Noelles Demut
beantworten.“
„Ich hatte einen guten Meister“, witzelte Ann und beruhigte sich wieder.
„Sie hat mich benutzt.“
Dieser Satz kam so leise, dass Ann glaubte, sich verhört zu haben. Sie kannte Simon seit Jahren und hatte nicht nur eine Spielbeziehung mit ihm. Zwar waren sie von Liebe oder gar einer Beziehung weit entfernt, aber sie verband eine tiefe Freundschaft. Es kam vor, dass Ann ein Wochenende in seinem wunderbaren Haus verbrachte und sie sich ihrer Lust hingaben. Die Führung hatte Simon jedoch nie abgegeben. Er war immer der Boss, auch wenn er nicht Master war.
„Willst du nichts dazu sagen?“, fragte Simon, als Ann nicht antwortete.
„Was sollte ich dazu sagen? Du öffnest ihr dein Herz. Da du das noch nie zuvor getan hast, bist du verunsichert. Da musst du durch, wenn du sie wirklich liebst.“
„Das hatte ich befürchtet.“
„Lass ihr Zeit, Simon. Wir haben keine Ahnung, was sie alles erdulden musste. Dass sie dir vertraut und dich will, ist ein guter Anfang.“
Simon sagte nichts dazu. Ann beobachtete das Mahlen seiner Zähne. Zusehends verschloss er sich. Einer der seltenen Momente, in denen Simon sich öffnete, war vorbei.
„Ich muss los“, sagte er mit fester Stimme. „Monice lässt dich übrigens ganz lieb grüßen.“
„Wie geht es ihr?“
„Gut!“
„Simon?“ Er blieb in der Tür stehen, drehte sich allerdings nicht zu ihr um. „Ich bin immer für dich da. Jederzeit, auch wenn du Druck abbauen musst.“
Simon nickte und ging.
Ann starrte lange die verschlossene Tür an. Ihr Angebot war riskant. Je länger Simon sich zurückhielt, desto ausgeprägter würde sein Sadismus sie treffen, wenn er zu ihr kam. Doch sie liebte den Schmerz, und ihre Schmerzgrenzen waren hoch. Es war immer noch besser, er züchtigte sie, als dass Simon Noelle zu viel abverlangte und sie endgültig das Vertrauen in Männer verlor. Ann mochte Noelle. Aus einem Grund, den Ann selbst nicht verstand, fühlte sie sich mit ihr verbunden.
„Frau Staatsanwältin?“
Eine vertraute, lachende Stimme hallte aus dem Telefonhörer und zauberte ein Lächeln auf Noelles Lippen.
„Nein, nicht die Staatsanwältin. Nenn mich bitte Ann. Ich wollte nachfragen, wie es dir geht und ob wir nicht mal einen Kaffee zusammen trinken wollen?“
„Das wäre toll.“
„Fein! Hast du vielleicht jetzt Zeit?“
„Ja, habe ich.“
„Kennst du das Café in der 72nd, Ecke Lexington?“
„Nein, aber ich werde es schon finden.“
„Gut! Dann treffen wir uns dort in einer halben Stunde.“
„Ja! Ich freue mich.“
Überglücklich steckte Noelle ihr Handy in die Tasche. Das Schicksal meinte es wirklich gut mit ihr. Nach der Therapiesitzung brauchte sie dringend jemanden zum Reden, doch Lydia oder gar Simon kamen nicht in Frage. Ann wusste schon so viel, da brauchte Noelle keine Details preiszugeben. Viel wichtiger war, dass Ann Simon kannte. Auch wenn Noelle klar war, dass die beiden mehr als eine normale Freundschaft verband, vertraute sie Ann.
Als Noelle das Café betrat, saß Ann an einem Tisch am Fenster und lächelte ihr entgegen. Ann stand auf und nahm sie in den Arm. Überrascht erwiderte Noelle ihre Umarmung.
„Hallo! Wie geht es dir?“
„Ganz gut“, sagte Noelle, während sie sich setzte.
„Schön, dass wir uns so kurzfristig treffen konnten.“
Noelle hatte das Gefühl, Ann wollte ihr etwas mitteilen, wusste aber nicht, wie sie beginnen sollte. Sie wirkte angespannt und in sich gekehrt.
„Was hast du auf dem Herzen?“, fragte Noelle geradeheraus.
„Merkt man mir das so an?“
„Du machst einen nervösen Eindruck. Das warst du vor zwei Wochen nicht.“
„Das war mein Job. Da funktioniere ich perfekt.“
Noelle bestellte sich einen großen Milchkaffee. Verlegen bemerkte sie, wie der Kellner mit ihr flirtete. Als er verschwand, hatte sie rote Ohren.
„Der ist süß“, sagte Ann.
„Nicht mein Typ.“
„Stimmt! Du stehst auf richtige Männer wie Simon.“
Noelles Wangen begannen zu glühen.
„Du musst dich nicht schämen. Das ist völlig in Ordnung. Simon ist ein toller Mann.“
Noelle sah Ann eine Weile kritisch an. „Seid ihr zusammen?“
„Die Frage kannst du dir selbst beantworten. Simon würde kaum so viel Zeit mit dir verbringen, wenn er mit einer anderen zusammen wäre.“
„Aber ihr wart mal zusammen?“
„Nein, wir waren nie ein Paar. Simon und ich sind Freunde. Und wir haben ab und zu Spaß miteinander. Das gebe ich zu.“
Noelle wusste nicht, was sie
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