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Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg

Titel: Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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hinter ihm ein helles Stimmchen fragte: »Was tust du denn hier?«
    Er fuhr herum, und da stand Geist, am anderen Ende der Scholle, unweit eines schmalen Durchgangs in der Felswand. Ihr Moospelz war trocken, und ihre hellblauen Augen glänzten wie Himmelssplitter.
    »Bist du mir den ganzen Weg hinterhergelaufen?« fragte sie laut, um den Lärm des sprudelnden Wassers zu übertönen. Eilig huschte sie näher.
    Vor Erleichterung vergaß Löwenzahn für einen Moment die Frage, wer sich gerade vor seinen Augen in den See gestürzt hatte. Er umarmte das Moosfräulein herzlich, und die Begeisterung in ihrem Blick trieb ihm fast die Tränen in die Augen.
    »Siehst du das?« rief sie euphorisch aus und umfaßte mit einer weiten Geste die ganze Grotte. »All diese herrlichen Pflanzen! Das ist Moos, Löwenzahn! Echtes Moos!« Sie löste sich von ihm und sprang aufgeregt umher. »Daß es tatsächlich zwei Jahre dauern mußte, um diesen Ort zu finden! Sag selbst, ist das alles nicht wunderschön?«
    Löwenzahn nickte, auch wenn er in Wahrheit wenig beim Anblick der feuchtglänzenden Moos- und Pilzkulturen an den Wänden empfand. Er wollte Geist nicht die Freude verderben, und doch konnte er nicht anders, als an die Kante der Scholle zu treten und hinab zur Wasseroberfläche zu blicken. Er suchte etwas, einen Schemen, Luftblasen vielleicht, irgend etwas, das ihm bewies, daß ihm seine Augen vorhin keinen Streich gespielt hatten. Er hatte jemanden gesehen. Oder hatten ihn das schwache Licht und die ungewohnte Umgebung getäuscht?
    »Hast du irgendwas im Wasser verloren?« fragte Geist verwundert.
    »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen.« Löwenzahn verstand im Lärm der Kanäle kaum seine eigenen Worte.
    »Ach, komm schon!« rief sie ausgelassen und faßte ihn am Arm. »Ich zeige dir noch etwas.«
    Sie führte ihn zu dem schmalen Durchlaß im Fels. Dahinter lag eine zweite Grotte, viel kleiner als die erste. Wände und Decke waren hinter dichten Vorhängen aus Pflanzen verborgen, langen, kleinblättrigen Ranken, die an manchen Stellen bis zum Boden baumelten. Die Luft in der [{(kuppeiförmigen)}] kuppelförmigen Grotte war drückend vor Feuchtigkeit und Wärme.
    Löwenzahn sah sich verblüfft um. »Warum ist es so heiß hier drinnen?«
    »Von den Wänden fließt warmes Wasser«, meinte Geist schulterzuckend. »Irgendwo muß eine heiße Quelle sein. Ist das nicht herrlich?«
    Insgeheim schauderte Löwenzahn. Er hatte schon von heißen Quellen erzählen hören, auch von feuerspeienden Bergen, aus denen glühendes Gestein hervorplatzte wie Eiter aus einer Pestbeule. Mit einemmal fühlte er sich hier unten trotz der Wärme alles andere als wohl. Er wünschte sich, er hätte Geist überzeugen können, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Aber er wußte auch, daß sie viel zu glücklich war, um seine Sorgen teilen zu können.
    Geist tanzte umher wie ein kleines Mädchen beim ersten Schneefall, sprang fröhlich von Ranke zu Ranke, legte sich die Enden wie Schmuck um den Hals und lachte vergnügt.
    »Glaubst du«, fragte Löwenzahn argwöhnisch, »daß es hier unten irgendwelche Tiere gibt?«
    »Ich habe keine gesehen«, erwiderte Geist, ohne von ihrem Spiel mit den Pflanzen abzulassen. »Sag bloß, du fürchtest dich?«
    »Niemals!« grollte er. »Löwenzahn hat bestimmt keine Angst vor Kraut, das von der Decke wächst.«
    »Dann komm her und faß es an.«
    Löwenzahn blieb am Eingang der Grotte stehen. »Ich glaube, wir sollten besser wieder nach oben gehen. Die anderen werden sich Sorgen machen. Es wird Abend sein, bis wir bei ihnen sind.«
    Geist verzog das Gesicht. »Nur noch ein wenig.«
    »Willst du, daß sie uns suchen müssen?«
    Sie seufzte schwer, dann drehte sie sich um und rieb eine der Ranken zärtlich an ihrer Wange. »Ich verspreche euch, daß ich wiederkomme«, sagte sie zu den Pflanzen. »Gleich morgen.«
    Löwenzahn faßte insgeheim den Entschluß, daß er sie niemals allein hierhergehen lassen würde. Noch immer rätselte er, was sich da vor seinen Augen in den See gestürzt hatte. Er fragte sich, ob es vielleicht im schmalen Hohlraum unter der Felsscholle wartete, bis sie fort waren.
    Narretei, schalt er sich. Niemand hätte der Strömung standhalten können. Geist und er hatten lediglich Glück gehabt, daß sie an einer Stelle im See gelandet waren, die ungefährlich war. Ein paar Schritte näher am Strudel, und keiner von ihnen hätte überlebt.
    Das brachte ihn gleich zur nächsten Schwierigkeit.

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