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Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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gehörte Sylvain, sein französischer Akzent ließ ihren Namen wie einen Seufzer klingen, wie eine Liebkosung.
    Doch sie konnte niemanden sehen, es war zu dunkel. Ohne Mondlicht waren die Bäume nur Schatten neben anderen Schatten. Dunkel und unheilvoll dräute die Nacht – ihr Gewicht schien sie förmlich niederzudrücken, das Atmen fiel ihr schwer.
    »Sylvain? Wo bist du?« Sie reckte den Hals, konnte aber außer Bäumen nichts erkennen.
    »Wieso hast du das getan?«
    Sie schluchzte auf und schlug sich die Hand vor den Mund – er klang so traurig. Ob er wusste, dass sie Carter geküsst hatte? Aber
woher? Sie hatten es doch keinem erzählt. Wem hätten sie es erzählen sollen?
    »Was getan? Ich hab doch nichts getan«, beharrte sie, aber selbst in ihren Ohren klang es wie eine Lüge – bestimmt hörte er das auch.
    »Wieso hast du nicht besser auf Jo aufgepasst?«, klagte Sylvains Stimme sie an. »Sie hat dir vertraut. Ich hab dir vertraut.«
    Tränen strömten ihr übers Gesicht. Sie musste ihn unbedingt sehen. Wenn sie nur sein Gesicht sehen konnte, würde sie ihn überzeugen können, dass nichts passiert war. Wirklich gar nichts.
    »Du kannst mir vertrauen«, rief sie beschwörend. »Und Jo auch – ich werd sie nicht im Stich lassen!«
    »Aber Jo ist doch schon längst tot«, antwortete er kalt.

    Allie erwachte von ihrem eigenen Schrei aus dem Traum.
    Sie musste im Schlaf geweint haben; ihr Kissen war ganz nass. Und als die Erinnerung an letzte Nacht zurückkehrte, schluchzte sie erneut auf.
    Wieso hab ich Carter geküsst? Wieso hab ich das getan? Ich hab alles kaputt gemacht. Wieso bin ich nur so doof?
    Erst hatte sie Jo im Stich gelassen und dann auch noch ihre Freundschaft mit Carter ruiniert. Sie konnte sich nicht erinnern, sich selbst je so gehasst zu haben. Sie zitterte regelrecht.
    Ohne jede Vorwarnung flog die Tür auf, und Rachel stand vor ihr, die Haare vom Schlaf zerzaust, das Gesicht bleich. Doch der Ausdruck von Angst wich bald dem von Besorgnis.
    »Allie! Was ist denn passiert? Ich hab dich schreien hören.« Als sie Allies verheultes Gesicht sah, rannte sie auf ihre Freundin zu, kniete neben ihrem Bett nieder und umarmte sie heftig. »Alles okay? Hattest du wieder einen von deinen Albträumen?«
    Allie nickte und ließ sich gegen Rachels Schulter fallen. »Ich bin so traurig, Rachel«, schluchzte sie. »So was von traurig. Ich hab alles falsch gemacht, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Wenn man es erst mal gemacht hat, geht es nicht mehr weg, und das ist so ätzend.«
    »Ach, Süße«, sagte Rachel besänftigend. »Du hast gar nichts falsch gemacht. Wirklich, ich versprech’s dir. Und es gibt auch nichts, was du rückgängig machen müsstest.«
    Aber das stimmt doch gar nicht.
    »Ich hab Jo nicht gerettet«, flüsterte Allie. »Und jetzt hab ich auch noch Carter geküsst.«
    Rachels Hand, die besänftigend ihren Rücken gestreichelt hatte, hielt kurz inne. Dann machte sie weiter.
    »Also, erstens hast du getan, was du konntest, um Jo zu retten.
Niemand
hätte sie retten können – wenn nicht mal Gott sie hat retten können. Für das, was ihr zugestoßen ist, kannst du nichts.«
    Allie glaubte ihr kein Wort, dabei wollte sie ihr so gern glauben.
    »So«, sagte Rachel, griff nach dem Taschentuchspender im Regal und reichte Allie ein paar Tücher. »Jetzt hol ich dir was zu trinken, und dann erzählst du mir, wieso du mit Carter rumgeknutscht hast.«
    Nachdem sie Allie ein Glas Wasser gebracht hatte, setzten sie sich beide aufs Bett. Allie hielt die feuchten Taschentücher in der einen und das Wasserglas in der anderen Hand. Sie hatte einen Schluckauf, doch ihr Tränenfluss war abgeebbt, bis er schließlich ganz versiegte. Geknickt erzählte sie ihrer Freundin, was in der Nacht im Wald passiert war.
    »Und wie hat er reagiert?«, fragte Rachel und zog sich die Decke übers Knie.
    »Als ob er einen Fehler gemacht hätte«, erwiderte Allie. Sie hob die Hand mit den Taschentüchern, als wollte sie sagen:
Wie hätte er auch sonst reagieren sollen?
    »Und was denkst du? War es ein Fehler? Ich meine, stehst du immer noch auf ihn?«
    »Nein. Das heißt, ich weiß nicht.« Allie seufzte. »Ich bin einfach nur verwirrt. Ich meine, wenn man mit jemandem zusammen war und gedacht hat, dass man ihn … na ja: liebt … wie kann man da auf einmal sagen: ›Ach, ich lieb dich gar nicht mehr‹, einfach so auf Knopfdruck? Ich vermiss es einfach, mit ihm zusammen zu sein, ihn als Freund zu haben

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