Nicht ganz sauber
war ich mindestens einmal einen Beitrag oder eine Einladung wert.
Ich würde mich immer noch nicht einen Medienprofi nennen, aber mit der zunehmenden Anzahl an Auftritten gewann ich mehr und mehr an Selbstbewusstsein und hatte nicht mehr länger das Gefühl, vor jeder Sendung in Ohnmacht fallen zu müssen. Es stellte sich eine gewisse Routine ein. Vor allem was die Fragen anging. Bei nahezu jeder Sendung und jedem Interview war die erste Frage »Was findet man unter deutschen Betten?«. Zu Beginn versuchte ich noch zu variieren mit meinen Antworten. Aber nach einer Weile war ich so eingespielt, dass ich, sobald ich ein Was und deutschen und Betten hörte, intuitiv schon zu meiner Standardantwort griff und drauflosredete.
»Unter deutschen Betten findet man so ziemlich alles, von der Pizzakruste bis zum gebrauchten Tampon.«
Ein- oder zweimal kam es sogar vor, dass ich entgegnete, diese oder jene Frage hätte er oder sie doch vorhin schon gestellt, um dann zu merken, dass ich die Interviewer miteinander verwechselte. Das passierte mir vor allem bei Telefonterminen. Davon hatte ich so an die achtzig. Vier bis sechs am Tag. An einem gewissen Punkt wusste ich gar nicht mehr, welche Zeitung oder welche Radio- beziehungsweise TV-Station ich gerade in der Leitung hatte.
Natürlich gab es auch besondere Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Aber dazu später mehr.
Erst einmal zurück zum Fernsehen.
Einen der schönsten Auftritte hatte ich bei einem öffentlich-rechtlichen Sender in Ostdeutschland. Es war ein ganz besonderer Tag. Ich rechnete damit, wie sonst auch die üblichen Fragen zu meiner Person, meinem Beruf und dem Buch gestellt zu bekommen. Daher war ich auch nicht aufgeregter als sonst. Aber was mir an diesem Tag widerfuhr, machte unerwartet viel Spaß.
Nicht nur, dass alle Menschen dort sehr locker und nett waren. Sie hatten sich auch etwas Außergewöhnliches ausgedacht. Ich war zunächst etwas skeptisch, als mir nach Ankunft im Studio gesagt wurde, sie hätten einen männlichen Kollegen eingeladen, einen Putzmann. Mein erster Gedanke war:
Oje, die wollen dir jemand an die Seite stellen, der dich als schlechte Putzfrau dastehen lässt. Jemand, der dich an die Wand und von der Bühne putzt …
Doch da war ich glücklicherweise im Irrtum. Die ganze Sendung war eigentlich gar kein Interview. Vielmehr unterhielten sich der Moderator, der Putzmann und ich, die Putzfrau, über unsere Arbeit. Wir scherzten, wir lachten, es war unbeschwert und wirklich witzig. In manchen Momenten vergaß ich sogar, dass Kameras uns filmten und wir live im TV zu sehen waren.
Der Höhepunkt unseres Auftritts war eine Bügelvorführung. Dabei musste mein Kollege Hemden bügeln. Ich war die Jury und sollte danach seine Arbeit beurteilen. Es war eine ungewohnte Rolle für mich, aber es hat riesigen Spaß gemacht. Er war übrigens gar nicht schlecht …
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht fuhr ich nach meinem Auftritt wieder nach Hause.
Ganz ohne gemischte Gefühle.
Ich ließ diesen Tag auch nicht hinter mir, sondern versuche, mich noch heute immer wieder an ihn zu erinnern und mich daran zu erfreuen.
Das passiert meistens, wenn ich bügle …
Justyna, um Himmels willen, Sie sind im Fernsehen!
N icht alle Fernsehauftritte verliefen so reibungslos wie der in Ostdeutschland.
Ein Privatsender mit Sitz in Köln plante einen Beitrag über mich und das Buch für seine Boulevardmagazine. Da es zwei verschiedene solche Formate gibt, eines am Mittag und das zweite am frühen Abend, beschloss der Sender, den Bericht über die schreibende Putzfrau in beiden Sendungen am selben Tag zu zeigen.
So kam es, dass ein Filmteam nebst verantwortlicher Redakteurin aus Köln zu mir ins Rhein-Main-Gebiet kam, um mich bei der Arbeit zu filmen.
Da ich keine der Wohnungen oder Häuser meiner Kunden als Drehort missbrauchen konnte und wollte und Angst hatte, das Team bei mir zu Hause zu empfangen, trafen wir uns bei einer polnischen Freundin von mir, die ich schon seit ein paar Jahren kenne und die nur ein paar Kilometer von mir entfernt wohnt.
Gleich zu Beginn, als ich sah, wie viel verschiedene Stücke an Ausrüstung die Leute in die Wohnung meiner Freundin schleppten, bekam ich ein schlechtes Gewissen. Scheinwerfer, Kabeltrommeln, Abblendschirme, ich kam mir vor wie in einem Filmstudio. Sie war zwar selber nicht zu Hause, da sie arbeiten musste an diesem Tag, aber der Gedanke,
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