New York - Love Story
Hmm, die riecht nach Simon.
Ich schließe die Augen. Nur für ein paar Sekunden. Simon
muss jetzt jeden Moment kommen. Ich stelle mir vor, wie
er seine Lippen auf meine drückt, seine Zunge mit meiner
spielt, seine Hand über meinen Rücken streicht, über meinen
Bauch …
»Hier stinkt es ja erbärmlich!«
Ich fahre hoch, als mich eine laute Stimme aus dem Schlaf
reißt. Das Deckenlicht flammt grell auf. Ich muss die Augen
zusammenkneifen.
»Niki, was ist denn hier los?«, höre ich Simons Stimme. Er
klingt wütend. Warum klingt er wütend? Er sollte überrascht
klingen. Freudig überrascht!
Ich öffne die Augen, doch etwas versperrt mir die Sicht.
Ich fuchtele mir mit der Hand im Gesicht herum, bis ich
das rote Samtband zu fassen bekomme, das ich mir früher
am Abend in meine braunen Locken geschlungen habe. Mit
einem Schleifchen. Ein Geschenkbändchen um Simons Geburtstagsgeschenk
– also mich.
Mit einem Ruck ziehe ich mir das Band über den Kopf und
versuche dann, die Situation zu erfassen. Simon steht noch immer im Türrahmen und betrachtet sein Zimmer mit einem
verwirrten Ausdruck: die offene, halb leere Flasche Sekt, die
heruntergebrannten Kerzen. Die Luft ist tatsächlich zum
Schneiden, das muss vom Rauch kommen.
»Ich …«, stottere ich. »Ich wollte … aber dann …«
»Echt, Niki, was soll der Scheiß?« Mit langen Schritten
kommt Simon auf mich zu. Gerade noch rechtzeitig fällt mir
ein, was ich für diesen Abend geplant habe. Mit einer – wie
ich hoffe – eleganten Bewegung werfe ich die Decke zur Seite
und versuche mich an einem verführerischen Blick.
»Überraschung!«, nuschele ich.
Wie angewurzelt bleibt Simon stehen und starrt mich an.
Leider sieht er noch immer eher erstaunt als erfreut aus.
»Also, Niki …« Jetzt stammelt er auch. Müde setzt er sich
neben mich auf die Bettkante. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Nein, wirklich nicht.
Mein Blick fällt auf den Digitalwecker. Was? Schon nach
drei!
»Wo hast du so lange gesteckt?«, frage ich anklagend. »Wir
waren doch verabredet. Schon vor Stunden.« Sofort geht
Simon in die Defensive.
»Sorry, Niki, aber wir haben noch was zusammen getrunken
und ich habe die Zeit vergessen. Heute ist ja schließlich
mein Geburtstag.«
»Natürlich«, rudere ich zurück. Jetzt bloß nicht streiten.
»Aber ich dachte, wir wollten miteinander feiern«, starte ich
einen neuen Anlauf.
»Ja, schon.« Simon druckst herum. »Aber es ist was dazwischengekommen.
Etwas ziemlich Geniales!« Zum ersten
Mal, seit er das Zimmer betreten hat, breitet sich ein Lächeln
auf Simons Gesicht aus. Nur hat das offensichtlich nichts mit
mir zu tun.
»Aha«, murmele ich. Ich setze mich hin und ziehe mir die
Decke bis zum Bauchnabel hoch. Plötzlich komme ich mir
wieder furchtbar nackt vor.
»Ja, stell dir vor: Wir werden einen Gig in New York haben!«
Simon strahlt mich an, als würde er mir vom achten Weltwunder
berichten.
»Aha«, bringe ich nur wieder hervor.
»Heute war ein Agent bei unserer Probe, der Nachwuchstalente
castet. Er hat unsere Demos im Netz gehört und war
total begeistert. Der Typ will uns groß rausbringen. Er hat
einen Kumpel, dem gehört ein Club in Manhattan, und da
verschafft er uns einen Auftritt. Als Vorband für die Kings. Das ist unsere Chance, Niki. New York, stell dir das mal vor!
Das ist unser Sprungbrett. Wir werden berühmt!«
»Aha.« Irgendwie fällt es mir schwer, Simons Begeisterung
zu teilen.
»Der Agent hat die Flugtickets schon besorgt. Unfassbar,
oder? Ich kann sofort mit dem Packen anfangen. Wir fliegen
schon morgen!«
Morgen? Ich glaube, ich habe mich verhört.
»Und wann kommst du zurück?«
»Ach, Niki.« Simon streicht mir abwesend mit der Hand über den Kopf. Egal, die Frisur, die ich nach Majas Anleitung
in mühevoller Kleinarbeit mithilfe von jeder Menge Haarspray
fabriziert habe, ist wahrscheinlich sowieso längst zerstört.
»Ach, Niki«, wiederholt Simon, als würde er mit einer
Geistesgestörten sprechen. »Wenn alles so läuft, wie wir uns
das vorstellen, dann kommen wir nicht mehr zurück.«
Sprachlos starre ich ihn an, zu perplex für einen klaren
Gedanken.
»Und was wird aus uns?«, bringe ich schließlich mühsam
hervor.
Simon nimmt mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger,
hält mein Gesicht fest und schaut mir tief in die Augen.
»Niki«, sagt er. »Das mit uns war schön. Aber du musst doch
verstehen, dass das hier meine große Chance ist. Meine ganz
große Chance. Die bekommt man nur
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