Nicht lecker, aber Weltrekord
könnte er sich mit den eben erlangten Referenzen vielleicht ins Bärengehege einschleichen und wäre damit seinem persönlichen Traum vom naturverbundenen Frührentnerdasein ein ganzes Stück näher.
»Neeeiiin, ich meine das mit dem Okapi-Reiher. Der fliegt, wohin er will«, erläutere ich ihm.
Mein Freund klaubt sich eine Handvoll Beeren aus dem Nachbarstrauch und sagt: »Also, wenn ich ein Vöglein wär, dann würde ich ja wohl auch dahin fliegen, wo ich will.«
Ich sehe mich gezwungen, mein Fachwissen über die Vogelwelt auszubreiten.
»Manche Vögel können das aber nicht. Kanadagänse zum Beispiel. Die müssen immer zu einem bestimmten Termin dieselbe Route fliegen, bis in den Süden. Das ist genetisch bei denen. Die müssen sogar eine Woche Pause in Viersen bei Mönchengladbach machen, hab ich mal gelesen.«
»Das ist ja blöd. Wenn du nicht fliegen kannst, wohin du willst, da kannst du ja gleich als Saftschubse bei Germanwings anfangen.«
»Stimmt. Und die armen Pinguine erst. Die können gar nicht fliegen.«
»Na, besser als jedes Jahr eine Woche nach Viersen zu müssen.«
»Da hast du recht. Apropos: Wollen wir mal aus dem Busch raus, die Pinguine besuchen?«
»Meinetwegen. Sind die denn wach?«
»Müssen sie ja. Die kommen doch vom Südpol, da ist doch jetzt Sommer, oder nicht?«
»Ach ja, klar. Wir könnten aber auch alternativ einen Kakao trinken gehen. Wir sind ja heute nicht wegen der Tiere im Zoo, sondern wegen der Romantik.«
»Findest du Kakao etwa romantischer als Pinguine?«
»Kommt darauf an. Wenn die Pinguine auch nur pennen oder wegen der Zeitumstellung nach Viersen geschwommen sind, finde ich Kakao wesentlich romantischer als ein leeres Becken«, erwidert mein Freund.
»Ehrlich gesagt, ich auch. Wird auch langsam schon dunkel.«
»Ja, da könnte man eh nur noch die Vorderseite von den Pinguinen sehen. Das lohnt ja nicht.«
»Ja, das wäre wieder so eine halbe Sache. Aber ich fand es sehr schön, bisher, unser Date im Zoo.«
»Ich auch. Weißt du, wie wir wieder aus diesem Busch rauskommen?«
»Klar. Wir beißen uns durch«, schlage ich vor. »Wir beißen uns durch. Wie immer.«
Informationen zum Buch
Die Kabarettistin, Entertainerin und Poetry-Slammerin Katinka Buddenkotte hat mal wieder ganz genau hingesehen und lässt uns teilhaben, zum Beispiel an dem sonntäglichen Telefonmarathon mit ihrer Schwester, den leidvollen Erfahrungen mit Mitfahrgelegenheiten, an dem kläglichen Versuch, Ferien in Litauen zu machen, und dem einst so friedvollen Zusammenleben einer Männer-WG.
Vierzehn brandneue, charmant-ätzende und politisch nicht unbedingt korrekte Betrachtungen über das Leben an sich und im Besonderen.
Informationen zur Autorin
Katinka Buddenkotte , Jahrgang 1976, lehrte lange die Betreiber von Call-Centern, Jugendherbergen und Messeständen das Fürchten. Nach einem Intermezzo als Werbetexterin lebt sie mittlerweile als freie Autorin, Vorleserin und Poetry-Slammerin in Köln. Ihre ersten beiden Bücher ›Ich hatte sie alle‹ ( dtv 21156, 2009) und ›Mit leerer Bluse spricht man nicht‹ ( dtv 21230, 2010) erreichten Kultstatus.
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