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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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schauderte. »Weißt du, was mir angst macht? Ich glaube, du könntest recht haben.«
    »Das Leben ist also nicht aufregend?« fuhr Garry fort. »Prima. Her mit der Langeweile. Zumindest weiß ich, wo ich heute abend essen und schlafen werde. Am Montag werde ich immer noch einen Job haben. Ja?« Er drehte sich um und sah Richard an.
    Richard nickte zögernd. »Ja.«
    Garry schaute auf seine Uhr. »Verdammter Mist!« rief er aus. »Es ist schon nach zwei. Hoffen wir, daß noch ein paar Taxis unterwegs sind.« Sie gingen in die Brewer Street. Garry redete über Taxis. Er sagte nichts Originelles oder gar Interessantes. Er erfüllte nur seine Pflicht als Londoner, über Taxis zu murren. »… hatte sein Licht an und alles«, erzählte er gerade, »ich sagte ihm, wo ich hinwollte, er meinte, tut mir leid, ich bin auf dem Heimweg, ich sagte, wo wohnt ihr Taxifahrer denn bloß alle? Und warum wohnt keiner von euch bei mir in der Nähe? Der Trick ist nämlich, erst einzusteigen und ihm dann zu sagen, daß man südlich der Themse wohnt, ich meine, was wollte er mir damit sagen? Der tat ja ganz so, als läge Battersea in Katmandu …«
    Richard hatte ihn ausgeblendet. Er starrte in das Fenster des Zeitschriftenantiquariats, starrte die Modelle vergessener Filmstars an und die Poster und Comics und Magazine in der Auslage. Es war wie ein Blick in eine Welt des Abenteuers und der Fantasie.
    Und es war nicht real. Das sagte er sich.
    »Und, was meinst du?« fragte Garry.
    Richard schreckte zurück in die Gegenwart. »Wozu?«
    Garry stellte fest, daß Richard kein Wort von dem, was er gesagt hatte, verstanden hatte. Er wiederholte es: »Wenn es keine Taxis gibt, können wir den Nachtbus nehmen.«
    »Ja«, sagte Richard. »Prima. Gut.«
    Garry schnitt eine Grimasse. »Ich mach’ mir Sorgen um dich.«
    »Tut mir leid.«
    Sie gingen die Windmill Street zum Piccadilly hinunter.
    Richard steckte die Hände tief in die Taschen. Einen Moment lang machte er ein verdutztes Gesicht und zog eine ziemlich zerknickte schwarze Krähenfeder hervor, um deren Kiel ein roter Faden gebunden war.
    »Was ist das?« fragte Garry.
    »Das ist ein – « Er unterbrach sich. »Das ist bloß eine Feder. Du hast recht. Es ist nur Müll.«
    Er warf die Feder in den nächsten Abfalleimer und schaute sich nicht mehr um. Garry zögerte. Dann sagte er, die Worte mit Bedacht wählend: »Hast du schon mal daran gedacht, dir professionelle Hilfe zu suchen?«
    »Professionelle Hilfe? Hör mal, ich bin nicht verrückt, Garry.«
    »Bist du da sicher?«
    Ein Taxi kam auf sie zu. Sein gelbes Licht brannte.
    »Nein«, sagte Richard ehrlich. »Da ist ein Taxi. Nimm du’s. Ich nehme das nächste.«
    »Danke.« Garry hielt das Taxi an und stieg ein, bevor er dem Fahrer sagte, daß er nach Battersea wollte. Er drehte das Fenster herunter, und als das Taxi ausscherte, sagte er: »Richard – dies ist die Realität. Gewöhn dich dran. Darüber hinaus gibt es nichts. Bis Montag.«
    Richard winkte ihm nach und sah zu, wie das Taxi wegfuhr. Dann drehte er sich um und ging fort von den Lichtern des Piccadilly, zurück zur Brewer Street.
    Er blieb neben einer alten Frau stehen, die fest schlafend in einem Ladeneingang lag. Sie war mit einer zerrissenen alten Decke zugedeckt, und ihre paar Besitztümer – zwei kleine Pappschachteln voll Krimskrams und ein schmutziger, ehemals weißer Schirm – lagen zusammengeschnürt neben ihr, und die Schnur war um ihr Handgelenk gebunden, damit niemand ihr etwas klaute, während sie schlief. Sie trug ein wollene Pudelmütze von undefinierbarer Farbe.
    Er zog seine Brieftasche, fand eine Zehn-Pfund-Note und beugte sich vor, um der Frau den zusammengefalteten Schein in die Hand zu schieben.
    Ihre Augen öffneten sich, und sie schreckte hoch. Sie blinzelte das Geld mit alten Augen an. »Was ist das?« fragte sie verschlafen und ärgerlich, daß man sie geweckt hatte.
    »Behalten Sie’s«, sagte Richard.
    Sie faltete das Geld auseinander und schob es in ihren Ärmel. »Waswollnse?« fragte sie Richard mißtrauisch.
    »Nichts«, sagte Richard. »Ich will wirklich nichts. Gar nichts.« Und dann wurde ihm klar, wie sehr das stimmte; und wie furchtbar es war. »Haben Sie jemals alles bekommen, was Sie sich je gewünscht hatten? Und dann festgestellt, daß es gar nicht das war, was Sie wollten?«
    »Kann ich eigentlich nicht sagen«, sagte sie und pulte sich den Schlaf aus den Augenwinkeln.
    »Ich dachte, ich hätte dies hier gewollt«, sagte

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