New York - MERIAN Portraet

beschwört ihn, die Stadt friedlich zu übergeben. Stuyvesant weiß jetzt, dass keiner seiner Leute auch nur einen Finger zur Verteidigung der Stadt krümmen würde.
    Was war passiert mit den holländischen Haudegen? Die Antwort ist einfach: New York hatte begonnen, New York zu werden. Unter Stuyvesant hatte sich die Bevölkerungsstruktur dramatisch verändert. Er selbst hatte neben Sklaven auch Arbeitskräfte aus anderen Ländern angeworben. Mitte des 17 . Jh. wurden auf den Straßen von
Neu-Amsterdam
18 Sprachen gesprochen, darunter französisch, deutsch, polnisch und portugiesisch. Als die Briten angriffen, waren die Niederländer zur Minderheit in ihrer eigenen, nunmehr kosmopolitisch zusammengewürfelten Kolonie geworden, der es egal war, unter welcher Flagge sie regiert wurde – Hauptsache, man konnte weiterhin unbehelligt Geld verdienen.
    Begleitet von Pauken und Trompeten übergibt Stuyvesant am 27 . August 1664 seine Kolonie den Engländern. Zwei Tage später wird aus Neu-Amsterdam offiziell New York, benannt nach dem Herzog von York. Stuyvesant bleibt und zieht sich auf eine Obstfarm im späteren
Greenwich Village
( ▶ E/F 5 ) zurück. In seiner Grabkapelle
St. Mark’s
30 ( ▶ E 5 ) findet Jahrhunderte später auch Allen Ginsberg, einer der wichtigsten Dichter der Beat Generation, seine letzte Ruhe.

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    JOHN D. ROCKEFELLER
    1839 – 1937
    Er machte mit Öl das große Geld, wurde zum reichsten Mann der Welt und zum größten Spender. Ohne ihn gäbe es in New York keine Vereinten Nationen – und natürlich auch kein Rockefeller Center.
    J ohn D. Rockefeller, der Stammvater der einflussreichen New Yorker Familiendynastie, verkörpert wie kaum ein anderer den amerikanischen Traum vom Erfolg und die Extreme der Industrialisierung. Während deren Hochblüte gründet er in
Cleveland
den Standard Oil Trust und arbeitet sich zum reichsten Mann der Welt empor. Sein Vermögen vermehrt er mit protestantischem Fleiß und gottgefälliger Sparsamkeit. Im Alter mutiert er vom Geizhals zum Wohltäter. Seine Söhne und Enkel setzten sein Erbe fort und machen als Bankiers, Stadtplaner und Politiker Karriere. Die Rockefellers gehen als größte finanzielle Förderer in die Geschichte New Yorks ein. Sie bauen das
Rockefeller Center
28 ( ▶ J 4 ) , holen die Vereinten Nationen an den East River und prägen das Bild der Stadt entscheidend mit.
    Alles beginnt mit dem Goldenen Zeitalter, »The Gilded Age«, wie der Schriftsteller
Mark Twain
diese Zeit nennt. Eine glanzvolle, vergoldete Oberfläche, unter der Massenarmut und Ausbeutung liegen. Ende des 19 . Jh. erschließt der Eisenbahnbau das riesige amerikanische Hinterland. Die Industrialisierung kommt auf Hochtouren, die Wirtschaft boomt. Es ist die Zeit, um Geld zu verdienen. Schier unerschöpfliche Potenziale liegen vor allem in der Öl-, Stahl- und Zuckerindustrie.
    John D. Rockefeller, der seine Karriere als Verkäufer in
Cleveland, Ohio
, mit einem Wochenlohn von fünf Dollar startet, erkennt als einer der Ersten die Zeichen der Zeit. Mit eisernem Willen spart er sich genügend Geld zusammen, um gemeinsam mit seinem Bruder eine Ölfirma zu gründen. Der gottesfürchtige Protestant ist fleißig bis zum Umfallen und sparsam bis zum Geiz. Er zählt sogar die Tropfen Öl, die seine Arbeiter zum Löten der Petroliumkanister brauchen. » 40 Tropfen Öl? Das ist zu viel!« rügt er und triumphiert, als sich tatsächlich ein Tropfen einsparen lässt. »Das hat uns ein Vermögen gespart! Ein Vermögen!«
    So arbeitet sich Rockefeller, dessen Vorfahren aus Deutschland kommen, zum ersten Millionär Amerikas hoch. Ein lebendiger Beweis für die These des Soziologen Max Weber, der in der protestantischen Ethik den Treibstoff des Kapitalismus sieht.
    Rockefeller selbst betont: »Die Gabe, Geld zu machen, ist ein Geschenk Gottes, ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen, so gut wir können. Da ich diese Gabe nun einmal habe, ist es meine Pflicht, Geld zu verdienen und noch mehr Geld zu verdienen und das Geld zugunsten meines Nächsten zu nutzen, wie es mir mein Gewissen befiehlt.«
    Er baut die Standard Oil zu einem undurchsichtigen, weitvernetzten Trust aus und verschafft dem Unternehmen damit eine Monopolstellung. Dies wiederum fordert die »muckrakers« heraus: eine Gruppe investigativer Journalisten, die im Dreck kratzen und die illegalen Verflechtungen aufdecken. Ihre Recherchen tragen dazu bei, dass Standard Oil nach einem langjährigen Gerichtsprozess aufgesplittet