Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
nichts weiter.«
Sophie lächelte verlegen. »Und ich dachte schon, die Statue würde reden«, gab sie zu.
Josh begann zu lachen, hielt dann aber abrupt inne. »Wahrscheinlich würde ich mich nicht einmal wundern, wenn sie es tatsächlich täte.«
»Der gute Dr. Dee lässt grüßen.« Machiavellis Stimme hing weiterhin um sie herum in der Luft.
»Dann hat er Ojai also überlebt«, bemerkte Nicholas im Plauderton und ohne die Stimme zu heben. Groß und aufrecht stand er da und legte lässig die Hände auf den Rücken. Dabei schaute er Scatty kurz von der Seite her an. Dann begannen die Finger seiner rechten Hand, über Handfläche und Finger der lin ken zu tanzen.
Scatty zog die Zwillinge aus Nicholas’ Nähe und ging langsam mit ihnen unter die Portalbögen zurück. Sie stellte sich zwischen die beiden, legte ihnen die Arme um die Schultern – ihre Auren blitzten bei der Berührung silbern und golden auf – und zog ihre Köpfe zu sich her.
»Machiavelli. Der größte Lügner aller Zeiten.« Scattys Flüstern war nicht mehr als ein Hauch an ihren Ohren. »Er darf uns nicht hören.«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich mich freue, dich zu sehen, Signor Machiavelli. Oder sollte ich zurzeit lieber Monsieur Machiavelli sagen?«, fragte der Alchemyst. Er lehnte sich an die Balustrade und schaute die weiße Treppe hinunter, an deren Fuß Machiavelli immer noch ziemlich klein wirkte.
»In diesem Jahrhundert bin ich Franzose«, erwiderte Machiavelli. »Ich liebe Paris. Es ist meine Lieblingsstadt in Europa – nach Florenz, versteht sich.«
Während Nicholas mit Machiavelli redete, behielt er die Hände weiter auf dem Rücken, sodass der andere Unsterbliche nicht sehen konnte, was er tat. Seine Finger tanzten in einem komplizierten Rhythmus.
»Wirkt er einen Zauber?«, hauchte Sophie mit Blick auf Flamels Hände.
»Nein, er redet mit mir«, erwiderte Scatty.
»Wie?«, wisperte Josh. »Magie? Telepathie?«
»Amerikanische Zeichensprache.«
Die Zwillinge warfen sich einen raschen Blick zu. »Amerikanische Zeichensprache?«, wiederholte Josh. »Er kennt die Zeichensprache. Wie das?«
»Du scheinst immer wieder zu vergessen, dass er schon eine ganze Weile auf der Welt ist«, antwortete Scathach mit einem Grinsen, das erneut ihre Eckzähne sehen ließ. »Und im achtzehnten Jahrhundert hat er mitgeholfen, die französische Zeichensprache zu entwickeln«, fügte sie lässig hinzu.
»Was sagt er?«, fragte Sophie ungeduldig. Im Wissen der Hexe fand sie nichts, das es ihr ermöglicht hätte, Flamels Zeichen zu verstehen.
Scathach runzelte die Stirn und übersetzte langsam Wort für Wort: »Sophie … brouillard … Nebel.« Sie schüttelte den Kopf. »Sophie, er bittet dich um Nebel. Das verstehe ich nicht.«
»Ich schon«, erwiderte Sophie, als ihr ein Dutzend Bilder von Nebel, Wolken und Rauch durch den Kopf schossen.
Niccolò Machiavelli blieb auf der Treppe stehen und holte tief Luft. »Meine Leute haben die gesamte Gegend umstellt«, sagte er und kam langsam weiter herauf. Er war schon leicht außer Atem und sein Herz hämmerte. Er musste endlich wieder anfangen, etwas für seine Kondition zu tun.
Die Wachstulpa zu erschaffen, hatte ihn ausgelaugt. Er hatte noch nie eine so große Tulpa gemacht und noch nie vom Rücksitz eines Wagens aus, der durch die engen, gewundenen Gassen von Montmartre jagte. Es war keine elegante Lösung gewesen, aber es war ja nur darum gegangen, Flamel und seine Begleiter in der Kirche festzuhalten, bis er da war. Und das war ihm gelungen. Jetzt war die Kirche umstellt, weitere Gendarmen waren unterwegs und er hatte sämtliche verfügbaren Agenten der Geheimpolizei herbeordert. Als Kopf der DGSE kannte seine Macht praktisch keine Grenzen und so hatte er vorsorglich auch eine Nachrichtensperre verhängt. Normalerweise war er stolz darauf, seine Gefühle vollkommen unter Kontrolle zu haben; jetzt musste er allerdings zugeben, dass er ziemlich aufgeregt war. Nicht mehr lange, und er hatte Nicholas Flamel, Scathach und die beiden Kinder in seiner Gewalt. Er würde triumphieren, wo Dee versagt hatte.
Später würde er durch jemanden in seiner Abteilung eine Geschichte an die Presse durchsickern lassen. Eine Geschichte von Dieben, die beim Versuch, in das nationale Monument ein zubrechen, festgenommen worden waren. Kurz vor dem Morgengrauen – gerade rechtzeitig für die ersten Nachrichten – würde er eine zweite Geschichte in die Welt setzen, die davon erzählte, wie die
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