Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
bückte, sah ich zwischen den Tragetaschen den hellbraunen Aktenkoffer ihres Freundes aus St. Petersburg.
Ich lächelte weiter, als ich sie am linken Arm packte und praktisch die Treppe hinunterstieß. Unten auf dem Gehsteig wandte ich mich nach rechts in Richtung Bahnhofsfassade und Stadtmitte. »Scheiße, was geht hier vor? Letzte Nacht hat uns ein amerikanisches Team überfallen. Die Amis haben mich entführt. Dann haben die verdammten Russen sie überfallen!«
Liv nickte, während ich mir meinen Frust von der Seele redete, und verhielt sich wie gewohnt: Sie schien alles zu wissen, gab aber nur sehr wenig davon preis.
»Das wissen Sie schon, nicht wahr?«, fragte ich.
»Natürlich. Valentin ist immer über alles informiert.«
»Val und Sie haben mich echt reingelegt. Aber genug davon. Ich verlange, dass er morgen herkommt und das Geld mitbringt. Dann bekommt er das Gewünschte. Ich habe das ThinkPad mit dem heruntergeladenen Material.« Ich wollte, ich hätte Toms Angebot in dem mit Blei verkleideten Haus angenommen und mir erklären lassen, was er genau machte.
Sie hatte nicht einmal zugehört. »Wissen Sie bestimmt, dass Tom tot ist?«
»Wenn er in diesem Scheiß unterwegs ist ...« Ich ließ ihren Arm kurz los und streckte meine rechte Hand aus.
Liv sah genau wie im Hotel Intercontinental aus: ruhig und ganz Herrin der Lage, als sei sie in Gedanken woanders und höre kaum, was ich sagte.
Ich packte sie wieder am Arm und führte sie die Straße entlang, ohne mich darum zu kümmern, was die Entgegenkommenden vielleicht dachten.
»Also, ich habe das heruntergeladene Material. Aber ich verhandle nur noch mit Valentin, nicht mehr mit Ihnen. Reinlegen lasse ich mich nicht mehr.«
»Ja, Nick, das habe ich gleich beim ersten Mal verstanden. Beantworten Sie mir jetzt bitte ein paar sehr wichtige Fragen. Valentin unternimmt nichts, bevor er alle Informationen hat. Haben die Amerikaner alle Hardware aus dem Haus mitgenommen?«
»Ja.«
»Haben die Amerikaner irgendwelche Hausbewohner gefangen genommen?«
»Ja. Ich habe drei gesehen.«
»Haben die Leute der Maliskija es geschafft, den Amerikanern einen Teil der Hardware oder einen oder mehrere Hausbewohner abzujagen?«
Liv glich jetzt einer Ärztin, die mit einem Patienten einen Fragebogen mit Symptomen durchgeht.
»Keinen der Hausbewohner. Aber sie haben ein Fahrzeug mit Teilen der Hardware erbeutet, das steht fest.«
Sie nickte langsam. Wir gesellten uns zu einer kleinen Gruppe an einem Fußgängerübergang und warteten darauf, dass das kleine grüne Männchen aufleuchtete, obwohl kein Verkehr herrschte, der uns daran hätte hindern können, gemeinsam die Straße zu überqueren.
Ich flüsterte ihr ins Öhr: »Schluss mit dem Scheiß, Liv. Ich will, dass Val mit dem Geld herkommt. Dann übergebe ich ihm alles, haue ab und überlasse euch das Feld.«
Meine Aufforderung ließ sie völlig kalt. Wir überquerten die Hauptstraße zum Trillern des Blindensignals und gingen zu der gepflasterten Fußgängerzone weiter.
»Das wird nicht passieren, Nick. Valentin kommt aus dem sehr einfachen Grund nicht, dass Sie nichts zu verkaufen haben, nicht wahr?« Ihre Stimme klang ruhig und gelassen. »Beantworten Sie jetzt bitte meine Fragen. Von Ihren Antworten hängt sehr viel ab - auch für Sie.«
Scheiße, ich hatte keine Lust, mich weiter ausquetschen zu lassen. Außerdem hatte sie auch diesmal Recht. »Warum haben die Amerikaner das Haus überfallen? Was wir von dort beschaffen sollten, gehört ihnen, nicht wahr? Das sind keine Industrie-, sondern Staatsgeheimnisse!«
Liv bedachte mich mit ihrem besten Mr.-Spock-Blick, als ich sie weiterzerrte. »Hier rechts.«
Ich bog um die Ecke. Wir befanden uns in einer Einkaufsstraße. Autos, Lastwagen und sogar Straßenbahnen verspritzten Schneematsch.
»Die Amerikaner waren von der NSA, Nick.«
Scheiße! Mein Herz sank, als mein Verdacht bestätigt wurde, und ich hatte plötzlich wieder Schmerzen in der Brust. Ich wollte Geld, aber nicht um diesen Preis. Damit war ich schön in die Scheiße geraten. Diese Leute waren die eigentliche Regierung Amerikas. »Wissen Sie das bestimmt?«
Sie nickte. »Ungefähr zwei Stunden nach eurer Abfahrt haben sie auch mein Haus überfallen.«
»Wie sind Sie ihnen entwischt?«
Liv schnippte gegen ihre Haarenden. »Durch eine sehr lange und kalte Nacht auf dem See.«
»Woher haben sie gewusst, wo Sie zu finden waren?«
»Irgendwas muss sie zum Haus geführt haben, nur weiß ich nicht,
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