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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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sich verblüfft um. Alle waren da, bis auf:
    »Richard?« fragte er.
    Das Mädchen aus der Computer-Service-Abteilung zuckte mit den Schultern.
    Garry ging hinaus auf die Berwick Street. Die Kälte der Nachtluft wirkte wie eine Ladung Wasser ins Gesicht. Er schmeckte den Winter. Er rief: »Dick? Hey? Richard?«
    »Hier drüben.«
    Richard lehnte an einer Wand, im Schatten. »Wollte nur mal frische Luft schnappen.«
    »Alles in Ordnung?« fragte Garry.
    »Ja«, sagte Richard. »Nein. Ich weiß nicht.«
    »Tja«, sagte Garry, »mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Möchtest du darüber reden?«
    Richard sah ihn ernst an. »Du wirst mich auslachen.«
    »Das tu ich sowieso.«
    Richard schaute Garry an. Dann sah Garry ihn zu seiner Erleichterung lächeln, und er wußte, daß sie immer noch Freunde waren. Garry warf einen Blick zurück zum Pub. Dann steckte er die Hände in die Manteltaschen.
    »Komm«, sagte er. »Laß uns spazierengehen. Du kannst mir dein Herz ausschütten. Dann lache ich dich aus.«
    »Mistkerl«, sagte Richard und klang sehr viel mehr nach Richard als in den gesamten letzten Wochen.
    »Dafür sind Freunde schließlich da.«
    Sie schlenderten langsam unter den Straßenlaternen los.
    »Hör mal, Garry«, begann Richard. »Fragst du dich jemals, ob das hier alles ist?«
    »Was?«
    Richard machte eine vage, allumfassende Geste. »Arbeit. Zuhause. Der Pub. Mädchen kennenlernen. In der Stadt wohnen. Das Leben. Ist das alles?«
    »Ich glaube, das wär’s, ja«, sagte Garry.
    Richard seufzte. »Also«, sagte er, »erstens bin ich nicht nach Mallorca gefahren. Ich meine, ich bin wirklich nicht nach Mallorca gefahren.«
    Richard erzählte, während sie in dem Gewirr von Seitenstraßen zwischen der Regent Street und der Charing Cross Road auf und ab gingen. Er erzählte und erzählte. Er begann damit, wie er ein blutendes Mädchen auf der Straße gefunden hatte und ihr helfen wollte, weil er sie da nicht einfach liegenlassen konnte, und erzählte alles, was danach passiert war. Und als es ihnen zum Spazierengehen zu kalt wurde, gingen sie in ein schmieriges Nachtcafé. Ein richtiges Nachtcafé, eins, in dem alles in Schmalz gesotten und anständiger Tee in großen angestoßenen, fettglänzenden weißen Bechern serviert wurde.
    Richard und Garry setzten sich, und Richard erzählte, und Garry hörte zu, und sie bestellten Spiegeleier und Baked Beans und Toast und saßen da und aßen, während Richard weiter erzählte und Garry weiter zuhörte. Sie tunkten die Eigelbreste mit dem Toast auf. Sie tranken noch mehr Tee, bis Richard schließlich sagte: »… und dann machte Door irgendwas mit dem Schlüssel, und ich war wieder zurück. In Ober-London. Also, dem echten London. Und, na ja, den Rest kennst du.«
    Stille.
    »Das ist alles«, sagte Richard. Er trank seinen Tee aus.
    Garry kratzte sich am Kopf. »Hör mal«, sagte er endlich. »Ist das hier echt? Nicht irgendeine schreckliche Verarschung? Ich meine, es wird nicht gleich jemand mit einer Kamera hinter dem Grill hervorspringen oder so und mir sagen, daß ich bei Versteckte Kamera bin?«
    »Das will ich nicht hoffen«, sagte Richard. »Du … glaubst du mir?«
    Garry schaute auf die Rechnung auf ihrem Tisch, zählte Pfundmünzen ab und warf sie auf das Resopal. »Ich glaube, daß, na ja, offensichtlich irgendwas mit dir geschehen ist … was ausschlaggebender ist: Glaubst du es?«
    Richard starrte ihn an. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. »Ob ich es glaube? Ich weiß es nicht mehr. Ich hab’s geglaubt. Ich war da. Einmal bist sogar du aufgetaucht, weißt du.«
    »Das hast du gar nicht erwähnt.«
    »Es war ziemlich schrecklich. Du hast mir gesagt, ich sei verrückt geworden und würde bloß halluzinierend durch London laufen.«
    Sie verließen das Café und gingen in Richtung Süden, zum Piccadilly.
    »Also«, sagte Garry. »Du mußt schon zugeben, das klingt immer noch wahrscheinlicher als dein magisches London unter uns, wo die Leute hinkommen, die durchs Netz fallen. Ich bin schon an Leuten vorbeigekommen, die durchs Netz fallen, Richard: Sie schlafen in Ladeneingängen, den ganzen Strand entlang. Sie landen nicht in einem speziellen London. Sie erfrieren im Winter.«
    Richard sagte nichts.
    Garry fuhr fort. »Ich glaube, du hast vielleicht sowas wie einen Schlag auf den Kopf bekommen. Oder eine Art Schock, als Jessica mit dir Schluß gemacht hat. Eine Zeitlang warst du ein bißchen verrückt. Dann ging es dir wieder besser.«
    Richard

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