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Noir

Noir

Titel: Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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geschmiegt.
    «Später», sagte Nino.
    «Du machst alles später, was?»
    «Außer den Dingen, die ich jetzt mache.»
    «Was machst du denn jetzt?»
    «Ich bewundere dein Dekolleté», sagte Nino so leise, dass sich die Blonde noch weiter vorbeugte und sich zwischen ihren kleinen, hochgedrückten Brüsten fast ein Schlitz bildete.
    «Was?»
    «Ich erkunde die Szenerie.»
    «Waaas?»
Sie lächelte verständnislos.
    Nino schielte zu Monsieur Samedis Assistenten hinüber und fragte sich, ob dieser Monsieur Samedi das sein könnte, was er hoffte. Auf jeden Fall war er ein so hochrangiger Drogendealer, dass er andere für sich arbeiten ließ.
    «Alles klar, wir tanzen!», rief Philip, packte die beiden Mädchen an den Händen und zog sie hoch. Itsi und Nino folgten ihnen.
    «Wer ist eigentlich Monsieur Samedi?», rief Nino Itsi ins Ohr, als sie durch den Plastikvorhang auf den Balkon traten.
    «Er ist Araber, hab ich gehört. Hat ein Labor irgendwo. Designt eigene Sachen.»
    Nino runzelte die Stirn. «Und der Name?»
    «Der was?», brüllte Itsi zurück. Sie standen am Rand der Tanzfläche.
    «Sein Name! Wie
Baron Samedi
, der Voodoo-Gott!»
    «Ja? Keine Ahnung!» Itsi lächelte breit, wohl wissend, dass die Mädchen zu ihnen herüberspähten. Beim Tanzen fiel auf, wie groß die Blonde war. Ihre spindeldürren Arme wogten wie Luftschlangen über den Köpfen der anderen und bewegten sich nicht gerade synchron mit dem Rest ihres Körpers. In ihrer Unbeholfenheit lag durchaus etwas Reizvolles. Eine Aufforderung, sie zu packen und ihre zappelnden Glieder in Einklang zu bringen.
    Itsi holte seine Zigaretten heraus, bot Nino eine an und suchte den Blick der Blonden, um sie damit anzulocken. Wie erwartet trabte sie an und nahm sich eine Kippe. Nino gab den anderen beiden Feuer und wollte gerade seine eigene Zigarette anzünden, als er Monsieur Samedis Assistenten mit einer kleinen Gefolgschaft auf der Treppe entdeckte. Noch immer hielt der farblose Typ seinen Beutel fest an die Brust gedrückt. Philip ließ die Mädchen stehen und schloss sich ihnen an, als sie sich einen Weg durch die tanzende Menge bahnten. Sie näherten sich einem Eingang, der hinter vermoderten Fließbändern kaum zu entdecken war, und verschwanden in der Dunkelheit.
    «Ich komm gleich», sagte Nino, klemmte sich die Zigarette hinters Ohr und drängte sich an Schultern und Ellbogen vorbei zur Türöffnung. Erst auf halbem Weg merkte er, dass die Blonde ihm folgte. Sie hielt ihn fest und versuchte mit ihm zu tanzen.
    «Jetzt nicht! Ich will wohin!»
    «Wohin?»
    Er deutete vage in die Richtung. Die Blonde nahm seine Hand.
Sie wird nicht alt
.
    «Ich komm mit», beschloss sie.
    Er sah in ihre schwarz geschminkten Augen. Warum Frauen ihn mochten, war ihm selbst ein Rätsel. Sarah, seine Affäre vor ein paar Monaten, hatte gesagt, es sei die Art, wie er sich bewegte. Er bewege sich gelassen und trotzdem entschlossen, so wie jemand, der weiß, was er tut. Dabei wusste er das – gerade wenn es um Frauen ging – so gut wie nie.
    Sie warf ihre aufgerauchte Zigarette auf den Boden und pflückte die hinter seinem Ohr hervor. Er gab ihr Feuer. Dann folgte sie ihm zum Eingang.

[zur Inhaltsübersicht]
2 .
    D er Durchgang, in dem Philip und Monsieur Samedis Assistent verschwunden waren, wurde nur von ein paar Teelichtern auf dem Boden beleuchtet. Nino zog sein Handy aus der Hosentasche und hielt es vor sich, um etwas zu erkennen. Sie waren in einem Korridor mit gekachelten Wänden, die mit feuchtem, grünem Moder bedeckt waren. Es roch nach Chemikalien.
    «Ich glaub nicht, dass du mitkommen willst», begann er, doch die Blonde schob sich an ihm vorbei und bog nach links in einen weiteren Flur ab. An manchen Stellen waren die Teelichter von Füßen umgestoßen oder herabtropfendem Wasser gelöscht worden, sodass es vollkommen finster war und Nino sich nur an den Schritten des Mädchens orientieren konnte, das besser als er zu wissen schien, wohin sie wollten. Schließlich tauchte eine Tür auf, durch deren Ritzen ein matter Schimmer drang. Das Mädchen bot ihm den letzten Zug der Zigarette an.
    Er ließ den Stummel fallen. «Weißt du überhaupt, um was es hier geht?»
    «Nö. Du?» Ohne seine Antwort abzuwarten, öffnete sie die Tür.
    Eine Flut aus Licht empfing sie. Der gesamte Raum war voller Teelichter und Grabkerzen. Und Menschen.
    Es waren gut zwanzig Leute. Als sie Philip entdeckten, wich er ihren Blicken aus und blinzelte nervös zu einem untersetzten Mann

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