Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
packte einen der hölzernen Klappstühle, die vor dem Andenken-Verkaufsstand im hinteren Teil der Kirche aufgestapelt waren. Er hielt den Stuhl an zwei Beinen und schwang ihn gegen die Brust der Kreatur – wo er stecken blieb. Als die Wachsgestalt sich Josh zuwandte, wurde dem Jungen der Stuhl aus den Händen gerissen. Er packte den nächsten, rannte um die Kreatur herum und schlug von hinten auf sie ein. Der Stuhl zerbrach auf ihren Schultern, und die Holzsplitter, die sich zur Hälfte in sie hineingebohrt hatten, ragten wie Stachelschwein-stacheln heraus.
Sophie stand stocksteif da. Verzweifelt versuchte sie, sich an ein paar Zauber der Luftmagie zu erinnern, die die Hexe von Endor ihr doch erst vor wenigen Stunden beigebracht hatte. Die Hexe hatte gesagt, dieser Zweig der Elementemagie sei von allen der stärkste – und Sophie hatte selbst gesehen, was sie in Ojai mit Dees Armee der Untoten gemacht hatte. Doch im Moment hatte sie leider nicht die geringste Ahnung, was gegen das Wachsmonster vor ihr funktionieren könnte. Sie wusste, wie man einen kleinen Wirbelsturm erzeugt, aber im Innenraum der Basilika konnte sie das nicht wagen.
»Nicholas!«, rief Scatty. Da ihre Schwerter in dem Wachsmann steckten, hatte die Kriegerin ihr Nunchaku-Set hervorgeholt – zwei durch eine kurze Kette miteinander verbundene Holzstäbe – und griff jetzt damit an. Die Stäbe hinterließen tiefe Dellen im Wachs, etwas anderes bewirkten sie aber offenbar nicht. Ein besonders kraftvoll ausgeführter Schlag ließ das polierte Holz des einen Stabes in der Seite des Ungeheuers versinken. Als die Wachskreatur sich Josh zuwandte, wurde Scatty der zweite Holzstab aus der Hand gerissen und sie drehte sich ein paar Mal um sich selbst.
Eine Hand, an der alle Finger bis auf den Daumen miteinander verbunden waren, sodass sie aussah wie der Fäustling eines Riesen, packte Josh an der Schulter und drückte zu. Der Schmerz war unvorstellbar und zwang ihn sofort in die Knie.
»Josh!«, rief Sophie, und ihr Schrei hallte als Echo von den Wänden der gewaltigen Kirche wider.
Josh versuchte, die Hand wegzuschieben, doch das Wachs war zu glatt und seine Finger versanken in der weißen Masse. Warmes Wachs begann, aus der Hand der Kreatur zu fließen, legte sich um seine Schulter und floss hinunter auf seine Brust. Er bekam kaum noch Luft.
»Josh, duck dich!«
Sophie packte einen der Holzstühle und ließ ihn durch die Luft sausen. Er pfiff so dicht über den Kopf ihres Bruders hinweg, dass der Luftstrom seine Haare erfasste. Dann drosch Sophie den Stuhl mit aller Kraft – Kante voraus – auf den dicken Wachsarm, genau an die Stelle, an der ein Ellbogen hätte sein sollen. Der Stuhl fuhr bis zur Hälfte in den Arm und blieb dort wirkungslos stecken, aber zumindest lenkte der Angriff das Wachswesen ab und es gab Josh frei. Auf dem Boden kniend und überzogen mit einer Schicht Kerzenwachs, rang Josh nach Luft. Entsetzt sah er, wie zwei gallertartige Hände nach dem Hals seiner Schwester griffen.
In Panik schrie Sophie auf.
Josh sah, wie ihre Augen flackerten und zu silbernen Scheiben wurden. Kurz bevor die Pranken des Ungeheuers sie berührten, loderte ihre Aura weißglühend auf. Die Wachshände schmolzen und tropften auf den Boden. Sophie spreizte die Finger und drückte ihre Hände gegen die Brust des Monsters. Unter Zischen und Brutzeln versanken sie in der wächsernen Masse.
Josh, der nicht weit von Flamel entfernt auf dem Boden kauerte, hatte die Hände vors Gesicht gerissen, um seine Augen vor dem gleißenden silbernen Licht zu schützen. Durch die Finger hindurch sah er nun, wie seine Schwester noch dichter an das Wachswesen herantrat, die Aura so hell, dass es schmerzte. Eine Hitze, die für ihn nicht zu spüren war, ließ die Kreatur schmelzen und vor Sophie zusammensacken. Als das Wachs schließlich flüssig wurde und auf den Boden klatschte, fielen auch Scathachs Schwerter und das Nunchaku polternd auf den Steinboden. Nur Sekunden später folgten die Stühle beziehungsweise das, was von ihnen noch übrig war.
Sophies Aura flackerte und sie schwankte, und sofort war Josh auf den Beinen und an ihrer Seite, um sie festzuhalten.
»Mir ist schwindelig«, sagte sie mit schwerer Zunge, als sie wachsbeschmiert in seine Arme sank. Sie war kaum noch bei Bewusstsein und fühlte sich eiskalt an. Der normalerweise süße Vanilleduft ihrer Aura roch jetzt sauer.
Scatty kam angelaufen, um ihre Waffen vor dem Wachsklumpen zu retten, der jetzt
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