Nicht ohne Risiko (German Edition)
stehen und wandte sich dem Mann zu. Sein Fuß berührte fast ihre Handtasche, und Emilys Handflächen wurden feucht.
„Schaff Delmore rauf!“, befahl Marino. „Gleich werden wir wissen, ob er noch ein anderes Funkgerät an Bord hat.“
Er trat zurück und streifte dabei mit dem Fuß die Handtasche.
Emily spürte, wie ihr das Herz in der Brust stockte.
Marino schaute zu Boden und entdeckte die Handtasche.
Gib ihr einen Fußtritt, schubs sie einfach zur Seite, flehte Emily schweigend. Heb sie nicht auf.
Er bückte sich und hob die Handtasche auf.
„Oh Mann, das Ding wiegt ja eine Tonne. Was haben Sie denn da drin?“, fragte er Emily. „Eine Bowlingkugel?“
Ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Sie brachte keinen Ton heraus und schüttelte den Kopf. Bitte, Gott, lass ihn nicht hineinschauen …
„Sie werden sich das hübsche Näschen verbrennen“, sagte er. An seinem spöttischen Tonfall erkannte sie, dass er mit ihr spielte. Er wollte, dass sie sich wand, und sich an ihren Qualen weiden. „Sie sollten Sonnenschutzcreme auflegen.“
Emily konnte weder antworten noch sich bewegen. „Haben Sie Sonnencreme da drin?“, fragte er und öffnete die Tasche. „Oh Mann, Sie haben Ihren ganzen Hausstand da drin, nicht wahr?“
Das war’s. Das Spiel war vorbei. Gleich würde er den Peilsender finden und sie umbringen.
„Ah ja, da haben wir sie ja. Ganz oben“, sagte Marino, fischte eine Tube Sonnenschutzcreme Faktor 35 aus ihrer Handtasche und wedelte damit vor ihrer Nase herum. Er ließ die Tube in die Tasche zurückgleiten, zog den Reißverschluss zu und warf ihr die Handtasche zu.
Instinktiv streckte Emily die Hände aus, um die Tasche aufzufangen. Aber sie wollte sie ja gar nicht fangen. Sie wollte sie nicht auf dem Boot haben. Also griff sie absichtlich daneben, und die Tasche – samt Peilsender– ging über Bord und versank in den dunkelblauen Fluten des Golfs.
„Verdammt“, murrte Marino verärgert. „Hat Ihnen nie jemand beigebracht, einen Ball zu fangen?“
Emily starrte aufs Wasser. Die Handtasche war bereits untergegangen und nicht mehr zu sehen.
Jetzt würde Vincent Marino den Peilsender nie finden.
Allerdings: Ohne den Peilsender würden auch Jim und Felipe sie vermutlich nie finden.
„Kommt schon, Beeilung!“ Jim nahm Felipe einen Teil der Ausrüstung ab und scheuchte seinen Partner und die beiden anderen Detectives auf das schlanke weiße Schnellboot.
Er gab Gas und jagte in solchem Tempo vom Anleger fort, dass andere Bootseigner ihm wütend mit den Fäusten drohten.
„Wie bist du an diese flotte Kiste gekommen?“, rief Felipe, um das Dröhnen der mächtigen Schrauben zu übertönen.
Jim setzte seine Sonnenbrille auf, umrundete die Boje, die die Hafenausfahrt kennzeichnete, und rief gelassen zurück: „Kurzgeschlossen!“
„Du hast sie geklaut ?“
„Beschlagnahmt. Für einen wichtigen Polizeieinsatz.“
„Wie auch immer du es nennst: Was du getan ist, ist illegal. Ich müsste dich eigentlich dafür verhaften, Kumpel.“
„Geh lieber runter und sorg dafür, dass Winstead und Harper die Ausrüstung schnell einsatzbereit kriegen.“
Felipe war schon auf der Treppe nach unten, da steckte Winstead seinen Kopf aus dem Unterdeck. „Schätze, wir haben ein Problem“, verkündete er. „Der Peilsender ist soeben verstummt.“
Jim packte das Steuer fester, seine Knöchel verfärbten sich weiß. „Phil, geh du ans Steuer“, bat er und nahm das Gas zurück. Das Boot flog immer noch übers Wasser, aber nicht mehr mit der halsbrecherischen Geschwindigkeit wie zuvor, und der Motor dröhnte deutlich leiser.
„Forderst du einen Hubschrauber an?“, fragte Felipe, als er Jims Platz am Steuer einnahm.
Jim nickte kurz. „Ich sorge dafür, dass einer aufgewärmt wird, damit er sofort starten kann, wenn wir ihn brauchen.“
„Wenn du schon ans Funkgerät gehst“, bat Felipe und spähte mit zusammengekniffenen Augen über das gleißende Wasser, „frag, ob jemand aus dem Krankenhaus angerufenhat. Ob es was Neues gibt wegen Jewel.“
Jim hatte Jewel fast vergessen. Er nickte noch einmal, legte kurz seine Hand auf Felipes Schulter und ging dann nach unten.
Winstead und Harper trugen beide Kopfhörer und lauschten angespannt der Unterhaltung, die von Emilys Mikro übertragen wurde.
Winstead sah auf, als Jim eintrat, und reichte ihm ebenfalls einen Kopfhörer. „Sie haben das zweite Boot getroffen“, berichtete er. „Vincent Marino und diese Kerle sind offenbar alte
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