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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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vereiste Landschaft dauerte drei Wochen. Die Rentiere bewältigten die Strecke gut, sie fanden überall genug Flechten als Nahrung. Die Reisen­ den übernachteten in Dörfern, sie verzehrten dann und wann ein ermüdetes Rentier und tauschten bei den Einheimischen Walfett gegen Käse. Die Einheimischen fragten nach Schnaps, der jedoch nur für den Eigenbe­ darf reichte. Die Karelier wollten, dass Feldpröbstin Hillikainen Gebete sprach, die halfen, den Kometen zu zerstören. Sie waren zwar orthodoxen Glaubens, aber in der Not vertrauten sie auch einer evangelischen Pasto­ rin.
    Eine seltsame Unruhe bemächtigte sich der Reisen­ den, je weiter sie vorankamen. Nachts saßen sie am Lagerfeuer und prüften besorgt die Position des Kome­ ten. Eemeli musste zugeben, dass die Angst auch ihn ansteckte. Alle wollten so schnell wie möglich nach Hause, also verlängerte er die Tagestouren, auch um der Stiftungsgemeinde ihren Leiter zurückzubringen.
    An der Grenze trafen sie wieder den Feldwebel, der Informationen über den Kometen hatte. Zwei Wochen zuvor hatte er einen Brief des Instituts für astronomi­ schen Krieg aus Berlin bekommen, worin der Komet als harmlos bezeichnet wurde. Alle Militärbehörden, also auch der Feldwebel auf seinem einsamen Grenzposten, wurden aufgefordert, die Bevölkerung zu beruhigen und darauf hinzuweisen, dass das Gerede von der Schick­ salhaftigkeit der Kometen auf einem lächerlichen Aber­ glauben beruhe. Der Feldwebel selbst vertraute jedoch nicht auf dieses Schreiben, schließlich hatten die euro­ päischen Kriegsherren noch nie Wort gehalten. Er hatte sich wohlweislich in den Hügel hinter seiner Sauna einen Unterstand gegraben. Eemeli Toropainen schenkte dem Feldwebel zur Absicherung seines Lebensunterhal­ tes drei ermüdete Rentiere. Der Rest der Wegstrecke auf den breiten und vereisten Straßen auf finnischer Seite war in zwei Tagen bewältigt.
    In Ukonjärvi war alles in Ordnung, von Panik keine Spur. Die Leute fällten Bäume zur Brennholzgewinnung, im Laakajärvi wurde gefischt. Eemeli und Taina feierten ein zärtliches Wiedersehen.
    »Da kommst du ja endlich, und du bist am Leben und gesund«, freute sich Taina.
    Die Vorzeichen des Untergangs blieben bestehen. Der Komet wurde immer heller und füllte nach und nach den ganzen Himmel aus. Er war sogar schon durch die Wolken zu sehen, erhellte die Landschaft Tag und Nacht. Tuirevi Hillikainen hielt jeden zweiten Tag Gottesdienst, und fast immer war die Kirche voll. Eemeli wies die Einwohner der Gemeinde an, sich leinene Atemschutztücher zurechtzulegen und in den Kellern Trinkwasser bereitzustellen. Die Viehpfleger sollten auch nachts in den Ställen bei den Tieren Wache halten.
    Dann, am Morgen des 24. November 2023, fiel Küster Severi Horttanainen der Löffel aus dem Mund. Die Erde bebte, blendende Helle erfüllte die Welt. Alle, die laufen konnten, eilten in die Schutzräume. Eemeli Toropainen saß im Keller seines Herrenhauses auf einem Hundert-Liter-Bierfass und bat Taina, den Zapfen zu öffnen. Wenn jetzt der Weltuntergang kam, sollte man ihn be­ grüßen, indem man das Fass leer trank.
    Und er war da, der Weltuntergang. Asien verschwand, Europa schluckte Meerwasser. Aus Amerika kamen keine Lebenszeichen. Drei schwere Meteoriten lösten sich nacheinander von dem Kometen und schlugen mit einem großen Beben, das überall zu spüren war, in die sündige Erdkugel ein. Der Nordpol wurde herausgeris­ sen, und sein Magnetfeld zerschnitt die Herzwurzeln der Menschheit. Es folgte eine windige und neblige Finster­ nis, die zwei Tage und zwei Nächte anhielt. Lava- und Schwefelgeruch breitete sich aus. Die Stimmung war ähnlich wie einst bei der »Junifinsternis«.
    Als nach der Nacht des Weltuntergangs schließlich ein Morgen graute, stieg Stiftungsdirektor Eemeli Toro­ painen aus seinem Keller, um sich die Landschaft anzu­ sehen. Die Sonne schien jetzt aus einem anderen Winkel als vorher. Sie war mit einem glühend roten Ring umge­ ben. Bald waren von Süden her seltsame Vogelstimmen zu hören. Zunächst kam ein verkohlter Flamingo ange­ flattert, er stieß grässliche Laute aus und verschwand zwischen den Kiefern. Dann folgten ganze Scharen seltsamer Meeresvögel mit arg verbrannten Schwanzfe­ dern. Sie setzten sich auf den First der Kirche und wirkten irgendwie unglücklich.
    Nach und nach versammelten sich die Einwohner auf dem Kirchenhügel. Alle waren verstört, was kein Wun­ der war, schließlich hatte man soeben

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