Nicht ganz sauber
bis heute auch bin. Alle meine damaligen Arbeitgeber wissen von dem Buch.
Nur einer Familie, den »Promis«, hatte ich es nicht gesagt, aber rechtzeitig vor Veröffentlichung die Stelle gekündigt. Zu ihnen komme ich aber noch später.
Und so bügelte ich an diesem Tag die Sachen von Frau Winkler zu Ende, schweißgebadet und mit wackeligen Knien.
Paparazzi
D ass Menschen neuerdings Interesse an mir zeigten, freute mich. Dass einige Damen und Herren von der Presse es sich jedoch zur Aufgabe machten herauszufinden, wer hinter Justyna Polanska steckt, nervte mich.
Noch vor zwei Jahren hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir gesagt hätte, ich würde irgendwann einmal in meinem Leben Interviews hinter Papierwänden geben, Perücken tragen und falsche Namen bei der Buchung von Hotels angeben müssen. Doch die Wahrung meiner Identität und der meiner Familie und Kunden bedeutet mir alles. Das soll nicht heißen, dass ich nicht zu meiner Arbeit stehe, aber im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit eröffnen sich bei einer eventuellen Enttarnung zahlreiche Probleme, angefangen mit der Schwarzarbeit und den rechtlichen Konsequenzen für meine Kunden.
Viele Journalisten riefen beim Verlag an und forderten die Preisgabe meines wahren Namens. Als dieses Vorhaben scheiterte, wollten einige sogar ganz schlau sein. Sie riefen ein erneutes Mal unter einem falschen Namen an, sagten, sie wären Verwandte oder Freunde von mir, hätten aber leider meine neue Handynummer nicht. Jedoch wäre es vollkommen okay, dass der Verlag sie ihnen geben könne …
Andere versuchten mich selbst auszutricksen, während ich ihnen am Telefon Interviews gab. Manche gaben vor, sie müssten das Gespräch kurz unterbrechen, würden mich aber gleich wieder zurückrufen.
»Geben Sie mir doch rasch Ihre Nummer, dann melde ich mich gleich wieder bei Ihnen.«
»Nein, ich rufe Sie noch einmal an. Sagen Sie mir nur, wann.«
»Aber Fräulein Justyna, Sie haben mich doch gerade eh schon angerufen, daher habe ich Ihre Nummer doch schon längst auf dem Display.«
»Nein, haben Sie nicht. Meine Rufnummer ist unterdrückt. Also geben Sie sich keine Mühe.«
»Also, dass Sie so gar kein Vertrauen haben …«
»Ich habe Vertrauen, in meine Intuition. Daher ist das Interview beendet.«
»…«
So oder so ähnlich lief es oft ab, wenn ich Telefoninterviews gab. Diese Szenen erinnerten mich an Krimis, die ich im Fernsehen oder im Kino gesehen hatte. Ich dachte dabei an die Möglichkeit, dass einige von ihnen Fangschaltungen einsetzen würden, um meine genaue Position herauszufinden.
Nun übertreib mal nicht, Justyna. Das hier ist kein Film. Und so wichtig bist du auch wieder nicht.
Ich erinnere mich an einen speziellen Fall. Da war dieser Journalist einer schwäbischen Tageszeitung. Ich persönlich habe nie mit ihm gesprochen, sondern meine »Verbündete« von der Pressestelle meines Verlages. Er rief bei ihr an und gab sich nicht einmal ansatzweise die Mühe, sich zu verstellen. Von Anfang an ging er in die Offensive. Er stellte sich vor und forderte im Anschluss daran die sofortige Aufdeckung meiner wahren Identität. Es sei illegal, dass so eine schwarzarbeitende Putzfrau nicht automatisch der Polizei gemeldet würde. Das wolle er nun übernehmen und alle Hebel in Bewegung setzen, um herauszufinden, wer ich sei und wo ich mich aufhielt. Als die Dame von der Pressestelle sich weigerte, meine Daten herauszugeben, wurde er richtig laut. Sagte, was für eine Unverschämtheit es wäre, jemandem wie mir eine Plattform zu geben, und dass er mich finden und fertigmachen würde. Damit knallte er den Hörer auf.
Ich war fassungslos, als ich die Geschichte hörte. Warum wollte er mich so fertigmachen? Was war sein Problem? Dass ich schwarzarbeitete? Dann hätte er sehr viel zu tun in Deutschland, denn soweit mir bekannt ist, sind die wenigsten Putzfrauen angemeldet. Ich selbst habe erst seit einem Jahr das Glück, nun nur noch angemeldete Stellen zu haben, außer eine (auch dazu später mehr). Aber das war schwer genug. Meine Auftraggeber verlangten die Schwarzarbeit in den meisten Fällen. Viele haben selbst Schwarzgeld, das sie unterbringen wollen. Andere wollen den bürokratischen Aufwand einer Festanstellung nicht oder möchten einfach weniger bezahlen.
Ich frage mich also schon, was so ein Moralapostel eigentlich denkt, wenn er »die Putzfrau fertigmachen« will. Die vielen Journalisten,
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