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Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Night School 03 - Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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Sie deutete mit ihrer Schaufel auf einen kleinen Schuppen an der Gartenmauer.
    Carter sah zunächst nicht auf, sodass sie schon dachte, er werde sie abblitzen lassen. Doch dann streckte er sich und schulterte seinen Spaten. »’ne Lungenentzündung wäre jetzt echt das Letzte, was ich gebrauchen kann.«
    Der Schuppen war zwar unbeheizt, besaß aber wenigstens Türen, die den Regen draußen hielten, und eine Bank in der Ecke, sodass sie nicht auf dem kalten Boden sitzen mussten. Allie hängte ihre tropfnasse Mütze und den feuchten Schal an einen rostigen Nagel, der neben der Tür aus der Wand ragte. Dann schüttelte sie ihre Haare. Lauter feine, kalte Wassertröpfchen bestäubten die Luft. Ihre Haare waren in letzter Zeit gewachsen; die langen, dunklen Strähnen gingen ihr nun bis über die Schultern.
    »Die roten Haare fehlen mir irgendwie«, ertönte es von hinter ihr.
    Sie wirbelte herum. Carter hatte sie die ganze Zeit von der Bank aus beobachtet.
    »Echt jetzt?«, erwiderte sie zweifelnd. Sie nahm eine Strähne zwischen die Finger und betrachtete sie leidenschaftslos. »Ich komme mir immer ein bisschen komisch vor, wenn ich sie jetzt färbe. So, als wäre das gar nicht ich, die ich da sehe, wenn ich in den Spiegel schaue.« Mit einem Seufzer ließ sie sich auf die andere Seite der Bank fallen. »Allerdings – vielleicht ist das ja gar nicht so schlecht.«
    »Wieso?«, fragte Carter. »Magst du dich selbst nicht?«
    »Manchmal«, meinte sie achselzuckend. »Im Moment gerade nicht so.«
    »Und wieso nicht?«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, besagte:
Ach komm, die Antwort kennst du doch selber.
    »Ach so«, sagte er und senkte den Blick. »Das.«
    »Ja. Das«, erwiderte sie und verschränkte die Arme fest vor dem Oberkörper. »Können wir mal über
das
reden?«
    Carter machte eine unverbindliche Geste.
    »Weißt du …« Allie suchte nach den richtigen Worten. »Irgendwie fühlt sich das alles so komisch an. Und seit es passiert ist, gehen wir uns nur noch aus dem Weg und tun immer so kühl, wenn wir uns sehen. Dabei hatten wir’s fast schon geschafft, Freunde zu sein. Und jetzt dieser totale Rückschritt. Das finde ich …«, sie seufzte und ließ die Schultern hängen, »… einfach blöd.«
    Carter verlagerte sein Gewicht, und die klapprige Bank wackelte gefährlich.
    »Ich weiß«, sagte er. »Aber irgendwie … Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll.« Er betrachtete eingehend seine Finger. »Du bringst mich immer so durcheinander. Ich denk immer, ich weiß, was ich will – und dann kommst du, und alles ist wieder so ein Kuddelmuddel.«
    Dieses Gefühl kannte Allie nur zu gut. »Aber das machst du mit mir genauso.«
    Carter rieb sich die Augen. »Es ist nur so … Jules und ich – wir sind seit dem Tag, als sie nach Cimmeria kam, befreundet. Hab ich dir das eigentlich je erzählt?« Allie schüttelte den Kopf. »Wir waren noch halbe Kinder. Ich war ein zorniges, total verkorkstes Waisenkind. Und sie kam da an mit ihren teuren Koffern und dem Kindermädchen, hat mich einmal angeguckt und gesagt: ›Hallo, ich bin Jules. Ich bin deine neue beste Freundin.‹« Die Erinnerung löste bei Carter ein warmherziges Lachen aus. »Und genau so kam’s. Von dem Moment an waren wir die besten Freunde. Sie war so selbstsicher und resolut. Wir haben zusammen gelernt, sind zusammen aufgewachsen, zusammen in die Night School gekommen … Wahrscheinlich war es völlig unvermeidlich, dass wir irgendwann einmal ein Paar werden. Aber als es dann passiert ist, auf dem Winterball, war es eher so ein Unfall. Wir hatten beide zu viel getrunken, und dann – ist es einfach passiert. Am nächsten Tag dachte ich, es war ein Fehler. Aber mit der Zeit dachte ich dann …« Er zögerte. »Vielleicht ist das doch nicht so verkehrt. Sie kennt mich so gut und … wir kommen prima miteinander aus. Mit ihr ist es irgendwie anders.«
    Allie wusste, dass er es nicht so gemeint hatte, doch seine Worte schnitten ihr wie eine Rasierklinge ins Herz. Denn miteinander auskommen, das war genau die eine Sache, die Carter und sie als Paar nie hinbekommen hatten. Die Vorstellung, dass Jules und er nie Streit hatten – und sich einfach blind verstanden –, kam ihr wie ein weiterer Beleg für ihr eigenes Versagen als Carters Freundin vor.
    Es war irgendwie komisch – er hatte alles gesagt, was sie hören wollte. Und trotzdem tat es weh.
    »Neulich, als wir zusammen durch den Wald gelaufen sind«, fuhr Carter fort, »da war es irgendwie

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