Nichts als Knochen
es dieses Holzkästchen dort gibt, werde ich es finden und in den Vatikan bringen.«
Schiavo schickte ein Stoßgebet zum Himmel und seufzte erleichtert auf. Er hatte gewusst, dass er den Richtigen ausgewählt hatte. Bei allen Fehlern, die der Junge hatte, war er doch der Kirche treu ergeben, und sein ausgeprägtes Pflichtgefühl hielt ihn davon ab, dem Prälaten diesen Wunsch abzuschlagen. Zu viel hatte er ihm zu verdanken. Außerdem war er verschwiegen, und das war bei dieser Mission unabdingbar.
»Gut!« Der Prälat nickte. »Du wirst in gut drei Wochen abreisen, sobald dein Dienst hier beendet ist. Du wirst als Fra Giordano reisen. Durch deine Zweisprachigkeit und deine klösterliche Erziehung dürftest du keine Probleme haben. Kleinere Fehler wird man mit deiner italienischen Herkunft entschuldigen, andere Länder, andere Sitten eben. Die Kleidung und alles, was du sonst noch brauchst, werde ich dir rechtzeitig vorher besorgen. Hast du irgendwelche Fragen?«
Dario legte die Stirn in nachdenkliche Falten und nickte.
»Wie soll ich es finden? Ich habe kaum Anhaltspunkte. Wo also soll ich suchen?«
»Ich weiß, das ist das größte Problem. Wir wissen zu wenig. Du musst dich zum größten Teil auf deinen Instinkt verlassen. Versuche, möglichst behutsam an Informationen von deinen Mitbrüdern zu kommen. Aber sei vorsichtig! Du darfst auf keinen Fall Aufmerksamkeit erregen, sonst wird man es womöglich vor dir in Sicherheit bringen.«
Dario sah den Prälaten überrascht an.
»Glauben Sie denn, dass das Geheimnis in dem Kloster bekannt ist?«
»Schwer zu sagen. Ich gehe eigentlich davon aus, dass der kleine Dieb und die beiden Benediktinermönche ihr Wissen damals mit ins Grab genommen haben, aber man weiß ja nie.«
Eine Weile schwiegen sie, dann trank Schiavo einen großen Schluck aus seinem Rotweinglas und nahm das Gespräch wieder auf.
»Ich werde dir ein Referenzschreiben mitgeben. Das wird dir manche Tür öffnen. Du wirst als Erstes nach Köln reisen. Ich werde den Kardinal bitten, dich der Obhut von Pater Herlinger anzuvertrauen. Er wird dich gerne in die Geheimnisse der Domschatzkammer einweisen, wenn er dich mag. Und er wird dich mögen, wenn du ihm ein paar Flaschen guten Barolo mitbringst. Er hat eine Schwäche für italienischen Wein. Sieh zu, dass er dir den Stoff aus dem Schrein zeigt. Sieh ihn dir genau an und präge dir Struktur und Farben ein. Mach ein paar Fotos, wenn er nicht hinsieht. Möglicherweise ist das Holzkästchen immer noch in denselben Stoff eingenäht. Das könnte dir bei der Suche helfen. Ansonsten kannst du dich nur auf dein Glück und deinen Verstand verlassen. Aber egal, was du tust, denke immer daran, dass äußerste Geheimhaltung das Wichtigste ist. Kein Mensch darf ahnen, worum es geht. Wenn die Sache ans Licht der Öffentlichkeit kommt, könnte das die katholische Kirche bis in die Grundfesten erschüttern!«
Schiavo atmete heftig aus und versuchte vergebens in Darios Gesicht zu lesen. Dann zuckte er mit den Schultern und spießte eine Scheibe Eselssalami von seinem Vorspeisenteller auf.
»Keine Angst, Monsignore«, flüsterte Dario plötzlich, »das Geheimnis ist bei mir in besten Händen. Ich werde finden, was ich suche, und wenn mich nicht alles täuscht, wird mir die Jagd sogar viel Spaß machen. Das Abenteuer kann beginnen!«
Frühlingserwachen
R ebeccas Kopf lag auf Krishnas Brust, und sie lauschte auf seinen Herzschlag, der sich langsam wieder beruhigte. Vorsichtig strich sie mit den Fingerspitzen über seinen Bauch und spürte dem leichten Vibrieren nach, das noch immer durch seinen Körper lief. Sie liebte diesen Augenblick erfüllter Begierde und vollkommener Zufriedenheit. Langsam streckte und krümmte sie die Finger, wie eine Katze im Zustand höchsten Wohlbefindens. Sanft küsste sie Krishnas Halsansatz und hob den Kopf. Er lächelte sie an und murmelte schläfrig: »Entschuldige, dass ich deinen Kuss nicht erwidere, aber ich fürchte, ich kann mich noch nicht bewegen.«
Sie gab ihm ein kleines Lachen zur Antwort, löste sich aus seinen Armen und stand auf. Leise ging sie zum Kleiderschrank und wühlte in der untersten Schublade herum. Dann kam sie mit einem kleinen Päckchen zurück zum Bett und legte es in Krishnas Hand.
»Was ist das?«, fragte er neugierig.
»Mach's auf.« Rebeccas Augen glänzten im schwachen Licht, das durch das Fenster drang. Aufmerksam beobachtete sie Krishna, wie er sich aufsetzte und begann, das Päckchen zu öffnen. Als
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