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Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Titel: Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Physik bekommen. Woraus aber nicht folgte, dass Bohr sich mit den Lichtquanten anfreunden konnte. Im Gegenteil, er wollte sie nicht akzeptieren und versuchte in einer Art Verzweiflungsakt die Energieerhaltung zu opfern, um das Licht weiterhin als Welle gelten zu lassen.
    Anfangs hatte Bohr ein Argument auf seiner Seite: Das Gesetz von der Energieerhaltung war nämlich nie im Bereich der Atome überprüft worden, und vielleicht gab es auf dieser Ebene tatsächlich auf irgendeine verrückte Weise keine strikte Gültigkeit, sondern nur
eine, die sich im statistischen Mittel zeigt und entsprechend auswirkt. Einstein widersprach Bohr. Der Begründer der Relativitätstheorie brauchte festen Boden unter seinen Füßen und glaubte daher lieber an eine durchgängige Gültigkeit, was 1925 dann durch experimentelle Überprüfungen festgeschrieben wurde und Bohr in dieser Beziehung zum Rückzug zwang.

Die doppelte Wirklichkeit
    Es war dennoch alles sehr merkwürdig, was sich in der Sphäre der Atome abspielte, wie auch Einstein meinte, der die Doppelung der Natur des Lichts als Erster erkannt hatte. Da gab es zwei Theorien des Lichts, von denen eine mit Wellen operierte und die andere Quantenteilchen einsetzte, und zwischen beiden gab es keinerlei logischen Zusammenhang. Wellen waren keine Teilchen und Teilchen keine Wellen. Trotzdem mussten beide Vorstellungen gültig sein. Wie konnte das sein? Und was bedeutete das für die Wissenschaft namens Theoretische Physik?
    Die Frage wurde noch dringender, als der junge französische Physiker Louis de Broglie (1892–1987) in seiner Doktorarbeit aus dem Jahr 1924 den Vorschlag machte, Einsteins Einsicht in eine duale Natur des Lichts zu erweitern und auf Elektronen und andere atomare Bestandteile auszudehnen. Auch materielle Gebilde sollten nach de Broglies wahrlich verrückten Vorschlägen die Eigenschaften sowohl von Wellen als auch von Teilchen zeigen.
    Natürlich war der Gedanke einer doppelten Natur der Materie anfangs noch schwerer zu verkraften als der einer doppelten Natur des Lichts. Schließlich verfügen Elektronen nachweislich über eine wenn auch noch so winzige Masse. Trotzdem zeigte sich aber an dieser Stelle, dass unvermeidlich eine neue Sicht der physikalischen Dinge nötig wurde, vor allem nachdem bald in Experimenten gezeigt werden konnte, dass sich ein Elektronenstrahl tatsächlich genauso beugen lässt wie ein Lichtstrahl. Diese überraschende Beobachtung ermöglichte bald die Konstruktion von Elektronenmikroskopen,
die ab den 1930er Jahren in Umlauf waren und mit Elektronenwellen so umgingen wie ihre Vorläufer mit Lichtwellen.
    Die Zumutung der doppelten Dualität von Licht und Materie sollte noch im gleichen Jahr 1924 ergänzt oder gar übertroffen werden, als der aus Wien stammende Physiker Wolfgang Pauli (1900 bis 1958) die merkwürdige Idee vortrug, den drei Quantenzahlen für Elektronen von Bohr eine vierte hinzuzufügen, die wir heute als Spin kennen. Pauli dachte dabei höchst abstrakt an eine unanschauliche Markierung der Elektronen, die er und andere Physiker benötigten, um die Aufspaltungen von Spektrallinien zu erfassen; sie waren damals unter besonderen Umständen vor allem von Erdalkalimetallen her bekannt, in deren äußeren Schalen Bohr bei seiner Erklärung des Periodensystems freie Elektronen untergebracht hatte. Diese verfügten offenbar neben der Welle-Teilchen-Dualität noch über eine klassisch nicht verstehbare Zweiwertigkeit, wie Pauli seine Quantenzahl ausdrücklich bezeichnete (die er zunächst nur den Elektronen zurechnete). Der Spin stellte so etwas wie eine reine Quantenzahl ohne klassisches Vorbild dar, weshalb Pauli vorschlug, ihm halbe Zahlen zuzuordnen, und zwar + ½ und – ½. Diese Idee hatte tatsächlich Methode, denn bei einem Quantensprung von + nach – käme wieder das volle Quantum zum Tragen.
    Paulis Spin hat sich durchgesetzt, weil sich mit seiner Hilfe verstehen ließ, wie chemische Bindungen zustande kommen. Wenn sich zwei Wasserstoffatome (H) zu einem Molekül H 2 vereinen, dann sorgen die physikalischen Umstände dafür, dass das eine Elektron den Spin + ½ und das andere Elektron den Spin – ½ aufweist. Somit konnten die Physiker zu ihrer großen Freude nachweisen, dass diese Konfiguration energetisch günstig und stabil ist. Sie erwies sich sogar stabiler als zwei Wasserstoffatome, die für sich allein bleiben. Nun begriff man, weshalb in der Natur bevorzugt H 2 zu finden ist. Die Physik konnte stolz auf sich

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