Nicht lecker, aber Weltrekord
dematerialisiert‹«, weihe ich sie in die Grundregeln des Kultes ein, aber natürlich weiß sie es besser.
»Wie kann man sich so in einen Typen reinsteigern, der bloß ein bisschen rumgesungen hat? Hat der überhaupt gedient?«
Eine alte Lady in unbeschreiblich gemusterten Shorts dreht sich zu uns um: »Aber selbstverständlich, Liebes. Er war in Deutschland stationiert.«
Carol lacht schallend.
»Haha, Elvis hat Hitler geschlagen! Er hat euch den Arsch versohlt, im Zweiten Weltkrieg, und jetzt stehst du hier in der Schlange und musst Geld zahlen, um sein Grab zu sehen. Das nennt man wohl Ironie des Schicksals, was?«, giggelt sie und boxt mich in die Seite.
Carol hat mal beiläufig erwähnt, dass sie bei der Armee dauernd irgendwelche Impfungen erhalten hätten, von denen keiner der sogenannten Ärzte mit Sicherheit sagen konnte, welche Art von Antikörper die Spritzen tatsächlich enthielten. Es muss etwas gewesen sein, was das Hirn davon abhält, eine Verbindung mit dem Rückenmark einzugehen.
»Elvis hat nicht gegen Hitler gekämpft«, versuche ich die Geschichte zu erklären.
Ein junger Vater in Jeansweste unterstützt mich: »Sie hat recht. Er ist nie so nah rangekommen an den Bastard. Aber wenn, dann hätte Hitler keine Chance gehabt. Der Typ war Vegetarier, wenn du weißt, was ich meine.«
Obwohl alle wissen, was er meint, versuche ich, die Sache ins rechte Licht zu rücken. Es gelingt mir besser, als ich gedacht habe.
»Elvis hätte nie gegen Hitler gewonnen, weil …«
»Sind Sie Nazi?«, erkundigt sich eine alte Frau zu meiner Linken, und ich beginne zu schwitzen.
»Sie ist Deutsche«, petzt Carol und gackert.
Die anderen finden das nicht so komisch. Ich versuche zu retten, was ich kann.
»Es gibt doch gar keine Nazis mehr!«, stottere ich, aber ein klug aussehender Mann mit Nickelbrille schüttelt den Kopf.
»Natürlich gibt es noch Nazis. Der ganze Osten Deutschlands ist voll von Neo-Nazis, das wollen Sie doch besser nicht leugnen, oder, Frollein ?«
Alle starren mich an, Carol klärt die Lage.
»Sie ist kein Nazi, Leute. Sie kann nicht mal Auto fahren.«
Eine spürbare Erleichterung macht sich bei den Umstehenden breit.
»Oh, ach so ist das«, entschuldigt sich der Mann mit der Nickelbrille bei Carol, »das wusste ich nicht. Das ist eine schöne Aufgabe, die du da erfüllst, junge Lady. Es ist nett, wenn man ganz besonderen Menschen ganz besondere Ausflüge ermöglicht.«
Die alte Dame mit den Shorts springt an mir hoch, um meine Wange zu streicheln. Carol amüsiert sich prächtig, ich flippe aus.
»Hallo, denkt doch mal nach! Wann ist Elvis gestorben?«, rufe ich.
Die eine Hälfte der Leute kreischt: »Der King lebt«, aber die Streber schreien: »Am 16. August 1977!«
»Richtig«, stelle ich erfreut fest und klatsche in die Hände, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Die alte Dame flüstert Carol zu: »Sollte sie nicht lieber einen Helm tragen, hinterher tut sie sich noch weh.«
Ich fahre unbeirrt fort: »Weiß jemand von euch, wann Hitler gestorben ist?«
Nur einer ruft: »Der King lebt!«, der Rest versucht es mit Raten: »Nun ja, so gegen Ende des Krieges, nicht?«
»Ja, es muss so zu der Zeit gewesen sein, dass er sich umgebracht hat.«
»Es war 1945!«
»Genau«, rufe ich und füge noch »Tada!« hinzu, aber alle zucken mit den Schultern.
»Was soll das jetzt beweisen?«, fragt ausgerechnet Carol, und der Typ mit der Jeansweste tätschelt meine Schulter.
»Ich weiß, was du sagen willst, und wir alle wünschten, es wäre so gewesen. Aber es gab keinen Kampf zwischen Elvis und Hitler. Er hat ihn nicht getötet, sosehr wir uns es auch wünschen. Aber höre nie auf zu träumen …«
Jetzt hilft nur noch schreien: »Elvis war erst in Deutschland stationiert, als der Zweite Weltkrieg schön längst vorbei war!«
Ich blicke in erstaunte Gesichter, hinter einigen Stirnen scheint tatsächlich so etwas wie ein Nachrechnen vorzugehen.
»Ah, Miss …«, erkundigt sich die Jeansweste, »wennHitler schon tot war, als der King nach Deutschland kam, in welchem Krieg hat er dann gekämpft?«
Carol fällt auf, dass sie schon seit über einer Minute nicht mehr der Mittelpunkt des Geschehens ist, und sagt, was sie immer vor einer Bande Volltrottel sagt, wenn sie diesen Zustand ändern will: »Ich war im Irak.«
Ein Raunen der Bewunderung geht durch die Menge.
»Da wäre Elvis auch dabei gewesen.«
»Genau, es war ja nicht seine Schuld, dass gerade kein Krieg
Weitere Kostenlose Bücher