Nr. 13: Thriller (German Edition)
Domstadt lebte, war das Eis meistens gebrochen.
Nicht so bei diesem Jesocks . Vom ersten Augenblick an hielten die Männer und Frauen Abstand von ihm, als wäre seine schwarze Hautfarbe ansteckend und könnte auf sie abfärben. Die Gruppen, die er herumführte, waren immer sehr unterschiedlich, aber alle machten Abuu auf unterschiedliche Weise Spaß. Akademiker zeigten sich stets gesittet und interessiert, während Kegelvereine, die den Programmpunkt nur hinter sich bringen wollten, um endlich eine der Kneipen zu entern, wenigstens lustig waren. Sie scherzten und lachten die ganze Zeit. Mochte die erste Kategorie auch zu ernst sein und die zweite keine Lust auf Kultur haben, so konnte Abuu dennoch beiden etwas abgewinnen. Sogar in Schulklassen gab es immer einige neugierige Kinder, die an seinen Lippen hingen und ihn mit Fragen löcherten. Aber der mürrische Haufen, der hinter ihm her zurück in den Hauptraum schlenderte, konnte nur eins: nörgeln.
Ein Betriebsausflug der Stadtverwaltung. Deren Mitarbeiter waren die Schlimmsten! Chronisch unzufriedene Besserwisser.
Ständig hakten sie nach, ob er sich sicher war, über das, was er erklärte, dabei beschäftigte er sich nun schon seit über dreißig Jahren mit der Kölner Geschichte. Sie dagegen hatten noch nie eine einzige der Ausgrabungsstätten besichtigt, nicht einmal die der Synagoge, an der sie täglich vorbei zur Arbeit im Rathaus gingen. Es schien eine Museumsallergie unter ihnen zu grassieren. Da das peinlich für die Behörde war, zwang sie ihre Belegschaft im Zuge der Betriebsausflüge eben dazu, die Historie ihrer Heimatstadt kennenzulernen.
„Sind Sie sicher, dass der öffentliche Kanalbesitz damals ausgerechnet an Brauhäuser vermietet wurde?“
„Zur Kühlung ihrer Fässer, ja.“
„Die Obrigkeit hätte doch niemals zugelassen, dass Getränke neben Fäkalien aufbewahrt wurden.“
„Man kann heute noch sehen, wo die Bierfässer in Ausbuchtungen gelagert wurden.“
„Nein, da ist nichts.“
„Die Mulden mauerte man mit Feldbrandziegeln zu, genauso wie die antiken Zuleitungen aus den anliegenden Häusern, aber man erkennt sie noch.“
„Das kann alles Mögliche sein.“
„Übrigens diente der Kanal im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller.“
„Sie sagten, Sie hätten als Lehrer in einem Gymnasium gearbeitet. Unsereins kann sich nicht erlauben, in Frühpension zu gehen.“
„Ich hatte einen Herzinfarkt mit einundsechzig. Entschuldigung, wenn ich keinen zweiten riskieren wollte.“
„Sie können Kinder wohl nicht leiden, wenn Ihre Schüler Sie derart aufgeregt haben.“
„Ich habe selbst vier Kinder und sechs Enkel.“
„Das sind aber viele Nachkommen. Bei uns ist so was ja unüblich. Was haben Sie früher denn unterrichtet?“
„Deutsch und Philosophie.“
„Dachte ich’s mir doch! Also nicht Geschichte.“
Hätte das Museum ein Café gehabt und Abuu nicht Ärger mit seinem Vorgesetzten riskieren wollen, hätte er geantwortet: „Auf der Tafel am Eingang des Kanals, an der Sie achtlos vorbeigegangen sind, stehen auch alle Informationen. Lesen Sie sie sich doch selbst durch. Ich gehe in der Zeit einen Kaffee trinken, und zwar einen schwarzen.“
Stattdessen ballte er seine Hand zur Faust. „Hier entlang. Wenn Sie mir bitte folgen wollen. Um zum jüdischen Ritualbad zu gelangen, müssen wir die Ausstellung verlassen.“
„Wir müssen raus? Sind Sie sich da ganz sicher?“
Abuu ging einen Schritt schneller. Äußerlich blieb er ruhig, doch innerlich brodelte es in ihm. Niemand beschwerte sich, als sie das Herzstück des Museums, die Mauern des römischen Statthalterpalastes aus dem vierten Jahrhundert mit dem berühmten Oktogon, links liegen ließen. Sie hatten Mühe, hinterherzukommen. Ihre eiligen Trippelschritte hinter ihm klangen wie die Beine einer Schar Ratten. Normalerweise tat er keiner Fliege etwas zuleide, aber heute hätte er sich am liebsten umgedreht und eine unter seinem Schuh zerquetscht, auf dass der Rest davonlief.
Die Vorstellung zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Er beugte sich zu Christoph, der im Kassenhäuschen saß, hinunter. „Wir gehen in die Mikwe.“
„Jetzt schon? Ihr seid doch gerade erst gekommen.“ Christoph krauste seine Stirn. „Du siehst aus, als würdest du gleich explodieren.“
Überrascht hob Abuu seine Brauen. „Ich lächle doch.“
„Nein, du fletschst deine Zähne“, sagte Christoph und zwinkerte. „Antonio ist noch mit seiner Truppe von der Uni drin.“
Ob
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