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Nibelungen 03 - Die Flammenfrau

Titel: Nibelungen 03 - Die Flammenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Held
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auseinander, und ein leises Schniefen war zu hören. Brunhild schloß hastig die Augen. Vielleicht war es ja auch ein riesiges Ungeheuer, das sie fressen würde. Der Gedanke machte ihr Angst. Aber ein Ungeheuer hätte nicht »Au« gesagt, sondern gleich nach ihr geschnappt. Außerdem konnte ein Ungeheuer nicht reden.
    »Du bist vielleicht komisch! Erst fällst du vom Himmel, dann sagst du, ich wäre dein Freund, und wenn du mich sehen willst, machst du die Augen zu.«
    »Ich habe meine Augen gar nicht zu«, sagte Brunhild und schaute ihr Gegenüber an. Vor Staunen blieb ihr der Mund offen.
    »Du bist ja genauso klein wie ich!« stellte sie fest.
    Mit dem Stein in der Hand umrundete sie den kleinen Jungen, der vor ihr stand, und betrachtete ihn aufmerksam. »Ich kenne dich nicht. Du gehörst nicht zum alten Volk. Wo kommst du her?«
    »Das ist doch egal«, erwiderte der Junge trotzig. Er rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hand. »Fallen bei euch hier am Wasserfall immer alle vom Himmel?«
    »Ich bin nicht vom Himmel gefallen, sondern von dem Felsen heruntergesprungen«, sagte Brunhild.
    »Ja, genau auf mich!«
    »Oh«, rief Brunhild. »Habe ich dir weh getan?«
    Der Junge nickte. »Ein bißchen.« Er schüttelte die Hand. »Aber ich glaube, es geht schon wieder. Warum springst du überhaupt mitten in der Nacht vom Felsen?«
    »Warum liegst du hier mitten in der Nacht herum? Das tut sonst niemand.«
    »Das ist meine Sache, warum ich hier bin«, sagte der Junge entschlossen. Wieder rieb er sich die Hand.
    »Gut, wie du meinst, dann ist es meine Sache, warum ich hier heruntergesprungen bin«, erwiderte Brunhild und drehte sich um. Ein Glück, dachte sie, daß es im alten Volk nicht viele Kinder gab. Wenn Kinder immer so gemein waren wie dieser kleine Junge vor ihr, machte es keinen Spaß, sie zu treffen.
    Sie schaute vorsichtig hinauf zu der Felsenkante. Dort war alles dunkel. Trotzdem wurde es höchste Zeit, daß sie von hier fortkam. Die Priesterinnen konnten jederzeit aufwachen. Außerdem mochte Mirka zurückkehren, und sie würde sofort wissen, daß Brunhild fort war. Besser sie ging jetzt.
    »Halt, du kannst doch nicht einfach so gehen«, flüsterte der Junge erschrocken, als er Brunhilds Absicht durchschaute.
    Das Mädchen blickte sich erstaunt um. »Warum nicht? Ich habe es eilig.«
    »Wo willst du denn hin?«
    »Nach Hause«, sagte sie, ohne nachzudenken. »Zurück in meine Höhle. Hier gefällt es mir nicht.«
    »Wo ist dein Zuhause?«
    »Nicht weit von hier, drüben hinter den grünen Hügeln, nahe am Meer. Dort liegt Armas und meine Höhle.« Sie hielt inne. Arma war fort!
    »Kann ich mit dir kommen?«
    Brunhild machte runde Augen. »Mit mir? Willst du nicht lieber auch nach Hause?«
    Der Junge schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein, ich gehe nicht mehr nach Hause! Du hast vorhin gesagt, ich sei dein Freund!«
    »Aber«, fing Brunhild an, doch sie hielt inne. Der helle Schein einer Laterne am oberen Felsenrand ließ die Kinder zusammenschrecken.
    »Verdammt«, flüsterte sie, packte den Jungen kurz entschlossen am Ärmel und zog ihn ins Gebüsch. »Komm hierher.«
    »Was ist?«
    »Leise.« Sie legte den Finger auf den Mund und deutete auf das Licht über ihnen. »Das war knapp«, sagte sie nach einer Weile, als es wieder ganz dunkel war. »Jetzt sind sie wach, ich muß fort.«
    »Wer war das?«
    Brunhild verdrehte die Augen. Der Junge stellte wirklich die dümmsten Fragen, die man sich denken konnte. »Die Priesterinnen«, sagte sie und machte ein wichtiges Gesicht. »Wahrscheinlich suchen sie mich.«
    »Warum?«
    »Weil ich fortgelaufen bin. Ich habe doch schon gesagt, daß es mir hier nicht gefällt.« Sie musterte ihr Gegenüber. »Sag mal, wo kommst du eigentlich her? Es muß von sehr weit her sein, wenn du nicht einmal die Priesterinnen kennst.«
    »Unser Haus liegt aber nicht weit von hier. Es steht hinter dem schwarzen Wasserfall.«
    »Das ist Unsinn! Hinter dem schwarzen Wasserfall ist nur noch ein einziger Hügel, und da beginnt schon die magische Linie. Dahinter gibt es den Winter, da wohnt niemand mehr«, entgegnete Brunhild und schaute mißmutig drein. Schwindelgeschichten mochte sie nur, wenn die alte Ramee sie erzählte.
    »Wir wohnen da«, beharrte der Junge und schmollte wieder. »Was hast du außerdem gegen den Winter? Er bringt Schnee, und alles ist dann ganz weiß.«
    »Weiß?« fragte Brunhild ungläubig.
    Der Junge nickte. »Ja, weiß. Kennst du keinen

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