Night School 01 - Du darfst keinem trauen
Haare. »Damit hab ich nun wirklich nicht gerechnet. Wisst ihr, wenn ihr beiden so weitermacht, dann wissen bis Freitag alle alles über uns. Da können wir eigentlich gleich eine Plakatwand aufstellen und all unsere Geheimnisse draufschreiben, meint ihr nicht? Oder wir richten eine Website ein: www.alleunseregeheimnisse.com.«
»Hier gibt’s aber keine Computer«, erinnerte Allie ihn.
»Ich bin über das Fehlen jeglicher Internettechnologie auf Cimmeria durchaus im Bilde«, schnauzte Carter sie an. »Aber danke für die Erinnerung.«
Sie suchte Deckung hinter Rachel.
»Es tut mir aufrichtig leid«, sagte Rachel. »Du kannst nicht wissen, ob man meinem Vater trauen kann, das ist mir klar, aber glaube mir, man kann. Ich habe einfach Angst um Allie, deshalb hab ich mir von Isabelle das Telefon geliehen und ihm alles erzählt. Er weiß auch, wer Nathaniel ist.«
Der letzte Satz schien in der Luft zu hängen.
Allie fing sich als Erste. »Und wer ist das?«, fragte sie gespannt.
»Das ist es ja«, sagte Rachel und warf Carter einen besorgten Blick zu. »Das wollte er mir nicht sagen.«
»Natürlich nicht«, sagte Carter sarkastisch. »Aber er ist absolut vertrauenswürdig.«
»Das ist er wirklich!« Rachel bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Er darf es mir nicht sagen, hat er gemeint. Aber ein paar Dinge über ihn hat er mir schon verraten. Zum Beispiel, dass Nathaniel keine Erfindung ist, dass er und Isabelle sich mal sehr nahegestanden haben – genau so hat er sich ausgedrückt – und dass sie sich irgendwie zerstritten haben und Nathaniel jetzt entschlossen ist, Cimmeria und die Night School zu übernehmen und Isabelle von ihrem Posten zu verdrängen. Was richtig katastrophal wäre, meint mein Vater. Nathaniel widert ihn an. Er hält ihn für skrupellos, möglicherweise sogar für wahnsinnig. Denn wenn er etwas will, dann macht er vor nichts halt.«
»Super«, warf Allie ein.
»Es kommt noch schlimmer«, fuhr Rachel fort. »Einige Mitglieder des Aufsichtsrats sind auf seiner Seite, weil ihnen Isabelles Führungsstil nicht passt. Es hat was mit der größeren Organisation zu tun. Jedenfalls hätten gewisse Leute gern, dass Isabelle geht, und Nathaniel soll für sie die Drecksarbeit machen. Er soll erst sie erledigen, und dann wollen sie ihn erledigen. Vermutlich wird das nicht funktionieren, meint mein Vater, aber es könnte trotzdem alles kaputt machen. Freitag, wenn er mich abholen kommt, will er mit Isabelle darüber reden … Aber da ist noch was.«
Sie sah Allie mit gerunzelter Stirn an. »Er meint, du sollst verdammt gut auf dich aufpassen.«
Bilder aus der vergangenen Nacht blitzten vor Allies innerem Auge auf, und sie schauderte. Dann stand sie mit festem Blick auf. »Lasst uns mit Isabelle reden.«
»Was?«, sagte Rachel. »Jetzt?«
»Jetzt.«
»Sie hat recht«, sagte Carter. Er stand auf und stellte sich neben Allie. »Mir fällt auch nichts Besseres ein. Gestern Nacht war jemand in Allies Zimmer, es ist an der Zeit.«
»Wenn ihr meint«, sagte Rachel und trat zu ihnen. »Vielleicht wird sie uns ja nicht gleich alle drei von der Schule verweisen.«
»Und du bist sicher, dass du das alles nicht nur geträumt hast?« Isabelles Blick durchbohrte sie, doch Allie hielt ihm stand.
»Ganz sicher«, antwortete Allie mit einer Stimme, die sicherer klang, als sie sich war.
Nachdem die drei ihre Geschichte erzählt hatten, hatte Isabelle Matthew und Sylvain hinzugebeten, und jetzt waren sie allesamt in ihrem Büro versammelt. Allie und Carter hockten auf den Aktenschränken, die sie vor zwei Wochen durchwühlt hatten, Rachel saß im Schneidersitz auf dem Boden. Sylvain, Isabelle und Matthew saßen in den Ledersesseln.
Isabelle hatte Matthew als »Sicherheitsexperten« vorgestellt und dann Allie, Rachel und Carter aufgefordert, ihre Geschichte noch einmal zu erzählen.
Nun senkte sich Stille über den Raum, während alle die neuen Informationen verarbeiteten.
»Es wird einer von Nathaniels Leuten gewesen sein«, unterbrach Sylvain das Schweigen.
Isabelle sah ihn missbilligend an, doch er machte keinen Rückzieher.
»Ihr wisst doch, wer das ist, oder, Allie?«, fragte er und sah sie fest an.
Allie wurde rot und nickte.
»Wie habt ihr von Nathaniel erfahren?«, fragte Isabelle. Sie klang stinkwütend.
Allie warf einen schnellen Blick zu Carter und wandte sich dann wieder an Isabelle. Ihr Kiefer mahlte, während sie überlegte, wie sie es sagen sollte. »Spielt das denn eine
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