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Nibelungen 07 - Das Zauberband

Nibelungen 07 - Das Zauberband

Titel: Nibelungen 07 - Das Zauberband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Held
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schritt.
    »Loba ist hungrig«, sagte Inmee an Norwin gewandt, der plötzlich fühlte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Er sah die weißen Finger der Priesterin, die zärtlich über das zottelige Fell der Wölfin streichelten, als begrüße sie eine alte Vertraute.
    Norwin spürte wieder die wachsende Mutlosigkeit in sich, die alleine die Anwesenheit des schwarzen Tieres in ihm auslöste. Es ist noch schlimmer als sonst, dachte er, wenn Inmee ihre Lieder singt. Er focht gegen die dumpfen, tristen Gefühle an, die wie eine Welle über ihm zusammenbrachen, während er auf Arma schaute. Doch sie erschien ihm plötzlich so weit fort zu sein, als wäre sie bereits tot. Er fühlte, wie das zarte Licht, das er vorhin mit der Erkenntnis über die Liebe in sich selbst gewonnen hatte, bedrohlich flackerte und mehr und mehr in Gefahr geriet, in seiner Brust für immer zu erlöschen.
    Das knurrende Zähnefletschen der Wölfin berührte ihn kaum, sein Leben war nicht wichtig, nur seine Sorge um Arma hielt ihn noch aufrecht. Er mußte sie vor dem Dämon schützen; das alleine konnte seinen Verstand dazu bringen, jetzt nicht aufzugeben.
    Von draußen her waren Rufe zu hören. Die Männer brachen ihre Zelte ab. Offenbar hatten sie die Wölfin schon wieder vergessen oder kümmerten sich nicht mehr um sie. Hier und da klirrten Waffen aneinander, aber nur aus dem Grund, daß sie zusammengebunden und auf die Packpferde gehoben wurden. Norwin wußte, daß niemand ihm helfen würde. Er blickte Inmee an.
    »Was habt Ihr vor?«
    Inmee hob die Brauen. »Wozu wollt Ihr es wissen? Ihr werdet es doch nicht verhindern können«, sagte sie spöttisch. »Ich werde den Wasserfall vernichten und mit diesen beiden Frauen«, sie deutete mit der Hand auf Arma und Mirka, »mit diesen beiden werde ich jetzt beginnen.«
    »Das könnt Ihr nicht tun!« Norwin strich sich mit den Händen über die müden Augen.
    »Den Wasserfall vernichten!« hörte er. Es klang wie ein Echo. Er wußte nicht, ob Inmee es noch einmal gesagt hatte oder ob es nur in seinem Kopf widerhallte.
    »Das ist doch Wahnsinn!« sagte er.
    Inmee hörte auf, die Wölfin zu kraulen.
    »Das ist Wahnsinn!« wiederholte er und preßte seine Hände an die Schläfen. Die dumpfe Gleichgültigkeit, die dieser Dämon in ihm beschwor, floß immer mehr wie ein langsam wirkendes Gift in seine Adern.
    »Ihr kämpft gut, Norwin. Das gefällt mir an Euch. Niemals zuvor ist mir jemand begegnet, der sich derart gegen meine Lieder und Verse zur Wehr setzte.«
    Norwin fühlte, wie ihm kalter Schweiß den Rücken hinunterrann. Der Wolfsgeruch wurde stärker, er brannte ihm unangenehm in der Nase und erschwerte ihm den Kampf, seinen wachen Verstand nicht zu verlieren.
    »Die heiligen Frauen werden ihre Freveltaten endlich büßen müssen«, sagte Inmee, während ihr Blick auf Mirka ruhte.
    »Freveltaten? Was meint Ihr?« Der blonde Krieger rang mit sich.
    Inmee funkelte ihn an. »Dieses alte Volk will eine kleine Närrin zur neuen Hüterin des Feuers machen, obwohl jeder weiß, daß diese Brunhild nichts weiter als eine Kriegerin ist. Sie versteht sich kaum auf die alten Lieder. Sie weiß nichts von Macht und Herrschaft. Aber auf mir«, Inmee legte sich die Hand auf die Brust, »auf mir haben die segnenden Hände Luovanas gelegen. Sie wollte, daß ich ihr Erbe antrete. Ich alleine kann Luovanas Werk fortsetzen. Ich bin die wahre Hüterin des Feuers. Es wird heute am Wasserfall keine Priesterinnenweihe geben, weil ich die neue Hüterin bin!«
    Inmee umfaßte den Rubin an ihrem Hals und hielt ihn Norwin triumphierend entgegen. »Niemand wird sich mir in den Weg stellen!«
    »Ihr seid ein Dämon«, flüsterte Norwin.
    »Vielleicht bin ich das, aber Eure geliebte Kriegerin wird auch einer werden«, sagte sie. »Die weißen Frauen haben mich aus ihrem Kreise ausgeschlossen, nun werde ich sie ausschließen!«
    Norwin schaute auf ihre weißen Finget, die immer noch den blaßroten Edelstein umklammerten, und schüttelte den Kopf.
    Die dumpfe Teilnahmslosigkeit in ihm hatte gesiegt.
    Inmee zuckte mit den Schultern. »Für Euch, Krieger, ist es ohnehin belanglos geworden! Ich glaube nicht, daß Ihr den morgigen Tag überleben werdet.« Sie zeigte mit der Hand auf Arma. »Und ich fürchte sie auch nicht!«
    Norwins Beine wurden schwer. Er fühlte in sich den wachsenden Wunsch, nicht länger zu stehen, sondern sich auf dem Teppich zu Armas Füßen niederzulassen und zu sterben. Aber selbst dazu fehlte ihm die Kraft.

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