Nichts für Anfänger - Roman
Unmöglichkeit. Wir gucken einander an und dann rüber zu Mozzo, der in seinem Triumph durch den Garten springt, die Haare wehen ihm aus dem Gesicht, und sein weites rotes Iron-Maiden-Shirt schlackert hinter ihm her, und wir beide denken, dass er es einfach voll draufhat.
Ich und Gary brauchen eine Ewigkeit, bis wir die Steckrübe treffen. Mir gelingt es nach etwa zwanzig Versuchen. Mozzo sitzt nun auf dem Boden und kommentiert unsere Schusskünste.
Holt vernünftig aus, seid ihr kleine Mädchen oder was?, sagt er. Haut die Scheiße weg, ihr heimlichen Homos!
Solche Sachen sagt er laut nach jedem Versuch, und langsam wird Gary nervös. Gary hat die Steckrübe noch immer nicht getroffen, und genau genommen werden seine Schüsse schon nicht mehr besser, sondern schlechter. Jetzt trifft er nicht einmal mehr den Ball und hackt dicke grüne Stücke aus Dads liebevoll gemähtem Rasen. Dad war sowieso dagegen gewesen, dass wir Swingball bekommen, er sagte, dann könnten wir uns von dem Rasen verabschieden, doch Mam brachte ihn dazu, es aufzubauen, nachdem sie eines Abends einen Riesenstreit darüber gehabt hatten, dass Dad mit zunehmendem Alter zu einem richtigen Spielverderber mutierte. Das Ganze fing als ein harmloser Scherz bei Tisch an, wo Mam ein wenig kicherte und stichelte, doch dann ging es immer weiter, die ganze Nacht lang, die Treppe rauf und irgendwann hinter die geschlossene Schlafzimmertür, erhobene Stimmen, Tränen, das volle Programm. Richtig bühnenreif.
Plötzlich sagt Mozzo: Drauf geschissen! Mit einem breiten Grinsen steht er auf und sagt, dass er einen besseren Plan hat und jetzt das nächste Level-o kommt. Er nimmt Gary Ball und Schläger ab, dieser ist mittlerweile den Tränen nahe, und läuft auf die andere Seite des Swingball-Pfostens, die Seite, der Mams Küchenfenster gegenüberliegt. Er wirft einen Blick auf den Garten, platziert den Ball auf der Erde, wieder etwa drei Meter vom Pfosten entfernt, den er nun herumdreht, damit die Steckrübe in unsere Richtung zeigt. Er drückt Gary den Hockeyschläger in die Hand und sagt: Und jetzt versuch’s noch mal, du kleine Memme!
Gary weigert sich, den Schläger zu nehmen. Er sagt, vergiss es, denn wenn er nicht trifft, schmeißt er Mams Küchenfenster ein. Diesmal sagt er sogar Scheiße.
Scheiße Mann, vergiss es!
Aber nicht mit Mozzo. Er provoziert Gary und sagt, dass er die Kloschüssel nicht mal treffen würde, wenn er davorsteht, noch nicht einmal, wenn er draufsitzt. Und dass Garys Badezimmerboden von den ganzen Malen, die er das Klo nicht getroffen hat, überschwemmt sein muss von Pisse und darin herumschwimmenden Scheißhaufen. Ich weiß, dass das nicht nett ist, aber ich lache mich einfach tot bei dem Gedanken an Gary, der auf dem Klo ausrutscht und alles mit Pisse und Scheiße vollspritzt.
Ich merke, dass Gary gleich die Fassung verliert und sein Kinn so angespannt ist wie ein Arschloch, wenn man nicht furzen will. Mozzo sieht es auch, also wird er plötzlich ganz sanft und legt Gary einen Arm um die Schulter. Er redet mit Gary, als wäre er sein Dad, und sagt, dass hinter diesem Wahnsinn Methode steckt, und das Risiko, Mams Küchen fenster zu zerdeppern, nennt sich Motivation. Er sagt, dass Gary tief im Innersten weiß, dass er richtig Schwierigkeiten bekommt, wenn er Mams Fenster trifft, und es deshalb absolut unmöglich ist, dass er die Steckrübe verfehlt. Stattdessen wird er sich darauf konzentrieren, ausholen und beim ersten Schuss treffen. Einfach so. Gary sieht so aus, als würde er sich nach diesen Worten schon etwas besser fühlen, und sein Kinn entspannt sich ein wenig. Und dann sagt Mozzo ihm plötzlich ganz unvermittelt ins Gesicht: Und jetzt schieß endlich, du kleiner Kissenficker!
Ich breche in lautes Gelächter aus, genau wie Mozzo. Wir finden das Ganze so lustig, dass wir glauben, Gary findet es auch lustig. Tut er aber nicht. Er läuft puterrot an und schlägt den Ball geradewegs durch Mams Küchenfenster. Alle rufen laut: Ach du Scheiße!, und Gary bricht in Tränen aus und rennt mit seiner Strohhalm-Baseballkappe in der Hand nach Hause.
3
Auftritt O’Culigeen
D ie Fensterscheibe zerspringt in eine Milliarde Teile, wie in dem Film Auf dem Highway ist die Hölle los, als das gestohlene Auto frontal durch ein Schaufenster in die edle Auslage crasht, Yee-haa-Style. Milliarden tödliche Glassplitter fliegen durch die ganze Küche wie glitzernde Schneeflocken, sie überziehen die Geschirrablage, den Herd und die
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