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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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normal verhalten – bis deine nächste Periode einsetzt. Und wenn sie einsetzt, bist du in Sicherheit.
    Aber wenn… wenn sie nun nicht einsetzt?
    Darüber wirst du nicht nachdenken. Deine Zukunft wird nicht zerstört werden, das wäre nicht fair. Du wirst beten, du wirst dich in Malcolms Nähe halten, du wirst auch für ihn beten, du wirst die Florence Nightingale spielen, und dann wird er dich vielleicht heiraten.
    Über ihr Taschentuch hinweg sah sie zu ihm hinüber. Zu ihrem Erstaunen beobachtete er sie.
    »Ist der Geruch noch immer so furchtbar?« fragte er traurig.
    »Nein, chéri«, antwortete sie, erfreut, daß die Lüge jedesmal aufrichtiger klang und weniger Beherrschung erforderte. »Ein bißchen Suppe, ja?«
    Ergeben nickte er, weil er wußte, daß sein Körper Nahrung brauchte, obwohl er alles, was er zu sich nahm, unweigerlich wieder ausbrechen mußte, und daß diese Anstrengung an allen Nähten innen und außen zerrte und der darauffolgende Schmerz ihn wieder übermannen würde, so sehr er das auch zu verbergen versuchte. »Deew neh loh moh«, murmelte er. Das war ein Fluch auf Kantonesisch, der Sprache, die er zuerst gelernt hatte.
    Sie hielt die Tasse, er trank, sie trocknete ihm das Kinn, und er trank noch ein wenig. Teils hätte er ihr gern befohlen, zu gehen und erst wiederzukommen, wenn er wieder auf den Beinen war, teils fürchtete er, sie werde ihn verlassen und niemals wiederkommen. »Tut mir leid, das alles – es ist so schön, daß du hier bist.«
    Statt einer Antwort berührte sie sanft seine Stirn, wäre gern hinausgelaufen, brauchte frische Luft, wagte nicht, etwas zu sagen. Je weniger du redest, desto besser, hatte sie sich gedacht. Dann kannst du in keine Falle tappen.
    Sie beobachtete sich selbst, wie sie ihn versorgte und bettete, während ihre Gedanken zu ganz normalen Dingen wanderten, nach Hongkong oder Paris, meistens nach Paris. Keine Sekunde lang gestattete sie es sich, bei dem Tag-Schlaf-Alptraum jener Nacht zu verweilen. Tagsüber niemals, viel zu gefährlich. Nur bei Nacht, wenn die Tür sorgfältig verriegelt und sie allein und im Bett war, durfte sie diese Sperre öffnen und ihren Gedanken freien Lauf lassen…
    Es klopfte. »Ja?« Babcott kam herein. Unter seinem Blick errötete sie. Warum habe ich immer das Gefühl, daß er meine Gedanken lesen kann?
    »Wollte nur nachsehen, wie es meinen beiden Patienten geht«, erklärte er munter. »Nun, Mr. Struan, wie fühlen Sie sich?«
    »Noch immer dasselbe, vielen Dank.«
    Dr. Babcotts scharfem Blick entging nicht, daß die Hälfte der Suppe verschwunden und dennoch bisher kein Erbrochenes zu beseitigen war. Gut. Er griff nach Struans Handgelenk. Puls unregelmäßig, daher besser als zuvor, Stirn noch feucht, noch immer Fieber, aber nicht mehr so hoch wie gestern. Darf ich zu hoffen wagen, daß er tatsächlich gesund werden wird? Laut sagte er, wieviel besser es dem Patienten gehe, es müsse die liebevolle Pflege der Lady sein, das habe nichts mit ihm zu tun, das Übliche. Gewiß, doch davon abgesehen so wenig zu sagen, so vieles, das von Gott abhing, falls es denn einen Gott gibt. Warum setze ich das immer hinzu? Falls.
    »Wenn Sie sich weiter so erholen, denke ich, daß wir Sie morgen nach Yokohama zurückschicken können. Vielleicht.«
    »Aber das ist nicht klug«, behauptete sie sofort, und aus Angst davor, ihren sicheren Hafen zu verlieren, klang ihre Stimme härter als beabsichtigt.
    »Verzeihung, ist es aber doch«, gab Babcott, um sie zu beruhigen, freundlich zurück. Er bewunderte ihre Seelenstärke und ihre Besorgnis um Struan. »Wenn ein Risiko damit verbunden wäre, würde ich nicht dazu raten, aber es wäre wirklich gut. Mr. Struan hätte wesentlich mehr Komfort und bessere Hilfe.«
    »Mon Dieu, was könnte ich denn mehr tun als bisher? Er darf nicht fort von hier, noch nicht, noch nicht!«
    »Hör zu, Darling«, sagte Struan und versuchte, stark zu wirken. »Wenn er meint, ich kann zurück, wäre das doch wirklich gut. Dann wärst du frei, und alles wäre sehr viel leichter für uns.«
    »Aber ich will gar nicht frei sein, ich will, daß wir hier bleiben, genau wie jetzt, ohne… ohne großes Aufsehen.« Sie spürte, wie ihr Herz jagte, und wußte, daß sie hysterisch klang, aber auf eine Verlegung war sie nicht vorbereitet gewesen. Dumm, du bist dumm. Selbstverständlich wird er verlegt werden. Denk nach! Was kannst du tun, um die Verlegung zu verhindern?
    Aber es gab nichts, das verhindert werden mußte. Struan

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