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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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und hob drohend die Fäuste.
    »Ich will die Wahrheit! Das gibt es doch gar nicht, daß du ke i ne Vogelstimmen nachahmen kannst. Willst du mir etwa erzä h len, du wärst nicht als kleiner Junge mit deinen Freunden in den Wald gelaufen, um dort allerlei Schabernack zu treiben? So etwas lernt man doch nebenbei, genauso wie reiten und … «
    »Erinnert Ihr Euch noch an den Tag, an dem ich zum ersten Mal auf Eurem Pferd gesessen habe, Herr?«
    Volker grinste breit und setzte sich neben ihm ins Heu. »N a türlich! War ein toller Spaß zuzusehen, wie Lanzenbrecher dich in den Schlamm geworfen hat.«
    »Hmm … stimmt. Mein Hintern erinnert sich noch heute an diesen tollen Spaß. Ich bin damals im Schlamm gelandet, weil ich noch nie auf einem Pferd gesessen hatte. Vielleicht erinnert Ihr Euch noch, Herr, ich bin der Sohn eines armen Bauern! Im ganzen Dorf hat es kein Pferd gegeben. Ich habe nie reiten g e lernt, bis Ihr es mir beigebracht habt. Und ich bin auch nicht mit Freunden durch den Wald getollt. Ich habe Gänse gehütet, Pilze und Reisig gesucht, meinem Vater bei der Ernte oder beim Pflügen geholfen und … «
    »Mir kommen die Tränen, Golo.« Volker kratzte sich am Kinn. Eine Zeitlang saßen sie einander schweigend gegenüber. Golo überlegte, ob er vielleicht etwas Falsches gesagt hatte. Dieses Schweigen beunruhigte ihn. Es wäre besser, wenn Volker fluc h te und tobte. Schlechtgelaunte Adlige und Kirchenmänner, das war etwas, was er von Kindesbeinen an kannte. Aber ein Ritter, der einfach nur dasaß und einen anstarrte … Das war unhei m lich. Ob der Spielmann wohl darüber nachdachte, ihn anzukl a gen? Golo schluckte. Das war Unsinn! Volker konnte es nicht riskieren, über diese Angelegenheit öffentlich zu reden. Wenn ruchbar wurde, wer das Lager mit der Sachsenfürstin geteilt hatte, dann …
    »Vielleicht habe ich dir Unrecht getan. Ich werde bei Gel e genheit darüber nachdenken. Auf jeden Fall werde ich dich den Ruf des Käuzchens lehren. Du bist als Knecht für mich völlig unbrauchbar, wenn du nicht einmal solche einfachen Kleini g keiten erledigen kannst. Ich meine, es wird noch öfter gesch e hen, daß ich einer Dame meine Aufwartung mache, und mö g licherweise wird es auch wieder vorkommen, daß du darauf achten mußt, wann der betreffende Ehemann zurückkehrt. Und noch etwas! Falls du es wieder mal vermasseln solltest … Ve r suche bitte nicht, einen Wolf nachzuahmen! Das war das jä m merlichste Wolfsgeheul, das ich jemals gehört habe. Ich hab ’ schon drei Tage alte Hundewelpen gesehen, die bedrohlicher knurren konnten, als du das Geheul eines Wolfes nachmachst.«
    »Aber ich … «
    »Man widerspricht seinem Herren nicht, Knecht! Und man fällt ihm auch nicht ins Wort. Im übrigen denke ich, daß ich davon absehen werde, dir das Fell zu gerben. Ich hätte eben mit deiner Dummheit rechnen müssen. Das war mein Fehler.«
    Golo blickte zu Boden. So kannte er sie, die Adligen! Es war besser, darauf nicht zu antworten. Bis heute abend hatte er sich gefreut, in Volker einen Herren zu haben, für den er nicht al l zuviel tun mußte … Manchmal hatte der Dienst bei ihm sogar Spaß gemacht. Es war im letzten Winter gewesen, als Volker in Golos Heimatdorf geritten kam, das zum Lehen der Herren von Alzey gehörte. Er hatte sich die jungen Männer angesehen und schließlich ihn ausgewählt, mit auf die Königsburg nach Worms zu kommen. Er sollte sein Diener und Waffenknecht werden. Er bekam eine Stute und täglich eine Stunde Unterricht im Schwertkampf. Davon abgesehen mußte er sich um die Pferde kümmern und dafür Sorge tragen, daß die Kleider se i nes Herren immer in einem guten Zustand waren. Verglichen mit der harten Feldarbeit im Dorf war das eine Kleinigkeit. Das einzige, was Golo beunruhigte, war die Tatsache, daß es Volker offensichtlich unmöglich war zu akzeptieren, daß schöne Fra u en gelegentlich bereits verheiratet waren. Wenn es um Weiber ging, kannte der Spielmann keine Scham. Ein paar Tage war es erst her, daß Volker ihm voller Stolz erzählt hatte, daß es ihm sogar schon einmal gelungen sei, eine Äbtissin zu verführen. Mochte der liebe Herrgott seiner Seele gnädig sein!
    »Was brütest du vor dich hin? Freust du dich nicht, daß ich dich nicht bestrafen werde?«
    »Selbstverständlich, Herr!« Golo nickte pflichtbewußt. »Sagt, wie habt Ihr mich eigentlich so schnell gefunden? Ihr könnt doch nicht gesehen haben, wie ich auf den Heuboden gestiegen bin.«
    Der Spielmann

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