New York - Love Story
Kuss!
Nein, all das hatte ich mir von dieser Reise sicher nicht
erwartet. Obwohl ich David vermisse und es mir nicht gut
geht, bin ich doch auch froh und glücklich über die letzten
vier Wochen. Denn auf meiner Suche in New York habe ich
vor allem ein bisschen mehr von mir selbst gefunden.
»Your ticket, miss?«
Völlig in Gedanken versunken, bin ich inzwischen bei der
Sicherheitskontrolle angelangt. Ich nehme meinen Rucksack
vom Rücken und beginne, hektisch nach dem Flugticket zu
kramen.
Shit!
Wo habe ich es bloß hingesteckt? Als ich mit der
Hand den Boden des Rucksacks erreiche, ohne fündig geworden
zu sein, beginne ich, den Inhalt auf den Tisch auszuleeren.
Mein Skizzenblock kommt zum Vorschein, dann mein
Mäppchen. Portemonnaie, Pass, ein T-Shirt zum Wechseln,
Zahnbürste, Kaugummis …
Wo ist das verfluchte Ticket?
Der
Sicherheitsbeamte beobachtet mich ungeduldig, andere Reisende
drängen an mir vorbei.
»Suchst du etwas?«, höre ich da eine vertraute Stimme.
Ich erstarre.
»Vielleicht kann ich dir helfen. Ich bin recht gut im Suchen«,
sagt David, und ich kann an seiner Stimme hören,
dass er lächelt.
Langsam drehe ich mich um. Ja, er steht tatsächlich vor
mir. Er grinst mich ein bisschen spöttisch an und zeigt mit
dem Daumen über seine Schulter.
»Die beiden habe ich auch wiedergefunden.«
Tatsache, da sind Gwyn und Gwen und wippen unruhig
auf ihren kleinen Balletttänzerinnenfüßen hin und her. Und
neben ihnen taucht Madeleine auf, mit roten Flecken im perfekt
geschminkten Gesicht, als hätte sie sich abhetzen müssen,
um ihren Kindern auf ihren hohen Schuhen hinterherzustöckeln.
Ich bin so baff, dass ich David nur stumm anstarre wie ein
Wesen von einem anderen Stern.
»Können wir kurz reden?«, fragt er und klingt ein bisschen
unsicher dabei.
Schnell räume ich meine Sachen von dem Tisch. David will
mir helfen und greift nach dem Skizzenblock.
Bloß nicht!
,
denke ich. Was soll er denn glauben, wenn er sieht, dass ich
seine Augen in Übergröße auf Papier gebannt habe? Ich reiße
ihm den Block aus der Hand, dabei segelt etwas aus den Seiten
zu Boden. Mein Ticket!
»Siehst du, ich hab doch gesagt, dass ich gut im Finden
bin«, sagt David und bückt sich. Wider Willen muss ich lächeln.
Arroganter Kerl!
Als alles verstaut ist, nimmt David mich am Ellbogen und
führt mich ein Stück zur Seite. Madeleine und die Zwillinge
folgen uns nicht.
Was ist denn das für eine Familienverschwörung?,
frage ich
mich und bin gespannt, was David mir zu sagen hat. Ich bin
so nervös, dass es mir nicht gelingt, ihm in die Augen zu
schauen, als wir uns schließlich in einer etwas ruhigeren Ecke
gegenüberstehen.
»Der Prinz liebt also eine andere«, sagt David ganz unvermittelt
zu meinem Scheitel und erwischt mich damit so kalt,
dass ich zu ihm aufsehe.
Shit!
Die Zwillinge haben meine Anspielung
also doch verstanden und mich bei ihrem großen
Bruder verpetzt. »Und ich dachte, das träfe auf die Prinzessin
zu«, fährt David fort. Fragend sieht er mich an, auf seiner
Stirn hat sich die vertraute Falte eingegraben.
»Das mit Simon … war ein Fehler«, stottere ich. Und erst
als ich den Satz ausspreche, wird mir klar, dass David geglaubt
haben muss, ich wäre wieder mit Simon zusammen.
Denn vermutlich hat er im
Chicky CitCat Club
gesehen, wie
Simon mir hinterhergelaufen ist. Apropos!
»Und was ist mit Blondie?«, frage ich provokativ.
Davids Augenbrauen ziehen sich fast unmerklich ein Stück
zusammen, was die Falte noch weiter vertieft. Dann scheint
er zu begreifen, auf wen ich anspiele.
»Du meinst Priscilla«, sagt er und lacht, woraufhin die
Falte verschwindet.
Blondie heißt also Priscilla – was für ein scheußlicher Name!
»Priscilla arbeitet für die Detektei, die ich für die Suche
nach meinem Vater engagiert habe. Ich habe sie vor einiger
Zeit bei einer Musiksession im
Chicky CitCat
kennengelernt.
Jedenfalls hat sie mir damals von ihrer Arbeit erzählt. So kam
ich überhaupt auf die Idee, einen Privatdetektiv zu engagieren.
Und sie ist ziemlich gut.« David legt eine kurze Pause ein,
sieht mich an und redet dann schnell weiter. »An dem Abend
im Club hatte ich sie gerade vom Flughafen abgeholt. Sie war
in Deutschland und hat dort meinen Dad für mich ausfindig
gemacht. Er lebt übrigens in Berlin. Die Stadt soll toll sein, ich
überlege, ob ich dort mal ein Praktikum mache …«
Jetzt muss ich auch lachen. Priscilla ist Privatdetektivin.
Das ist ja schon wieder wie in einem
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