Nibelungen 07 - Das Zauberband
Dämonenfänger!« rief einer aus der zweiten Reihe, und wieder lachten alle.
Brunhild betrachtete das junge Gesicht des Mannes, der angestrengt vor ihr ging. Haß und Trauer hatten die ehemals weichen Züge zu einer kalten Maske werden lassen, die dunklen Augen blickten sie finster an. Er begegnete ihrem Blick. Brunhild wollte etwas sagen, doch da stach er ihr mit der Schwertspitze in die Haut.
»Vorwärts!« sagte er und verzog die Lippen.
Langsam schritt sie auf das Dorf zu. Schwarz hoben sich die dunklen Häuser vor dem flackernden Licht des Feuers ab und warfen lange Schatten. Die Nacht war angebrochen. Der kalte Wind hatte den Kampf mit den Flammen aufgenommen. Immer wieder duckten sie sich unter seiner kalten peitschenden Macht.
Brunhild betrachtete die dunkelroten Funken, die dem schwarzen Himmel entgegenflogen; eine seltsame Ruhe stieg in ihr auf. Vielleicht war es gut, wenn sie in dem Feuer starb. Dann war endlich diese schreckliche Last von ihren Schultern genommen, eine göttliche Aufgabe erfüllen zu müssen, die ihr mehr und mehr unlösbar erschien. Sie war nicht dazu geschaffen, kaltherzig zu töten, sonst hätte sie Inmee nicht entkommen lassen. Sie hatte versagt, und deshalb hatte das kleine Mädchen und mit ihm all die anderen dieses Dorfes sterben müssen.
»Haltet ein! Weiter wird die Frau nicht mit Euch gehen!« Eine tiefe Stimme, die das Geschrei der Männer übertönte, erklang durch die Nacht. Brunhild hielt inne.
Augenblicklich schienen die Männer in der kalten Luft zu erstarren, ihre Gesichter wandten sich um.
Brunhild horchte angestrengt. Sie hörte das leise Schnaufen eines Pferdes in einiger Entfernung, doch sie wagte nicht, sich ebenfalls umzusehen.
Gorrol riß staunend die Augen auf, als habe er einen Geist erblickt. Seine Hände begannen zu zittern. Wie gebannt blickte er an ihr vorbei in die Dunkelheit.
»Das ist der Craiach«, flüsterte einer plötzlich. Es war der Altere mit dem wirren Haar, der Brunhild mit der Axt bedroht hatte.
»Die Priesterin gehört mir!« sagte die Männerstimme hinter ihr. Brunhild war sich nun sicher. Es mußte der maskierte Reiter sein. Offensichtlich sprach er mit Gorrol, doch der Junge rührte sich nicht.
»Gorrol, du mußt sie gehen lassen!« flüsterte der Alte mit der Axt und kam langsam näher. Er war offensichtlich beunruhigt. Immer wieder schaute er zwischen dem Mann hinter ihr und dem Jungen hin und her. »Einen Augenblick nur, Craiach«, sagte er.
Auch allen anderen schien der Fremde Respekt einzuflößen, denn allmählich ließen sie die Waffen sinken.
Brunhild sah, wie sich die Hand des Alten behutsam auf die Schulter des Jungen legte. »Nimm das Schwert fort, Gorrol. Es ist der Craiach, der sie will!«
»Sie muß sterben!« flüsterte der Junge, ohne seinen Blick abzuwenden. »Sie hat meine Schwester und auch die anderen getötet.«
»Sei vernünftig!« Der Alte griff nach dem Schwert und nahm es dem Jungen aus der Hand. »Wenn der Craiach es wünscht, werden wir sie ihm überlassen!«
Gorrol blickte den Alten schweigend an. Brunhild glaubte zu sehen, daß die Gesichtszüge des Jungen weicher wurden. Der Haß schien zu schwinden, dafür legten sich die Schatten der Trauer darüber. In seinen Augen schimmerten Tränen.
»Laßt die Frau hier«, sagte die Stimme leise hinter ihr. »Ich werde mich um sie kümmern. Geht jetzt alle zurück in Euer Dorf! Verbrennt die Toten und wachet bis zum Morgengrauen!«
Der Alte mit dem wirren Haar machte eine rasche Verbeugung und zog den Burschen von Brunhild fort. Auch die anderen Männer gehorchten den Worten des Fremden und gingen zurück. Mit gebeugten Schultern wandten sie sich ihrem Dorf zu und verschwanden nach und nach zwischen den schwarzen Schatten der Häuser, bis Brunhild allein in der Dunkelheit stand.
»Mir scheint, Hüterin des Feuers, Neugierde gehört nicht zu Euren Fehlern.« Ein leises, warmes Lachen erklang. »Ihr dürft Euch frei bewegen, Priesterin, und Ihr dürft mich sogar anschauen, wenn Eurer Herz es begehrt.«
Langsam drehte Brunhild sich um und erblickte den maskierten Reiter, der ihr schon im Zaubergarten begegnet war. Er saß lässig auf seinem Fuchshengst und deutete eine leichte Verbeugung an. »Ich schätze mich glücklich, der neuen Hüterin des Feuers meine Aufwartung machen zu können«, sagte er. »Wie ich sehe, tragt Ihr schon wieder kein Schwert bei Euch!« Es klang erneut ein wenig spöttisch.
»Ich werde auch niemals mehr eines tragen«,
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