine Frau dieser gaijin tatsächlich zivilisiert ist. Die yamabushi Kata-rii-na war offensichtlich die richtige Priesterin für die Höhlen. Doch als ich nachfragte, informierte mich Roshfu, dass man sie nicht als richtige Priesterin betrachte, jedenfalls nicht die Angehörigen ihrer eigenen Religion. Das ist seltsam, denn mit ihren Qualitäten wäre sie in unserem Land hochgeehrt.
[Hier fehlen einige Zeilen im Text. Eine Passage könnte man jedoch wie folgt lesen: ›… durch ihre Zahlenkunst die Zukunft wahrhaft vorauszusagen‹]
[…] eine Frage von giri. Es gefällt mir nicht, Roshfu-san zu hintergehen, zumal ich ihm mein Leben schulde; aber wie es meine Pflicht ist, habe ich dieser Kata-rii-na Fragen unter vier Augen gestellt, ohne dass er etwas davon gewusst hat. Damit ich jedoch nicht unehrenhaft lügen musste, habe ich den beiden gaijin Roshfu und Dari-oru erzählt, dass meine Fragen dem Schicksal Eures Vaters Ieyasu gegolten haben, dem großen Vater unseres Landes.
Das entsprach zumindest teilweise der Wahrheit und war etwas, was ich den beiden ohne Vorbehalte erzählen konnte. Sie haben keinerlei Kenntnis von der Politik unserer Heimat und sind voll und ganz mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Besonders Roshfu-san kümmert kein Land außer diesem ›Franz‹, an dessen Küste mein Schiff gestrandet ist. Die Samurai-Tochter Dari-oru ist im Herzen ein ronin ; ihr Leben gehört dem Schwert.
Was den wahren Teil meiner Entschuldigung betrifft … Mein Herr Hidetada, Ihr seid bemüht, Fürst Ieyasus Leben zu bewahren, wie es alle Söhne in frommer Zuneigung zu den Vätern tun, und dieser demütige Samurai hat die große Ehre, Euch eine Gelegenheit dazu zu geben.
Laut den Berechnungen der yamabushi Kata-rii-na wird sich Fürst Hideyori, der Erbe von Toyotomi Hideyoshi, in vier Jahren gegen die Tokugawa erheben.
Zwei Jahre später wird die große Burg von Osaka belagert werden. Das ist nichts, was man vermeiden könnte. Aber, mein Herr, Ihr müsst Sorge dafür tragen, dass Euer verehrter Vater sich während des Sommerfeldzugs nicht in den Belagerungsgräben aufhält. Dort hält das Schicksal eine teppo- Kugel und damit den Tod für ihn bereit. Ihr könnt ihm helfen, das zu vermeiden, und ihm in der Folge ein langes Leben bescheren.
Da diese Sache für alle Bewohner Nihons von großer Bedeutung ist, habe ich auch entsprechende Nachrichten an Fürst Ieyasu selbst geschickt. Sollte das Schicksal ein, zwei oder vielleicht gar zehn Briefe vernichten, hege ich noch immer Hoffnung, dass wenigstens einer sein Ziel erreichen wird.
Nun komme ich zu Dingen, von denen ich beschlossen habe, Fürst Ieyasu nicht zu berichten und auch sonst niemandem außer Euch, mein Herr
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