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Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone 06 - Feind ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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raste ein Streifenwagen mit Blaulicht, aber ohne Sirenengeheul vorbei. Suzy steckte die Pistole in ihren Matchsack. »Okay, dann brauchen wir jetzt einen Wagen, stimmt’s? Du stehst Schmiere.«
    MOE-Girl ging davon und begann, die in der schmalen Einfahrt geparkten Wagen zu begutachten. Je älter, desto besser - darauf würde sie vor allem achten: leichter aufzubrechen, leichter kurzzuschließen. Sie machte bei einem klapprigen Renault R5 mit V-Kennzeichen Halt, und fünf Minuten später fuhren wir über die Chelsea Bridge nach Süden. Auf dem anderen Themseufer bogen wir links in Richtung Westminster ab. Hinter der Tower Bridge würden wir aufs Nordufer des Flusses zurückkehren, den um die City gelegten Ring aus Stahl umfahren und das Starbucks ansteuern.

 
58
    In Smithfield ging es zu wie in einem Bienenstock. Lieferwagen und LKWs drängelten sich in der Umgebung des taghell beleuchteten Großmarkts und luden von kleinen Kartons mit unbekanntem Inhalt bis zu Rinderhälften alle möglichen Waren ein oder aus. Männer, die weiße Kittel, Hüte und Gummistiefel trugen, liefen durcheinander, rauchten Zigaretten und rieben sich die kalten Hände.
    Als der klapprige Renault zum Stehen kam, blieben auch die Scheibenwischer stehen. Sie hatten ohnehin nicht viel genutzt. Ich stieg aus, betrat die Telefonzelle, neben der wir gehalten hatten, und suchte in meiner Hosentasche nach Kleingeld. Ich legte wieder das Polaroidfoto aus der Bauchtasche vor mich hin, warf eine Münze ein und wählte. Das Telefon klingelte mehrmals, bevor der Informant sich meldete.
    »Hallo?« Er klang so ruhig, als denke er über einen Spaziergang im Park nach.
    »Ich bin gleich da.«
    »Gut. Ein weißer Van holt Sie ab.«
    »Ich warte im Durchgang neben dem Café.«
    »Bleiben Sie der Straße zugewandt. Er kommt gleich vorbei.« Der Informant legte auf.
    Regen lief in Strömen über die Windschutzscheibe, als ich wieder einstieg. Ich erklärte Suzy, wo ich abgeholt werden würde. Sie hörte mit traurigem Lächeln zu, dann beugte sie sich zu mir herüber und küsste mich sanft auf die Wange. »Das war vielleicht das letzte Mal.«
    Was hätte ich darauf antworten sollen? Ich erwiderte ihr Lächeln, kontrollierte nochmals meine Bauchtasche und stieg aus. Die nasse Jogginghose klebte an meinen Schenkeln, als ich den Tagesrucksack zurechtrückte. »Das hoffe ich nicht.« Ich hob grüßend die Hand.
    »Geht mir genauso. Vielleicht . außer Dienst, du weißt schon, ich komme dich besuchen, du kommst mich besuchen, irgendwas in der Art.« Sie ließ den Motor kurz aufheulen.
    »Das wäre schön. Das würde mir gefallen.«
    Suzy fand endlich den ersten Gang und fuhr davon, um das Starbucks zu beobachten, während ich mich zu Fuß auf den Weg machte.
    Auf den Straßen war kaum jemand unterwegs, als ich mich dem Coffee Shop näherte und in den Durchgang zum Innenhof abbog. Das gesamte Viertel schien zu schlafen; die einzigen Lichtquellen waren die Straßenlampen, die schwach durch den Platzregen leuchteten.
    Ein Auto platschte vorbei, und ein paar Leute mit Schirmen hasteten zur U-Bahn-Station Farringdon. Ich wusste nicht, warum, denn sie war eindeutig geschlossen. Die Polizeibeamten waren nirgends zu sehen, aber sie würden sich irgendwo in der Nähe untergestellt haben.
    Ein weißer Ford Transit, mindestens so klapprig wie der Renault, kam langsam den Hügel herab und hielt auf meiner Höhe. Ich sah mit zusammengekniffenen Augen durch den Regen, um zu versuchen, den Fahrer zu identifizieren. Als er sein Fenster herunterkurbelte, trat ich aus den Schatten. Ich erkannte Grau: noch immer allein, noch immer gütig aussehend, der perfekte lächelnde Meuchelmörder. »Geben Sie mir bitte den Rucksack, und steigen Sie hinten ein.«
    Darauf konnte ich mich nicht einlassen. Nur mit Dark Winter in meinem Besitz hatte ich eine Chance, Kelly zurückzubekommen. »Ausgeschlossen. Das Zeug bleibt bei mir.«
    Er lächelte, als sei er heute Abend mein Gastgeber, und deutete auf die Seitentür.
    Nach zwei Versuchen bekam ich das Ding endlich auf, und die Innenbeleuchtung flammte auf. Ich stieg ein. Innen sah der Lieferwagen nicht viel anders aus als außen: Der Stahlboden war rostig, verbeult und zerkratzt. Im Laderaum roch es wie in einem Gewürzladen. Er schloss die Tür von außen, und ich setzte mich in der Dunkelheit auf den Boden, um den Rucksack zwischen die Knie nehmen zu können. Ich lehnte den Kopf an die Trennwand zum Fahrerhaus und horte ihn vorn einsteigen.

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