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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Traum und fühle sich nur in seiner Nähe sicher.«
    »Großer Gott! Was hat der alte Knochenbrecher dazu gesagt?«
    »Der hat nur die Achseln gezuckt und erklärt, man müsse Geduld haben, dürfe sich keine Sorgen machen, und sie sei die beste Medizin, die Malcolm Struan sich wünschen könne.«
    »Kann ich mir vorstellen. Wie geht’s ihm wirklich?«
    »Er ist die meiste Zeit von Drogen betäubt und hat sehr große Schmerzen. Dazu Erbrechen und Durchfall – keine Ahnung, wie sie den Gestank aushält, obwohl das Fenster den ganzen Tag offensteht.« Ein Schauer von Angst überlief sie beide bei dem Gedanken, so schwer verwundet und so hilflos zu sein. Tyrer blickte geradeaus, um dieses Gefühl zu verbergen, während er sich der Tatsache bewußt wurde, daß seine eigene Wunde noch nicht verheilt war und immer noch brandig werden konnte und daß sein Schlaf durch Alpträume von Samurai, blutigen Schwertern und ihr gestört war.
    »Jedesmal, wenn ich bei Malcolm vorbeischaute – ehrlich gesagt, um sie zu sehen«, fuhr er fort, »antwortete sie nur mit ›Ja‹ oder ›Nein‹ oder ›Ich weiß nicht‹, also hab ich’s nach einer Weile aufgegeben. Sie ist… Sie ist immer noch so attraktiv wie vorher.«
    Marlowe fragte sich, ob sie, wenn es Struan nicht gäbe, dennoch unerreichbar für ihn sein würde. Ob Tyrer wirklich ein ernsthafter Rivale sein könnte? Pallidar tat er als nicht ebenbürtig ab – diesen pompösen Dummkopf konnte sie ganz einfach nicht mögen.
    »Donnerwetter, sehen Sie!« sagte Tyrer.
    Sie umrundeten die Landzunge und sahen die weite Bucht von Edo vor sich liegen, die sich auf Steuerbord zum Meer hin öffnete und vom Rauch der Harzfeuer eingehüllt war. Erstaunlicherweise war in der Bucht so gut wie nichts von der Vielzahl der Fähren, Sampans und Fischerboote zu sehen, von denen es sonst dort wimmelte, und die wenigen, die auf dem Wasser waren, hatten es eilig, die Küste zu erreichen.
    Tyrer fühlte sich höchst unbehaglich. »Wird es Krieg geben?«
    Nach kurzem Zögern antwortete Marlowe: »Wir haben sie gewarnt. Die meisten von uns meinen, nein, keinen richtigen Krieg, noch nicht, nicht diesmal. Es wird Zwischenfälle geben…« Und dann, weil er Tyrer mochte und ihn für seinen Mut bewunderte, sprach er ihm gegenüber aus, was er dachte. »Es wird Zwischenfälle und Scharmützel unterschiedlicher Schwere geben, einige von unseren Leuten werden getötet werden, einige werden entdecken, daß sie feige sind, andere werden Helden werden, die meisten werden von Zeit zu Zeit vor Angst erstarren, manche werden ausgezeichnet werden, aber natürlich werden wir siegen.«
    Tyrer dachte darüber nach; er wußte zu gut, wie verängstigt er selber gewesen war, doch Babcott hatte ihn davon überzeugt, daß es beim erstenmal am schlimmsten sei; er wußte noch gut, wie tapfer es von Marlowe gewesen war, dem Mörder nachzujagen, wie hinreißend Angélique war – und wie gut es war, am Leben zu sein, und jung, mit einem Fuß auf der Erfolgsleiter zum ›Gesandten‹. Er lächelte. So herzlich, daß Marlowe das Lächeln erwiderte. »In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, nicht wahr?« sagte er.
    Angélique saß, ihr stark parfümiertes Taschentuch an die Nase gedrückt, am Fenster des Krankenzimmers in Kanagawa und starrte ins Leere, während die Sonne von Zeit zu Zeit durch die Wattewolken brach. Hinter ihr lag Struan halb wach und halb im Schlaf. Im Garten patrouillierten unablässig Soldaten. Seit dem Überfall waren die Sicherheitsvorkehrungen verdoppelt und noch mehr Truppen von der Niederlassung in Yokohama herübergeschickt worden, die vorläufig von Pallidar befehligt wurden.
    Ein Klopfen an der Tür riß sie aus ihren Gedanken. »Ja?« fragte sie, das Taschentuch in der Hand verbergend.
    Es war Lim. Begleitet von einer chinesischen Ordonnanz mit einem Tablett. »Essen für Master. Missee wollen essen, heya?«
    »Dahin stellen!« befahl sie und deutete auf den Nachttisch. Sie war drauf und dran, ihn zu bitten, auch ihr ein Tablett zu bringen, entschloß sich dann jedoch, es nicht zu tun. »Heute abend, heute abend Missee essen Eßzimmer. Verstehn, heya?«
    »Verstehn.« Lim lachte in sich hinein; er wußte genau, daß sie, sobald sie sich allein glaubte, das Taschentuch benutzte. Ayeeyah, ist ihre Nase so klein und zierlich wie ihr anderer Körperteil? Geruch? Was ist das für ein Geruch, über den sie sich beschweren? Hier riecht es noch nicht nach Tod. Soll ich dem Sohn des Tai-Pan mitteilen,

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