Noelles Demut
es später wird.“
Simon wirbelte herum, als die Bürotür aufging. Cassy schloss sie hinter sich und kam auf ihn zu.
„Und?“, fragte er ungeduldig, als sie ihn nur schweigend musterte.
„Ich kann sie nicht verteidigen.“
„Wie bitte?“
„Sie ist der Grund, weshalb du mich gestern Nacht nicht gefickt hast, nicht wahr?“
Für ein paar Sekunden blieb Simon der Mund offen stehen. Am liebsten hätte er Cassy geschüttelt. Stattdessen setzte er seinen Masterblick auf. „Ich entscheide, wann ich eine Sub ficke.“
Trotzig reckte Cassy ihm das Kinn entgegen. „Ich gebe dir die Nummer eines Kollegen. Wenn du wieder klar im Kopf bist, kannst du mich anrufen.“
Cassy ging an Simon vorbei. Es kostete ihn große Mühe, sie nicht festzuhalten. „Ist das dein professionelles Verhalten?“
„Ja, Simon! Ich kann ihr nicht die bestmögliche Verteidigung geben. Ich bin Profi! Wäre ich es nicht, würde ich es selbst tun.“
Fassungslos starrte er die Tür an, die langsam ins Schloss fiel.
„Was liegt Ihnen noch auf dem Herzen?“, fragte die Staatsanwältin sanft.
Noelle sah in die wasserblauen Augen der Frau. Aus irgendeinem Grund vertraute sie ihr. Dabei war sie es, die die Anklage vertreten würde.
„Da gibt es etwas, was Tom als Verteidigung vorbringen wird“, sagte Noelle kleinlaut.
„Was könnte das sein, Noelle? Sehen Sie sich doch an. Sie sind nur noch Haut und Knochen. Ihr Körper ist übersät mit Spuren seiner Gewalt. Selbst ein Blinder würde die Notwehr erkennen.“
Noelle traten Tränen in die Augen. „Ich danke Ihnen.“
„Danken Sie nicht mir. Ich mache nur meinen Job. Danken Sie Simon, dass er so umsichtig war. Eine dauerhafte Flucht hätte die Umstände nur verschärft. Ihre Verletzungen wären geheilt, und es wäre Ihnen schwerer gefallen, die Notwehr zu beweisen. Sie haben das bald hinter sich und können neu anfangen.“
„Warum helfen Sie mir?“
„Weil Simon mein Freund ist und ihm offensichtlich viel an Ihnen liegt.“
„Aber er kennt mich doch gar nicht?“
„Das müssen Sie mit ihm klären. Aber ich kann Ihnen versichern, wenn Simon sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das gnadenlos durch.“
„Sie mögen ihn sehr, nicht wahr?“
„Ja, das tue ich. Er ist einer meiner ältesten Freunde und mit Sicherheit der Verlässlichste.“
„Und warum hasst Ms. Addyngton mich? Ich glaube nicht, dass sie für meine Verteidigung geeignet ist.“
Die Staatsanwältin lächelte. „Sie wird ihren Job gut erledigen. Über ihre persönlichen Gefühle brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen.“ Sie stand auf und packte das Diktiergerät ein. „Kommen Sie! Bringen wir es hinter uns.“
Kapitel 6
Fünf Stunden später saß Noelle in einer kleinen Zelle auf dem Revier. Bis zu ihrem Anhörungstermin am Montag um 12:30 Uhr würde sie hier eingesperrt bleiben.
Simon hatte ihr versprochen, Lydia anzurufen. Und dann hatte er ihr eine einzelne Träne von der Wange gewischt. So sanft, so unendlich sanft.
Erneut schwammen ihre Augen in Tränen. Warum tat er das alles? Es musste in seiner Vergangenheit jemanden geben, dem etwas Ähnliches zugestoßen war. Ja, das musste es sein. Er half ihr, weil er es bei der anderen Person nicht mehr konnte.
Noelles Gedanken begannen sich zu verknoten. Es war so erniedrigend gewesen, der Polizistin ihre Verletzungen zu zeigen. Aber alle hatten sie freundlich und zuvorkommend behandelt. Auch die Detectives waren irritiert davon, dass sich die Staatsanwältin und nicht ihre Verteidigerin um sie gekümmert hatte. Sie war an ihrer Seite geblieben, bis man sie in diese Zelle gebracht hatte.
Mutlos sah Noelle die nackten Wände an. Die Zelle maß vielleicht zwei Mal drei Meter. Sie saß auf einer harten Pritsche, neben ihr in der Ecke stand ein metallenes Toilettenbecken, daneben ein Waschbecken. Das war alles.
Die Trostlosigkeit dieser vier Wände griff nach ihr. Ihre Kehle schnürte sich zu. Erschöpft ließ sie sich auf die Seite fallen und begann, hemmungslos zu schluchzen. Ihr Kopf war wie leergefegt. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, sich über ihr Schicksal Gedanken zu machen.
Als die Tür geöffnet wurde, schrak sie hoch und starrte verängstigt in ein freundliches Lächeln.
„Mein Name ist Tamara Singer. Das schickt Ihnen ein Freund. Lassen Sie es sich schmecken.“ Die uniformierte Frau stellte einen Pizzakarton auf die Pritsche, lächelte noch einmal und schloss wieder ab.
Ungläubig starrte Noelle die
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