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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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wahre Ursache. Als ich zu ungewohnter Stunde das Haus verließ, sah ich einen minderjährigen Angler, den Sohn der im Nebenhaus lebenden Familie Ziegler, wie er mit zwei zarten Fingern in den Schlitz meines Briefkastens fuhr und gleich auf den ersten Griff drei oder vier Briefe hervorzog. Bei meinem Anblick ergriff er die Flucht.
    Ich begab mich ebenso schnurstracks wie wutschnaubend zu Herrn Ziegler, der bereits an der Schwelle seines Hauses stand.
    »Was los?« fragte er.
    »Herr!« schleuderte ich ihm entgegen, »Ihr Sohn stiehlt meine Briefe!«
    »Er stiehlt keine Briefe. Er sammelt Briefmarken.«
    »Wie bitte?«
    »Hören Sie«, holte Herr Ziegler aus. »Ich lebe mit Gottes Hilfe seit dreiunddreißig Jahren in diesem Land und habe einiges geleistet, wovon nur sehr wenige Menschen wissen, darunter ein paar Minister. Ich spreche aus Erfahrung. Und ich sage Ihnen: heutzutage ist es nicht mehr der Mühe wert, Briefe zu bekommen.«
    »Und wenn einmal ein wichtiger Brief dabei ist?«
    »Wichtig? Was ist schon wichtig? Ist die Steuervorschreibung wichtig? Ist eine Gerichtsvorladung wichtig? Ist es wichtig, was Ihre amerikanischen Verwandten Ihnen schreiben? Glauben Sie mir: es gibt keine wichtigen Briefe.«
    »Entschuldigen Sie, aber –«
    »Mein Bruder war Karate-Trainer in der Armee und bekam plötzlich einen Brief mit der Nachricht, daß er als Gesandter nach Sansibar zu gehen hätte. Er gab ein Vermögen für eine neue Garderobe aus und las eine Menge Bücher, um sich über seinen neuen Wirkungsbereich zu informieren. Nach einer Woche stellte sich heraus, daß es sich um einen Irrtum handelte, und jetzt arbeitet er als Rausschmeißer in der ›Sansi-Bar‹. Nur damit Sie wissen, was ein wichtiger Brief ist, Herr.«
    »Wichtig oder nicht – ich möchte die an mich gerichteten Briefe ganz gerne lesen. Okay?«
    »Okay. Ich werde meinen Sohn zu überreden trachten, daß er nur die Marken behält und Ihnen die wichtigen Briefe zurückgibt.«
    »Vielen herzlichen Dank. Darf ich Ihrem Herrn Sohn einen Schlüssel zu meinem Postkasten überreichen?«
    »Wozu? Der Bub soll nur schön lernen, wie man Marken sammelt.«
    Damit war der philatelistische Privatdienst zwischen mir und Ziegler junior offiziell eröffnet.
    Hiermit ersuche ich meine sämtlichen Korrespondenzpartner, vor allem die ausländischen, ihre Briefe mit besonders schönen Marken zu frankieren; sie haben dann eine größere Chance, mich zu erreichen.
     

Aus Neu mach Alt
     
     
    Im Lande Israel – und unsere Touristen-Propaganda sorgt dafür, daß man das weiß – erinnert jeder Hügel, jeder Felsen, jeder Fußbreit Boden an unsere große biblische Vergangenheit. Wir stehen auf dem historischen Grund unserer Vorväter. Leider sitzen wir zugleich auf den modernen Rohrmöbeln unserer Nachkommen.
     
    Es begann mit Chassia. Chassia ist eine Freundin meiner Frau und jagt nach Antiquitäten. Eines schwarzen Tages gingen sie mitsammen aus, und als sie nach Hause kamen, war es geschehen.
    In der Mitte unseres Speisezimmers steht ein wunderschöner, moderner, aus Dänemark, dem Land der geschmackvollsten Möbel, importierter Speisezimmertisch. Nach diesem trat mein kleiner Liebling mit dem Fuße, was unverkennbar eine Regung des Abscheus bedeutete. »Grauenhaft. Von einer nicht zu überbietenden Geschmacklosigkeit. Kein Vergleich mit antiken Möbeln, wie sie bei kultivierten Menschen gang und gäbe sind. Ab heute werden antike Möbel gekauft.«
    »Weib«, gab ich zurück, »was ficht dich an? Was fehlt dir in unserer Wohnung?«
    »Atmosphäre«, sagte sie.
    Am nächsten Tag zog sie mit Chassia los und brachte einen niedrigen Sessel angeschleppt, der statt einer Sitzfläche eine Art Anti-Sitz aus dünnen Stricken aufwies. Es war, Chassia zufolge, ein »ländliches Originalstück« und ein Gelegenheitskauf. Trotzdem wollte ich wissen, wozu es dienen sollte.
    »Zu Dekorationszwecken«, belehrte mich meine Ehefrau.
    »Ich werde einen Toilettentisch daraus machen.«
    Den Gelegenheitskauf verdankte sie Wexler. Es gibt in unserem Land insgesamt drei fachmännisch geschulte Antiquitätenhändler: Wexler, Joseph Azizao und den jungen Bendori in Jaffa, der zugleich ein fachmännischer Restaurator ist, das heißt: er verwandelt neue Möbelstücke fachmännisch in alte. Diese Großen Drei herrschen eisern und unerbittlich über die achtundzwanzig annähernd echten Stücke, die in Israel von Hand zu Hand und von Antiquitätenhändler zu Antiquitätenhändler gehen. Denn

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