Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Titel: Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik M. Bekker , Albert Baeumer , Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
so toll Klavier spielen", begann die Wirtin.
    "Naja..."
    "Doch, doch, nun untertreiben Sie mal nicht! Man sollte sein Licht nicht unter den Scheffel stellen!"
    "Eine Tonleiter kriege ich noch hin."
    "Die Herren am Kartentisch hätten es gerne, wenn Sie was für sie spielen würden."
     
    Plötzlich war es ganz ruhig am Tisch geworden. Die Männer blickten Lorant erwartungsfroh an.
    "Ich wusste gar nicht, dass Sie Jazz mögen."
    "Wie wär's denn mit dem 'Bottermelk-Tango' von Hannes Vader!", schlug einer der Männer vor.
    "Den kenne ich leider nicht."
    "Und soo'n anständigen Shanty?"
    "What shall we do with the drunken sailor?"
    Das Vier-Mann-Publikum johlte.
    Lorant versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal so eine Publikumsresonanz erzeugt hatte. Aber mit wahrer Kunst schaffte man so etwas nicht so leicht. Lorant setzte sich ans Klavier, spielte die ersten Akkorde. Die Männer grölten mit. Ein paar Kurze hatten sie wohl schon intus. Das hatte vielleicht ihre Stimmen geölt, trug aber auch dazu bei, dass sie tonlich und rhythmisch ziemlich daneben lagen.
    Aber sie hatten ihren Spaß.
    Was mache ich hier eigentlich?, dachte Lorant. Für grölende Landeier ein Shanty spielen. Hättest du je gedacht, dass du künstlerisch so weit absteigen wirst, als du damals im Kölner Subway aufgetreten bist? Manche Dinge sind unvorstellbar und sie geschehen doch.
    Und während er spielte, stellte er sich ein jazziges Big Band Arrangement von 'what shall we do with the drunken sailor' vor.
    Die grölenden Stimmen der Skat-Brüder wurden zu einer Art Hintergrundrauschen. Wie Wind oder Regen.
    Dann war alles von einer Sekunde zur anderen vorbei, als eine Stimme durch den Schankraum dröhnte: "Ey, was ist denn hier los? Eine Party von entlaufenen Zoo-Affen, woll?"
    Der Tätowierte stand in der Tür, hielt seinen Motorrad-Helm unter dem Arm und hatte den Reißverschluss seiner Lederkombination bis zum Bauch offen.
    Alle starrten ihn an.
    Der Tätowierte setzte sich an einen der Tische.
    "'N Bier!", wandte er sich an Beate Jakobs. Die Wirtin zuckte die Achseln und hielt es wohl für das Beste, ihrem Gast diesen Wunsch so schnell wie möglich zu erfüllen.
    Der Tätowierte schloss die Augen, fuhr sich mit einer fahrig wirkenden Geste über das Gesicht.
    Warum hatte der Kerl so schlechte Laune, wenn er den ganzen an der frischen Luft ist und über Ostfrieslands gerade Straßen brettert?, ging es Lorant durch den Kopf.
     
    Der Tätowierte bekam sein Bier, leerte eine Hälfte davon in einem Zug. Die Skatbrüder fingen wieder an zu spielen, motzten auf Plattdeutsch über den Auswärtigen, der für nichts als miese Stimmung gesorgt hätte. Und Lorant erhob sich vom Klavierhocker, ging zum Schanktisch.
    "Wollen Sie noch was essen?", fragte Beate Jakobs.
    "Nein, kein Appetit."
    "Der Wagen war da. Ich hätte sogar ein Kotelett."
    "Na, dann..."
    "Dann überlegen Sie sich das noch einmal, wollten Sie sagen, nicht wahr?"
    "Frau Jakobs, Sie können Gedanken lesen!"

35. Kapitel
    Am nächsten Morgen war Lorant schon früh aus den Federn.
    Er hatte schlecht geschlafen. Ein ganzes Konglomerat aus wilden Alpträumen hatte dafür gesorgt, dass er sich am Morgen wie zerschlagen fühlte. Jetzt saß er gähnend am Tisch im Schankraum und ließ sich von Beate Jakobs das Frühstück servieren.
    "Die Zeitung kann ich Ihnen leider noch nicht geben", erklärte die Wirtin.
    "Hat noch Ihr Schwiegersohn?"
    "Genau. Aber sobald er damit durch ist, gebe ich Sie Ihnen."
    "Ja, das hat Zeit!"
    Lorant hörte, wie ein Wagen vorfuhr. Wenig später trat Kriminalhauptkommissar Meinert Steen in den Schankraum.
    Unterm Arm trug er eine Zeitung. Er wandte sich sofort an Lorant, legte ihm die Zeitung auf den Tisch.
    "Moin, Herr Kollege!", begrüßte er den Detektiv mit einem triumphierenden Unterton.
     
    "Moin. Womit habe ich denn die Ehre Ihres hohen Besuchs zu so früher Stunde verdient?"
    "Bin auf dem Weg nach Emden ins Präsidium."
    "Sie wohnen in Moordorf, nicht wahr?"
    "War jedenfalls kein großer Umweg. Und wenn ich heute etwas zu spät komme, dann verzeiht mir das sogar der Innenminister."
    "Ach ja?"
    "Schon die Zeitung gelesen?"
    "Nein, leider nicht."
    "Ich sagte Ihnen ja, dass Sie es dort nachlesen könnten, wenn ich den Fall gelöst hätte!"
    Lorant verschluckte sich beinahe an dem dünnen Kaffee.
    Plötzlich hatte er auf das Mohnhörnchen auch keinen Appetit mehr.
    "Gelöst? Sie sprechen wirklich vom Mordfall Sluiter."
    "Zumindest vom Mordfall Purwin."

Weitere Kostenlose Bücher