Nibelungen 07 - Das Zauberband
Verstand verwirrt. Auch meine Männer hat sie mit ihren dunklen Liedern verführt, bis sie zu einer Horde wilder Raufbolden wurden, die alles vergessen hatten, was ihnen einst heilig war. Aber die Heilerin mit den hellen Augen hat mir geholfen, den rechten Pfad wiederzufinden. Sie hat den Zauberbann gebrochen, der mein Herz in die Finsternis gezogen hatte. Eines jedoch konnte sie mir nicht nehmen, die Trauer darüber, Euch nie begegnet zu sein. Ich glaubte, Ihr, Hüterin des Feuers, wäret auch am Wasserfall zu Stein erstarrt, wie alle anderen Frauen dort. So war Inmees Tod für mich das einziges Ziel, was mir noch blieb. Doch jetzt, da Ihr lebt, ist mein Platz an Eurer Seite, um gemeinsam mit Euch den Kampf gegen Inmee zu wagen.«
Er beugte ein wenig sein Haupt, so daß die blonden Strähnen ihm über die Augen fielen. »Und wenn Ihr den Tod wählt, dann werde ich Euch auch dorthin begleiten.«
Brunhild schwieg einen Augenblick. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme heiser. »Wie Ihr wollt, Norwin«, sagte sie. »Die Göttin möge Euch schützen!«
Das tote Kind wog schwer in Brunhilds Armen. Die Rede des Kriegers rührte ihr Herz und ihr Gewissen, mehr als ihr lieb war. Doch sie wußte, daß es vergebens war. Sie hatte den Weg der Göttin verlassen, indem sie sich von dem Zorn und dem Haß auf die Wölfin hatte leiten lassen. Nur so hatte das schwarze Tier sie täuschen können, und das Mädchen hatte dafür sterben müssen. Es war zu spät. Sie konnte nicht mehr zurück.
Die Männer mit den Fackeln näherten sich in einem schweigenden Marsch dem Wald. Sie schienen wild entschlossen zu sein, den Tod des Mädchens und der anderen Dorfbewohner zu rächen.
Wahrscheinlich werden wir den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben, dachte Brunhild, und der Gedanke erschreckte sie nicht einmal. Zu sterben war immer noch ehrenhafter, als mit der Schande zu leben, die Göttin und die Lehre einer großen Kriegerin verraten zu haben.
»Ihr wart nicht allein ein Opfer der schwarzen Priesterin und ihrer finsteren Mächte«, sagte Brunhild an Norwin gewandt. »Auch ich habe versagt!« Sie deutete auf das Kind in ihren Armen. »Die Kleine hätte nicht sterben dürfen!«
Norwin strich ihr mit dem Finger behutsam eine der kurzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Sagt das nicht, Hüterin. Ihr lebt, und solange es Leben gibt, haben Inmee und die Wölfin noch nicht gewonnen. Gemeinsam werden wir siegen.«
Brunhild schüttelte den Kopf. »Es ist vorbei, Norwin! Der Kampf ist aus!«
Der Krieger blickte auf die Leiche des Mädchens herab. »Laßt mich das Kind tragen, und dann sprecht zu den Menschen. Ihr seid eine Priesterin, sie werden Euch zuhören!«
»Nein!« Brunhild drückte die Kleine wieder fest an sich. »Ich habe sie getötet, es ist meine Aufgabe, sie zu tragen und sie dem Feuer zu übergeben, damit ihr Herz und ihr Leib Ruhe finden!«
»Dann redet wenigstens zu den Männern!«
»Norwin!« Sie blickte den Krieger freundlich an. »Ihr wißt, daß meine Worte vergeblich sein werden. Die Saat der schwarzen Priesterin trägt längst blutige Früchte in ihren Herzen. Schaut sie Euch an. Inmee und die Wölfin waren schneller!«
Brunhild blickte wieder zu den Fremden, die immer näher kamen, und ging ihnen langsam entgegen. Sie erinnerte sich daran, daß sie selbst als Priesterin von Inmees Haß befallen war, um wieviel weniger konnte dann das Volk diesem Zauber des Zorns entgehen.
Die Männer des Dorfes hoben die Fackeln in die Höhe. Ihre Stimmen wurden laut, sie reckten wütend ihre Waffen empor. Brunhild wußte, Norwin und sie waren entdeckt worden. Deutlich sah sie einzelne Gesichter der Fremden im Schein des Feuers. Der Haß lag in ihren Augen und die Gier zu töten.
Die Männer waren mit Steinen, Schwertern und Äxten bewaffnet.
Brunhild ging langsam weiter.
»Dort sind sie!« rief einer der Männer und schwenkte die Fackel hin und her. In dem gespenstischen Licht wirkten die Gesichter hart und unerschütterlich. Brunhild fühlte, wie ihr kalte Schauer über den Rücken liefen.
Die schwarze Priesterin hat viel Leid über das Land gebracht, sie hat Elend und Vernichtung gesät, und immer noch ist Zerstörung alles, was ihr kaltes Herz kennt, dachte sie und begann, ein Lied an die weiße Göttin zu singen. Es war jene Weise, die sie stets bei Morgengrauen im Tempel mit den anderen Priesterinnen gesungen hatte und die den Segen der heiligen Frau herbeirief.
Brunhild warf einen Blick auf Norwin, der neben ihr
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