Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

SIE Was bisher geschah ...
    Da war zunächst einmal der Urknall. Kaum hatte sich der Staub gelegt, kamen Männlein und Weiblein aus ihren Löchern, schauten sich um und waren völlig von den Socken. Zu ihren Füßen lag ein riesiger Abenteuerspielplatz, und da man alle Zeit der Welt hatte, haben die zwei es ruhig angehen lassen. Er hat etwas zu essen besorgt, sie die Höhle gemütlich hergerichtet und Getränke beschafft. Kurz und gut, es wurde ein lustiger erster Abend. Mit Folgen – wie man so schön sagt, in den Bereich der Überbevölkerung hinein, aber auch von der See- zur Raumfahrt, vom Rad zum Düsenantrieb, von der Hütte zum Palast, von der Desinfektion zur Elektrizität und vom Schattenspiel zum Fernsehen. Es ist so ziemlich alles entdeckt und erfunden worden, was man sich vorstellen konnte, am Rest arbeiten Sie und Er täglich weiter. Das einzig Rätselhafte ist und bleibt kurioserweise das jeweils andere Geschlecht. Es ist nahezu unmöglich, es zu verstehen, und das, obwohl Männer und Frauen sich schon urlange kennen. Für Frauen ist es immer wieder ein Abenteuer, sich mit Männern einzulassen, sei es, um mit ihnen einkaufen zu gehen, Urlaub zu machen, sie zu heiraten oder zusammen ein Buch zu schreiben. Anschließend gibt es immer eine Menge Erstaunliches zu berichten. Gleich im Vorwort zu unserem ersten Buch stellt Jürgen von der Lippe fest, dass Männer durchweg die schöneren und originelleren Kosenamen für ihre Partnerinnen verwenden als Frauen für ihre Liebsten. Damit erweckt er geschickt den Eindruck, Männer seien in Liebesdingen kreativer und gefühlvoller als Frauen, und übergeht einfach die Tatsache, dass es natürlich viel leichter ist, für rundherum gelungene, zauberhafte, anmutige und attraktive Geschöpfe turtelige Worte zu finden als umgekehrt. Überrascht hat mich seine Überzeugung, dass alle schönen Künste wie Singen, Tanzen, Malen usw. pures Sex-Werben sind. Dazu fallen mir Gregorianische Gesänge, indianische Regentänze und die Bilder von Piet Mondrian ein, und ich frage mich, ob er sich nicht vorstellen kann oder will, dass auch aus purer Lebensfreude gezwitschert, tiriliert, gesungen, getanzt und der Pinsel geschwungen wird. Chinesen und Japanern bereitet es größtes Vergnügen, hunderte Male hintereinander einen einzigen Begriff mit schwarzer Tusche auf Papier zu bringen – und zwar nicht nur das Wort mit F, sondern Lebensweisheiten, Denksprüche, Rätsel und Gedichte über die Natur.
    Mit den berühmten Lippfischen, die ihren Körper in eine lebende Lasershow verwandeln können, um damit Weibchen in höchste Leidenschaft zu versetzen, verbindet Jürgen von der Lippe die Namensverwandtschaft und wohl auch seine Vorliebe für bunte Hemden, die offenbar die gleiche Wirkung erzielen sollen. Obendrein ist er ja – wie im Hörbuch zu erleben – mit einer wundervollen Stimme gesegnet, bei der Frauen in einen erotischen Hörrausch bis hin zum Ohrgasmus geraten können. Dass der Sextrieb auch als Legitimation für allerlei männliche Un- bzw. Eigenarten herhalten muss, bringen seine höchst amüsanten Ausführungen über das Lügen, Angeben und das Single-Dasein zum Ausdruck. Das muss man gelesen haben! Wenn wir Frauen um unseren biologischen Auftrag ebenso viel Bohei machen würden, könnte ich das verstehen, da unser Pensum wesentlich größer und anstrengender ist, aber für Frauen gibt es Wichtigeres zu tun. Möglicherweise brauchen wir uns deshalb auch keine Gedanken um die Qualität unserer Millionen Eier (Ovula) zu machen wie die Männer um ihre zwei. Die medizinisch nachgewiesen nachlassende Spermienqualität bei der jüngeren Generation bereitet meinem Co-Autor zur Zeit größte Sorgen. Er befürchtet sogar, die Männer könnten aussterben und meint, das wäre schade – zumindest um die Märchenprinzen, die auf weißen Pferden umherreiten, Aschenputtel aus ihren Löchern ziehen und mit ihnen ins Abendrot Richtung Glück reiten. Ja holla, da ist wohl die Waldfee mit ihm durchgegangen. Oder sind es die romantizistischen Spätfolgen der Frontallappen-Epilepsie, die der Arme erlitt, als er sich das erste Mal verliebte? Noch aufregender wird es, wenn Jürgen von der Lippe ›Das erste Mal‹ beschreibt; schon allein deswegen sollten Sie sich den ersten Band von SieundEr besorgen. Konservativ-religiös erzogene Jungs scheinen ihre Phantasiemotoren ständig in höchsten Drehzahlbereichen zu fahren. Klar ist es dann umso schwerer, alle ERregungen unter eine Haube bzw. in