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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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zum Götaelf reichen soll.
    Dergleichen große Bauwerke führen wir ja heutzutage nicht mehr aus, und die Mauer ist zweifelsohne sehr alt. Es läßt sich
     auch nicht leugnen, daß sie von der Zeit tüchtig mitgenommen ist. Die großen Felsblöcke liegen nicht mehr so dicht nebeneinander,
     wie das wahrscheinlich zu Anfang der Fall gewesen ist. Es haben sich so breite und tiefe Spalten dazwischen gebildet, daß
     darin Raum für Häuser und Felder ist. Aber die Felsblöcke liegen doch nicht weiter voneinander entfernt, als daß man deutlich
     sehen kann, sie haben einstmals zu derselben Mauer gehört.
    Nach dem Lande zu ist diese große Mauer am besten erhalten. Dort zieht sie sich lange Strecken ganz und ununterbrochenhin. In der Mitte laufen lange, tiefe Risse mit Seen auf dem Grunde hinab, und nach der Küste zu ist sie so verfallen, daß
     jeder einzelne Steinblock wie ein kleiner Berg für sich daliegt.
    Erst wenn man die große Mauer unten von der Küste her sieht, versteht man so recht, daß sie da, wo sie steht, nicht nur zu
     ihrem Vergnügen steht. Wie stark sie auch von Anfang an gewesen sein mag, an sechs bis sieben Stellen ist das Meer durchgebrochen
     und hat Fjorde hineingeschnitten, die mehrere Meilen lang sind.
    Der äußerste Teil der Mauer steht obendrein unter Wasser, so daß nur der obere Teil der Felsblöcke sichtbar ist. Auf diese
     Weise sind eine Menge großer und kleiner Inseln entstanden, die Schärengruppen bilden, und diese wehren die ärgsten Angriffe
     des Sturmes und des Meeres ab.
    Nun könnte man vielleicht glauben, daß eine Landschaft, die eigentlich nur aus einer großen steinernen Mauer besteht, ganz
     unfruchtbar sein muß; so daß kein Mensch dort Lebensunterhalt finden kann. Aber damit ist es nur doch nicht so gar schlimm
     bestellt, denn wenn auch die Felsen und Hochebenen in Bohuslän nackt und kahl sind, so hat sich doch gute und fruchtbare Erde
     in allen Spalten angesammelt, und es läßt sich dort vorzüglich Ackerbau betreiben, obgleich die Felder nicht sehr groß sind.
     Der Winter ist hier an der Küste in der Regel auch nicht so kalt wie im Innern des Landes, und an Stellen, die gegen den Wind
     geschützt sind, gedeihen gegen Kälte empfindliche Bäume und andere Pflanzen, die sonst kaum so hoch nördlich wie Schonen zu
     wachsen pflegen.
    Man darf auch nicht vergessen, daß Bohuslän an der Grenze des großen Gemeindeangers liegt, der allen Menschen auf der Erde
     Gemeingut ist. Die Bohusläner können Wege benutzen, die sie weder zu bauen noch instand zu halten brauchen. Sie können Herden
     einfangen, die sie weder zu bewachen noch zu hüten haben, und ihre Beförderungsmittel werden von Zugtieren gezogen, denen
     sie weder Futter noch Stallraum zu geben brauchen. Daher sind sie nicht so abhängig von Ackerbau und Viehzucht wie andere.
     Sie fürchten sich nicht, sich auf sturmumbrausten Schären niederzulegen, wo kein Grashalm wächst, wo kaum Raum für ein Kartoffelfeld
     ist, denn sie wissen, daß das große, reiche Meer ihnen alles geben kann, was sie nötig haben.
    Wohl ist es wahr, daß das Meer reich ist, aber nicht weniger wahr ist es, daß es seine Schwierigkeit hat, sich mit ihm zu
     befassen. Wer Ertrag aus dem Meer haben will, muß alle seine Fjorde und Buchten, alle seine Untiefen und Strömungen kennen,
     er muß so ungefähr mit jedem Stein auf dem Grunde des Meeres Bescheid wissen. Er muß sein Boot in Sturm und Nebel führen und
     seinen Weg in der schwärzesten Nacht finden können. Er muß es verstehen, die Zeichen in der Luft zu deuten, die böses Wetter
     verkünden, und er muß Kälte und Nässe vertragen können. Er muß wissen, wo die Fische ihren Zug haben, und wo der Hummer kriecht,
     und er muß schwere Netze bedienen und sein Garn auch bei unruhiger See auswerfen können. Vor allem aber muß er ein mutiges
     Herz in der Brust haben, so daß er es für nichts achtet, daß er im Kampf gegen das Meer tagaus, tagein sein Leben aufs Spiel
     setzt.
    An dem Morgen, als die Wildgänse über Bohuslän hinabflogen, war es still zwischen den Schären. Sie sahen mehrere kleine Fischerdörfer,
     aber es war kein Leben in den engen Gassen, niemand ging in den kleinen, zierlich gestrichenen Häusern ein und aus. Die braunen
     Fischernetze hingen in guter Ruhe auf dem Trockenplatz, die schweren, grünen oder blauen Fischerboote lagen mit aufgerollten
     Segeln am Strande entlang. Keine Frauen waren an den langen Tischen beschäftigt, wo man Dorsche und

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