Nordseefluch: Kriminalroman
Großbäckerei anbieten.«
Er trat ans Bett und hielt Manfred die Hand hin. »Junge, Bäcker werden immer gebraucht. Komm nach Grevenbroich. Da ist mehr los als in Ostfriesland. Du hast freie Kost und Logis. Ich zahle dabei den vollen Ausbildungslohn.«
Manfred blickte auf. Er hob die Hand und reichte sie Hannes. »Danke«, sagte er. »Ich bin einverstanden.«
Oberschwester Ursula war fröhlich und aufgeräumt, als ich den Wagen nach Hause steuerte. Ich trug eine reichhaltige Bücherliste in meiner Brieftasche. Bald gab es Ferien und ich freute mich auf das Studium der Werke der Parapsychologie und Esoterik, denn Professor Loraner hatte in mir den Wunsch geweckt, mir selbst einen Überblick zu verschaffen.
Mein Vetter folgte uns in seinem Mercedes und spielte hin und wieder mit der Lichthupe. Er hatte sich bereit erklärt, uns für eine Teepause zu besuchen.
20
Kommissar Pietsch und Assistent Ekinger standen im leichten Nieselregen auf dem Deck der »Frisia X«. Sie sahen den Inselpolizisten Fisser vor dem Gebäude der Reederei und warteten auf die Beendigung des Anlegemanövers der Fähre.
Urlauber und Tagesausflügler umringten sie und schauten erwartungsvoll auf die roten Backsteinhäuser von Juist. Selbst an diesem grauen Sommertag ließ die Insel es an Reizen nicht fehlen. Pferdedroschken und Angestellte der Pensionen mit Fahrradanhängern warteten auf die Gäste.
Es war nicht kalt und am Horizont versprach ein heller Streifen eine Wetterbesserung. Als die »Frisia X« anlegte, kam Bewegung in die Menge.
Andrea, die junge, hübsche Inselfotografin, stand an der Gangway, schoss Bilder und verteilte die Visitenkärtchen ihres Fotoateliers.
Die Beamten scherten aus dem Strom der Inselbesucher aus und gingen zu Polizeihauptmeister Fisser, der an der Wand des Reedereigebäudes Schutz gegen den Nieselregen gesucht hatte.
»Moin, da sind wir«, begrüßte der Kommissar den Polizeibeamten.
»Dr. Schoolmann hat das Wild freigegeben«, scherzte Ekinger.
Sie gingen schweigend und ohne Hast dem Seeschlösschen entgegen. Der Nieselregen störte sie nicht.
Als sie die Dünen erreichten, blickten sie auf den Strand. Die Farben der verwaisten Strandkörbe wirkten blass. Das Rauschen der auslaufenden Wellen war unaufhörlich in ihren Ohren.
»Herr Kommissar, ich hätte alles darauf gesetzt, dass dieser Manfred der Mörder war«, sagte Wachtmeister Fisser.
»Dieser kleine, unscheinbare Figaro gibt uns immer noch Rätsel auf, Herr Fisser«, sagte Pietsch. »Seine Frau wird wohl gewusst haben, weshalb sie ihn nicht aus den Augen lassen durfte.«
Die Rezeption des Seeschlösschens war nicht besetzt. Ein junger Beamter, den Pietsch mit der Observierung des ungleichen Paares beauftragt hatte, stand am Tresen und nickte. Er wies zur Treppe und schritt voran.
Die Familie Köth hatte ein kleines Appartement gemietet. Es lag im zweiten Stock zur Seeseite hin.
Es war elf Uhr und nur einige Zimmermädchen blickten den Besuchern überrascht nach. Der Geschäftsführer hatte sich auf Anraten des jungen Kripobeamten ins Dorf begeben. Der junge Kripobeamte zeigte auf die Tür mit der Nummer 202. Der Kommissar klopfte an.
»Moment«, drang ihnen die tiefe Stimme der Frau Köth entgegen. Der Schlüssel verursachte ein metallisches Geräusch. Die Tür wurde geöffnet.
Frau Köth starrte die Beamten entsetzt an. Kein Wort kam über ihre Lippen. Ihr Gesicht wurde bleich, trotz der gesunden Inselbräune.
Ekinger, der mit seinem kräftigen Körper die Türfüllung fast ganz einnahm, schob Frau Köth beiseite.
»Keine Schau!«, sagte er entschlossen und ging durch den kleinen Korridor, um die Wohnzimmertür zu öffnen. Die Beamten folgten ihm. Der Kommissar sah, wie der kleine Köth aus dem Sessel sprang und dem Fenster entgegenhastete.
»So nicht!«, schrie Pietsch und erreichte den Friseurmeister, der sich mit einem Sprung aus dem Fenster seiner Verantwortung entziehen wollte. Pietsch bekam sein T-Shirt zu fassen und zerrte den kleinen Mann in die Mitte des eleganten Hotelzimmers.
»Herr Fisser, walten Sie Ihres Amtes«, sagte Pietsch schwer atmend.
So als müsse sie ihrem Mann zu Hilfe kommen, stieß Frau Köth Hauptwachmeister Fisser beiseite.
»Fassen Sie ihn nicht an!«, schrie sie wie irr.
Die Situation war komisch. Ekinger drängte Frau Köth in die Zimmerecke, während Fisser dem kleinen Mann die Handschellen anlegte.
»Herr Emanuel Sebastian Köth, Sie sind verhaftet«, sagte der Kommissar. »Ich habe hier den vom
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