Nichts als Knochen
ist.«
»Ist schon im Anmarsch«, entgegnete Michael, »da vorne kommt er. Hat wohl 'ne Weile gedauert, ihn aus dem Bett zu klingeln.«
»Wer könnte ihm das verdenken«, murmelte Rebecca und winkte dem Gerichtsmediziner, der sich gerade aus seinem Auto quälte, müde zu. Dann ging sie weiter nach hinten und betrat das Führerhaus. Eine viertel Stunde später kam sie wieder heraus, lehnte sich neben Warncke gegen die Reling und starrte einige Sekunden lang auf das nachtschwarze Wasser des Rheins, das schnell unter ihnen vorbeifloss.
»Und, mehr Erfolg gehabt?« Warncke sah sie von der Seite her fragend an.
Rebecca schüttelte den Kopf.
»Keine Chance. Deren Deutsch ist fast so schlecht wie mein Holländisch. Und ich dachte immer, jeder Holländer spricht Deutsch.«
»Gilt wahrscheinlich nur für das Grenzland und die Urlaubsgebiete. Aber die beiden kommen nun mal aus Rotterdam.«
»Immerhin konnte ich ihnen klar machen, dass sie morgen um zehn ins Präsidium kommen sollen. Ich hoffe, dann einen Dolmetscher da zu haben.«
»Sie haben Dolmetscher im Präsidium?«, fragte Warncke verblüfft.
»Nein, aber ein Kollege von mir ist gebürtiger Belgier. Der wird wohl in der Lage sein, die zwei zu verhören. Haben Sie die Personalien aufgenommen?«
»Ja, sicher. Pieter und Lucas de Cuijper aus Rotterdam. Hier.«
Warncke reichte ihr einen zusammengefalteten Zettel, den sie in ihre Jackentasche steckte.
»Ich werd mal nachsehen, wie weit die anderen bei der Leiche sind.«
Rebecca hob grüßend die Hand und ging zurück zum Bug. Als sie die Leiter hinaufkam, packte Michael gerade seine Sachen zusammen, und Rudolf begann, die Leiche zu untersuchen.
»Wie sieht's aus«, wandte Rebecca sich an Michael, »irgendwas gefunden?«
Er zuckte die Achseln und erhob sich.
»Wenig. Keine Haare, kein Blut, und auf seiner Jacke befinden sich sämtliche Spuren von mindestens zehn Jahren Pennerleben. Damit werden wir wohl kaum etwas anfangen können. Unter seinen Fingernägeln hat sich eine ganze Menge angesammelt. Vielleicht findet sich da ja was Brauchbares. Ich werd's im Labor untersuchen und dir das Ergebnis morgen mitteilen. Außerdem sieht sich ein Kollege von mir gerade auf der Hohenzollernbrücke um. Möglicherweise gibt es da ja Spuren eines Kampfes. Bisher hat der Täter jedenfalls nicht viel hinterlassen, was uns zu ihm führen könnte. Falls der Mann überhaupt ermordet wurde, heißt das.«
»Verstehe. Hatte er einen Ausweis oder sonst etwas dabei, was uns Auskunft über seine Identität geben könnte?«
»Nein, nichts dergleichen. Ich nehme nicht an, dass ein Personalausweis bei einem Obdachlosen ganz oben auf der Prioritätenliste steht. Aber vielleicht hat der Mörder ihn ja auch weggenommen.« Michael machte ein skeptisches Gesicht.
»Ob er ermordet wurde oder nicht, ist, wie du selbst schon sehr treffend bemerkt hast, noch nicht klar«, stellte Rebecca fest, »aber vielleicht kann Rudolf ja schon was sagen.«
Sie trat auf den Gerichtsmediziner zu, der neben dem Kopf des Toten kniete, und sah ihn fragend an. Er blickte kurz auf, bewegte dann den Kopf der Leiche in alle Richtungen und zuckte mit den Schultern.
»Genickbruch, vermutlich durch den Sturz. Ob das allerdings die Todesursache war, kann ich noch nicht sagen. Wenn er schon tot war, als er fiel, dann jedenfalls noch nicht lange. Der Todeszeitpunkt liegt etwa drei bis vier Stunden zurück, war also etwa zur Zeit des Sturzes.«
Er wandte den Kopf und wies auf die Hände des Toten.
»Noch etwas, was dagegenspricht, dass er zum Zeitpunkt des Sturzes schon tot war. Er hat die Plastiktüten in der rechten Hand festgehalten. Die Hand hat sich erst bei seinem Tod geöffnet, und die Tüten sind dann beim Aufprall des Körpers nur wenig zur Seite geschoben worden.«
»Also womöglich nur ein Unfall?«
»Vielleicht. Oder auch Suizid. Aber, wie gesagt, ich muss erst noch eine Obduktion machen. Morgen Vormittag um halb elf hätte ich Zeit.«
»In Ordnung.« Rebecca nickte.
»Wirst du selbst kommen oder einen deiner Mitarbeiter schicken?«, wollte Rudolf wissen.
»Wahrscheinlich werde ich um diese Zeit noch mit den Zeugenvernehmungen beschäftigt sein. Am besten ist, ich schick dir Thomas vorbei.«
Frederik van Kalken saß Rebecca gegenüber an ihrem Schreibtisch und sah amüsiert zu, wie sie ihren dritten Becher Kaffee schlürfte.
»Du siehst müde aus«, bemerkte er mit einem breiten Grinsen.
»Du spielst mit deinem Leben«, knurrte sie. »Scheiß
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