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Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Titel: Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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»Ihr könnt nicht all diese Frauen töten, nur um einer vagen Gefahr aus dem Weg zu gehen. Was erwartet Ihr denn? Daß Eure Götter von den Bergen herabsteigen?«
    Er sah sie verwundert an. »Das ist sonderbar.«
    »Was?«
    »Ihr habt gerade die gleichen Worte benutzt wie Berenike: ›Die Götter werden über die Berge steigen.‹ Genau das war es, was sie sagte.«
    In ihrer Erinnerung hörte Kriemhild wieder Jodokus’ Stimme: Die Götter sammeln ihre Kräfte. Sie bereiten das Ende vor. Das große Finale.
    Plötzlich wurde ihr schlecht. Fröstelnd blickte sie zur Spitze des Nordturms empor.
    »Laßt mich mit Berenike sprechen«, flüsterte sie atemlos.
    Das Hinterteil eines Pferdes führte sie an, und niemand war sich der Lächerlichkeit dieses Umstands bewußter als Jodokus. Noch immer hatte es auf dem schmalen Pfad keine Gelegenheit gegeben, Lavendel wenden zu lassen, und noch immer mußte das arme Tier rückwärts gehen. Jodokus tat sein Bestes, den Schimmel mit freundlichen Worten zu besänftigen, auch um seiner selbst willen. Jeden Augenblick mochte Lavendel störrisch stehenbleiben und den Weg versperren, und Jodokus mußte sich nicht erst zu Hagen umdrehen, um zu wissen, wer das würde ausbaden müssen.
    Doch so beschwerlich und angstvoll diese Angelegenheit auch war, Jodokus haderte nicht länger mit seinem Schicksal.
    Jeder andere hätte die Begegnung mit der Prinzessin verflucht; nicht so Jodokus. Vielmehr machte ihm die Trennung von ihr weit arger zu schaffen als alles andere. Arger als Hagens dräuende Präsenz in seinem Rücken. Arger auch als Berenikes Hort, der jenseits der Bergkuppe aus den Nebeln emportauchte.
    Schließlich gelangten sie an die Stelle, an der Jodokus und Kriemhild Abschied genommen hatten, und hier endlich bot sich genügend Platz, um Lavendel aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Mit einem Wiehern drehte das Tier sich um, ungeachtet der Äste, die über sein Fell kratzten. Jodokus fürchtete, das Pferd würde wohl nach hinten austreten und ihm den Huf vor den Schädel hämmern. Doch der Schimmel blieb ruhig, als sähe er die Notwenigkeit ein, Kriemhild schnellstens zur Hilfe zu eilen.
    Hagen zwängte sich an dem Schimmel vorbei an die Spitze, Jodokus folgte ihm. Am tiefblauen Himmel flatterten zwei Raben und stießen heisere Schreie aus. Hagen blickte zu ihnen empor, und sogleich verstummte ihr Krächzen. Die beiden Vögel senkten sich herab und verschwanden zwischen den Baumkronen.
    »Ihr habt Macht über Tiere, Herr?« fragte Jodokus beeindruckt.
    »Nicht genug, um einen Esel zum Schweigen zu bringen.«
    »Ihr macht Euch über mich lustig.«
    »Merkwürdig«, knurrte Hagen, ohne den Blick von Berenikes Hort zu nehmen, »lustig hat mich noch keiner genannt.«
    Der Krieger setzte sich wieder in Bewegung und ging mit weiten Schritten den Hang hinab. Jodokus ergriff Lavendels Zügel und folgte. Hinter ihnen kletterte der Junge von Hagens Roß und führte das Tier mit einer Selbstverständlichkeit, als sei es sein eigenes.
    »He, Junge«, rief Jodokus nach hinten, »wie heißt du überhaupt?«
    »Jorin«, gab der Junge mißmutig zurück. »Jorin Pferdehüter.« Hagen mußte ihn mit seiner schlechten Laune angesteckt haben.
    Sie näherten sich dem Punkt, an dem der Waldweg auf den Felsendamm wechselte, der über das Nebelmeer hinweg zur Festung führte.
    Bevor sie den Schatten des Waldes verlassen konnten, blieb Hagen stehen. »Welches Instrument spielst du, Sänger?« fragte er.
    »Vielerlei«, erwiderte Jodokus wahrheitsgetreu. »Flöte, Laute, Schalmei, Cornamuse, Schreichpsalter, manchmal auch die Harfe. Warum fragt Ihr?«
    »Hast du eines davon dabei?«
    »Keines, wie Ihr wohl sehen könnt.«
    Hagen brummte etwas, das Jodokus nicht verstand, dann fragte er: »Aber singen kannst du doch wenigstens?«
    »Gewiß, Herr.« Ihm schwante nichts Gutes bei diesem sonderbaren Fragespiel.
    »Dann wirst du dich jetzt nützlich machen«, sagte Hagen. »Dir liegt doch auch daran, die Prinzessin zu retten, nicht wahr?«
    »Natürlich.«
    »Um deines Kopfes willen eine weise Entscheidung.«
    Zum ersten Mal war Jodokus über eine Bemerkung Hagens ernsthaft empört. »Was denkt Ihr von mir?« fuhr er den Krieger an, ungeachtet aller Folgen, die soviel Kühnheit haben mochte. »Ich würde mein Leben für das der Prinzessin geben, dessen seid gewiß.«
    Hagen starrte ihn lange mit seinem dunklen Auge an. Jodokus gab sich alle Mühe, dem durchdringenden Blick standzuhalten. Plötzlich legte der

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